Sie bauen himmelhohe Bürotürme, moderne Landmarken in urbanen Räumen und originelle Wohnsitze mitten im Grünen. Doch wie wohnen Österreichs Top-Architekten?
Die Buchautorin Barbara Sternthal und der Fotograf János Kalmár sind dieser Frage nachgegangen und haben die bekanntesten Architekten Österreichs zu Hause besucht. Entstanden ist dabei ein eindrucksvoller Bildband, der zeigt, dass originelles und durchdachtes Wohnen nicht unbedingt mit hohen Budgets und exklusiven Wohnlagen in Zusammenhang stehen muss.
Pragmatismus pur
Gustav Peichl liefert mit seinem nüchtern-durchdachten Wohnhaus in Grinzing ein perfektes Beispiel, dass gut Wohnen und solides Bauen nichts mit Millionenvermögen zu tun haben muss. 1960 hat Peichl einen ehemaligen Weingarten erworben, ein sehr langes und sehr schmales Grundstück in Hanglage. Er hat aus der Not eine Tugend gemacht und auf drei Ebenen einen nüchternen, aber perfekt durchkomponierten Wohnsitz geschaffen. Das Wohnzimmer geht dank einer bis zum Boden reichenden Glasfront direkt auf die Terrasse und in den Garten, innen gibt es keine überflüssigen Winkel und Zwischenwände. Peichl selbstironisch zu seinem Haus: Hätte ich mehr Geld und ein viel größeres Grundstück gehabt, hätte ich sicher ein scheußliches Haus gebaut.
Wohnturm
Einen ganz anderen Wohntraum realisierte Architekt Anton Schweighofer in Wördern in Niederösterreich. Auf fünf Ebenen hat er sich einen hölzernen Wohnturm mit großzügigen Glasflächen in ein dicht bewaldetes Grundstück gestellt. Vorbild waren Leuchttürme am Meer und Sakralbauten, denn der zentrale Wohnraum im Erdgeschoss wirkt wie ein Kirchenschiff. Und vom wie eine Aussichtswarte gestalteten Obergeschoss kann Schweighofer die zum Greifen nahen Wipfel der Bäume und das rege Tier-leben darin beobachten.
Urbane Welt
Rita Reisinger lebt in der Antithese zu Schweighofers Wohnhaus: Ein perfekt ausgebauter Dachboden mit großzügiger Terrasse mit Blick über ganz Wien ist für die geborene Mühlviertlerin, ihren Mann und ihre kleine Tochter der perfekte Lebensraum. Mitten im 8. Bezirk schließt der Wohnraum ohne optische Barrieren direkt an die Schlaf- und Arbeitsbereiche an. Über eine kleine Galerie gelangt man dann zur Terrasse, die im Sommer der zentrale Lebensraum der Reisingers ist.
Loft in Wien-Mariahilf
Architekt Arkan Zeytinoglu hat seinen Wohntraum direkt über seinem Atelier in Wien-Mariahilf realisiert. Er hat den ehemaligen Fabrikationsraum eines Handwerksbetriebes in ein perfektes Loft verwandelt, das ebenso gut im hippen New Yorker Künstlerstadtteil Tribeca stehen könnte. Übrigens: Erreichbar ist das Loft über einen eigenen Lastenaufzug mit sich vertikal öffnenden Türen.
Pink und Blau
Sehr urban ist auch der Wohntraum des Grazer Top-Architekten Klaus Kada. Er hat eine 130 Quadratmeter große Altbauwohnung mittels grell pink und azurblau gefärbter Möbel und Accessoires in eine ultramoderne Wohnoase verwandelt. Dabei hat er sich auch einige Wohn-Gags ausgedacht. Der Clou: Im Schlafzimmer gibt es eine in einen pinkfarbenen Kasten versenkbare Badewanne.
Wohnen für Genießer
Wilhelm Holzbauer, Doyen der heimischen Architekturszene, liebt es da schon etwas dezenter. Sein Wiener Wohnhaus versprüht jede Menge Charme und spiegelt den Genussmensch wieder. So ist die Küche mit den Möbeln des legendären Gourmettempels Mattes, dem ersten Wiener Haubenrestaurant ausgestattet, das Holzbauer jahrelang mit hohem finanziellen Einsatz betrieben hat. Im Hof ist eine großzügige Brunnenanlage und eine kleine Baumallee Holzbauers Hommage an die Alhambra, den Kalifenpalast von Grenada. Für Holzbauer eines der perfektesten Gebäude der Welt. Was auch für sein Wohnhaus gelten könnte.