Homestory 54

Japan-Chic im Wiener Altbau

25.03.2008

Die japanische Designerin Megumi Ito schätzt die Großzügigkeit ihres Refugiums – fernöstlicher Minimalismus trifft auf altösterreichische Gründerzeit.

Zur Vollversion des Artikels
© Astrid Bartl
Zur Vollversion des Artikels

„Das Wichtigste an meiner Arbeit ist, Licht ins Leben zu bringen, sagt Megumi Ito über ihren Beruf. Gleiches gilt auch für die Einrichtung ihrer Wohnung – ein 140 Quadratmeter Altbau wurden in fernöstlichem Stil eingerichtet - Atelier inklusive. „Ich kann und will meine japanischen Wurzeln nicht leugnen“, so die Designerin. „Ich schätze aber auch die Großzügigkeit einer Altbauwohnung.

Was auf den ersten Blick wie ein Gegensatz erscheint, wurde von Migumi Ito perfekt in Verbindung gebracht. Japan trifft auf Altösterreich. Minimalismus als Stilmittel einer Gründerzeit-Bell-Etage. Das strahlende Weiß aller Wände sorgt für die ruhige Grundstimmung in diesem Zuhause. Selbst die wenigen Möbelteile sind weiß oder cremefarben gehalten. Kleine Farbkleckse, sozusagen zur Lockerung der Stimmung, wurden mit Bildern und vor allem Lampen erzeugt. Lampen sind die Domäne der Designerin. Sie wäre schlecht beraten, wenn sie ihre zahlreichen Entwürfe nicht auch in ihrem Domizil präsentieren, ja mit ihnen leben würde. „Zum Wohnen sind Lampen sehr wichtig, weil sie Stimmung in die Räume bringen“, lautet dementsprechend auch eines ihrer Wohncredos. Nachsatz: „Gerade in Österreich, wo wir fast das halbe Jahr im Dunkeln leben.“

Ein Sofa, ein Bett und ein Tisch sind die einzigen Einrichtungsgegenstände des Wohnzimmers. Dabei hat es gerade mit dem Wohnzimmertisch eine ganz besondere Bewandtnis. „Das ist eine Installation, die ich einmal mit einer Künstlerkollegin erarbeitet habe“, erklärt die Designerin. Beim Einzug in diese Wohnung hatte ich keinen Tisch und daher habe ich aus dem massiven Holzrahmen mit Glasfront einen Wohnzimmertisch gebaut.“ Damals eine Notlösung, heute ein viel geschätztes Unikat. Besonders hübsch sind die selbst gefertigten Sofakissen aus Ikat-Stoffen. Eine Batik-Technik, die besonders schöne, weiche Farben erzeugt.

„Beim Wohnen mag ich es schlicht und einfach,“ lautet ein weiteres Wohncredo von Migumi Ito. „So ist man strukturiert und kann besser denken.“ Es ist daher keine Über­raschung, dass die wenigen Möbelstücke gleichfalls von ihr selbst entworfen wurden. Zum Beispiel der wuchtige Schuhschrank in Kubusform. Witziges Detail am Rande: Damit man sich zum Schuheanziehen hinsetzen kann, gibt es ähnlich einem Kinosessel einen herausklappbaren Schemel. Das Sideboard in ihrem Schlafzimmer stammt natürlich auch aus dem Hause Ito. Im Gegensatz zu ihren farbenprächtigen Lampen sind die Möbel alle in Weiß gestrichen.

Ein wenig aus der Reihe fällt die große Bücherwand im Schlafzimmer. Diese Farbenvielfalt kann einen fast erschlagen, wenn man von den leisen, minimalistischen Räumen durch die Wohnung wandert. Megumi Ito zur Begründung über diesen Bruch: „Bücher soll man in einer Wohnung nicht verstecken, sondern ruhig präsentieren.“ Eine hübsche Ergänzung zur Bücherwand bildet eine großflächige Lampe in der Form eines Hausaltars. Die bunten Intarsien stammen von alten Seiden-Kimonos, die die Designerin direkt aus ihrer Heimat importiert.

Sehr ungewöhnlich für den westeuropäischen Geschmack präsentiert sich die Küche. Einen Herd sucht man hier vergeblich. Migumi Ito kocht am liebsten auf einem Reise-Gaskocher mit Butan-Kartusche, nicht größer als ein Aktenordner. „Diesen Kocher kann man so einfach in einem Schrank verstauen“, sagt die Designerin und führt weiter aus. „Wir Japaner benutzen zum Kochen fast ausschließlich den Wok.“ Auch auf eine Spüle hat Ito bewusst verzichtet und stattdessen ein sehr schmales Industriewaschbecken, gedacht für das Bad einer Werkstatt, installiert. Geadelt wird diese unorthodoxe Lösung wieder durch eine Lampe im Eigendesign: luftig-lockere Stoffstreifen in Weiß.

Zwei grundsätzlich verschiedene Wohnphilosophien auf einen Nenner zu bringen war für Migumi Ito keine leichte Aufgabe. Sie hat sich dieser Herausforderung jedoch gestellt und damit auf ganzer Linie gewonnen. So einfach und minimal diese Wohnung auf den ersten Blick wirkt, um so gemütlicher empfindet man diese Mischung schon nach wenigen Minuten – auch Dank des mit Liebe zubereiteten und servierten grünen Tees.

Zur Vollversion des Artikels