Homestory 53
Loft-Traum in einer alten Mühle
14.03.2008
Durchaus reduziert und doch mit einer gewissen Gemütlichkeit hat Architekt Harry Saiko seine Loftwohnung in der Innenstadt von Graz gestaltet und eingerichtet.
Trifft ein moderner Architekt auf ein altes Haus, muss das nicht zwangsläufig zu einem einmaligen Wohnerlebnis führen. Im Fall des Architekten Harry Saiko und seiner Wohnung in einer alten Mühle präsentiert sich das Ergebnis jedoch überaus beeindruckend: eine fast 100 Quadratmeter große Loft-Wohnung mit vier Meter Höhe im ehemaligen Speicher einer alten Mühle – mitten in der Grazer Innenstadt gelegen.
„Dieses Gebäude mit seiner schönen Gründerzeit-Fassade stand jahrelang leer“, erzählt der Architekt, „bis man sich eines Tages entschlossen hat, das Gebäude für Wohnungen zu nutzen. Nach einigen Jahren des „normalen“ Wohnens in diesem „gefälligen Ambiente“ hat sich der Architekt vor Kurzem entschlossen, sich seinen persönlichen Traum vom Wohnen endgültig zu erfüllen. „Wir haben die Wände rausgerissen und dem Raum die Struktur zurückgegeben, die er in seiner ursprünglichen Funktion hatte“ – nämlich als Lagerstätte für Getreide. Harry Saiko: „Die Kunst besteht darin, das Alte mit den Wohn-Idealen von heute geschickt zu verbinden.“ Sprich, Modernes mit Altem so zusammenzuführen, dass eine gewisse Gemütlichkeit entsteht. Denn: „Zu viel Design in einer Wohnung kann gefährlich sein. Für mich kommt es auf die persönliche Note an.“
Diese „persönliche Note“ zeichnet das Loft trotz aller Reduktion und Schlichtheit aus: Da finden sich zum Beispiel Pin-Wände für Fotos. Urlaubserinnerungen werden liebevoll auf den Ablage-Flächen dekoriert und die Küche ist nicht nur zum Ansehen da. „Natürlich wird hier auch gekocht“, versichert Harry Saiko. „Hätte ich mir sonst eine Küche in meine Wohnung eingebaut?“ Design ist dem Architekten weniger um des Schickes willen wichtig, sondern vielmehr, um ein ideales Wohnambiente für sich zu schaffen.
Seinen typischen Loft-Charakter erhält der gut sechs Meter breite Raum vor allem durch die beeindruckende Höhe von vier Metern. Die Deckenstützen aus massivem Holz wurden im Original belassen und bilden einen angenehmen Kontrast zur schlichten Innenausstattung. „Eine Wohnung ist für seine Bewohner in erster Linie ein Stück Zuhause und Heimat“, erklärt der Architekt seinen privaten Wohnansatz folgerichtig.
Auch die bestehenden Teile unterstützen das Ambiente: Die Fensterfront an der einen Seite wurde im alten Stil belassen. Die Sprossenfenster wurden zugunsten des Gesamteindruckes der Fassade nicht durch Plastik ersetzt. Die notwendige Wärmedämmung entsteht durch ein zweites Holz-Schiebefenster, das im Innenraum als Schiebetür vor die Simse gesetzt wurde – viel natürliches Licht und gute Isolierung sind damit garantiert.
Auch beim Bodenbelag hat man auf Bewährtes gesetzt: Ein sogenannter Industrie-Parkettboden passt sich farblich an die braunen Holzsäulen an und bringt die wenigen, überwiegend maßgefertigten Möbelteile gut zur Geltung. Weiß und Schwarz sind die dominierenden (Nicht-)Farben in diesem Raum. Doch wer meint, dass diese Farbkombination zu stark an die 80er Jahre erinnert, irrt. Dieser Kontrast wurde hier völlig zeitlos als perfektes Stilmittel eingesetzt.
So zieht sich etwa auf der einen Seite des Zimmers über die ganze Länge ein multifunktionaler Schrank. Erst Küche, dann Stauraum, dann ein Kleider- und Wäscheschrank. Auf der gegenüberliegenden Seite wurden – hier sind wir wieder beim Schwarz-Weiß-Kontrast – einfache Regalbretter unterhalb der Fenster-Simse über die ganze Länge montiert. Praktische Ablagen für Zeitschriften, Bücher und Andenken – und eine praktische Abdeckung für die Heizkörper.
Entlang der Mittelachse des Raumes hat Architekt Saiko die verschiedenen Wohnfunktionen zusammengefasst: Ein Standard-Büro-Tisch mit drei Meter Länge bildet den großen Esstisch. „Übrigens der einzige Tisch in der ganzen Wohnung“, so der praktisch denkende Harry Saiko. „Auf der einen Seite kann man essen, auf der anderen Seite auch ein wenig arbeiten.“ Als Stühle dienen ebenfalls Standard-Bürodrehsessel.
Eine Art Stehpult, ein Entwurf des Architekten, wird als Bar genutzt und dient als Raumteiler zum Wohnbereich. Ein Lieblingsplatz des Hausherrn ist die dreieinhalb Meter lange Couch vom italienischen Edel-Sofa-Produzenten Living Divani. „Mit dem gemusterten Stoff in Schwarz und Weiß habe ich versucht, die Verbindung aus den beiden Grundfarben des Raumes herzustellen.“ Auch die Tischsessel und der Überwurf für das Bett wurden aus dem gleichen Stoff genäht.
Nach dem Sofa trennt ein weiter, offener Schrank mit einem Multimedia-Center den Raum zum Schlafbereich ab – jedoch ohne den Blick komplett zu verstellen. So wurde einerseits ein wenig Privatsphäre, auf der anderen Seite auch der Loft-Charakter der Wohnung gewahrt. Das Bett selbst, eine einfache Holzkonstruktion, steht leicht schräg im Raum. „Dahinter haben wir einen kleinen Abstellraum geschaffen, um das immer quälende Stauproblem der meisten Loft-Wohnungen unkompliziert zu lösen.“
Fazit: Trotz der auf den ersten Blick sehr reduzierten Gesamtanlage dieses Lofts gelingt es vor allem durch die kleinen privaten Gegenstände, eine persönliche Note zu erzeugen. Also ganz im Sinne des Bewohners, Architekten und Innenraum-Gestalters. Und ein weiterer Beweis, dass auch Architekten nicht unbedingt immer im Minimalismus leben müssen.