Gepflegte Haare gelten seit der Antike als Schönheitsideal. In modernen
Zeiten ist der Traum von schönem Haar und einer modischen Frisur ein
Milliardengeschäft für die Industrie. Trotzdem haben Hausmittel die
Generationen überdauert.
Wie viel ist dran an solchen Mittelchen
und Weisheiten?
Bier kräftigt die Haare
Ins Haar einmassiert, soll der
Gerstensaft feinem Haar zu mehr Volumen verhelfen. Der Friseurmeister
Franz-Josef Kübeler bezweifelt das: "Die im Bier enthaltene Hefe
wirkt mehr wie ein Festiger, mehr Fülle bringt es nicht."
Falls
die Packung nicht ausgewaschen wird, könnte der so gepflegte Kopf außerdem
einen unangenehmen, intensiven Bierdunst verströmen. Alternativ empfiehlt
Kübeler eine Essigspülung. Dazu wird ein Fingerhut voll Essig in einem Liter
Wasser verdünnt und über das Haar geschüttet. Die Anwendung verleiht der
Frisur zudem mehr Glanz.
Dauerwellen schlagen bei feuchtem Wetter durch
Aufgrund ihrer
Zusammensetzung ziehen Haare Feuchtigkeit an, sie sind hydroskopisch. Bei
hoher Feuchtigkeit kräuselt sich zum Beispiel die Naturlocke ähnlich wie
gelegte Wellen. Bei einer Dauerwelle sorgen Wasserstoff und Salzbindungen im
Haarinneren zunächst dafür, das sie trocken in Form bleibt. Wasser setzt
dieses System außer Kraft. Das Ergebnis hat fast jede Dauerwellen-Trägerin
schon erlebt:
Saures gegen Grünstich
Blondierte
Strähnen verfärben sich nach dem Schwimmen manchmal grünlich. Ursache ist
häufig der Chlorgehalt des Wassers.
Dagegen helfen Zitronensaft
oder Acetylsalicylsäure (ASS).
Tipp: ASS-Tabletten (wie Aspirin)
auflösen und den Schopf damit spülen, um das Chlor auszuwaschen.
Eine
ähnliche Wirkung lässt sich mit verdünntem Zitronensaft erzielen.
Im Sommer wachsen die Haare schneller
In der warmen Jahreszeit
wird der Körper stärker durchblutet, die Zellen sind aktiver. Das kurbelt
auch das Wachstum der Fingernägel und der Haare an. Wissenschafter haben für
den Sommer eine Rate von 0,1 Millimeter pro Tag errechnet, für den Winter
von nur 0,07. Ungekürzt würde jedes Haar pro Jahr etwa 12 Zentimeter an
Länge zulegen.
Einen regelrechten Wachstumsschub gibt es zum Saisonwechsel vom Sommer zum Winter. "Im Spätsommer beginnt der Körper sich eine Art 'Winterfell' zuzulegen", sagt der Dermatologe Andreas Finner. Dass der Mond das Wachstum beeinflusst, hält der Mediziner für Aberglauben. "Es gibt keine Messungen, ob es je nach Mondphase schneller und dünner oder langsamer und dicker wächst."
Heizungsluft schadet
Im Winter fühlen die Haare sich oft spröde
an. Zusätzlich zu Wind, Kälte und Kopfbedeckung macht ihnen die trockene
Luft in den Wohnungen zu schaffen. Die Griffeigenschaft der Haare hängt ab
von der Feuchtigkeit, weil Wasser als Weichmacher fungiert. Je trockener das
Raumklima, desto fester und starrer die Haare.
Dagegen helfen Shampoos und Pflegeprodukte, die die Haare geschmeidiger machen und Feuchtigkeit speichern. Urea sei zum Beispiel ein solcher Wirkstoff, der zudem rückfettend wirke. Proteine legen einen Schutzfilm um das Haar - die Eigenschaft macht sie zur moderne Variante des althergebrachten Eigelbs.
Der Haartyp ist entscheidend beim Produktkauf. Finner rät: "Fein für fein, normal für normal, sonst ist das Haar überpflegt." Viel trinken und regelmäßig lüften hilft, die Haare auf natürlichem Weg gut durch den Winter zu bringen.
Faustregel 100 Bürstenstriche
Sie gelten als optimal für
langes Haar, weil dieses dann gut durchgekämmt ist. Haarausfall sei davon
nicht zu befürchten, sagt Birgit Huber: "Die, die ausfallen, waren
sowieso in der Ausfallphase." Mit dieser endet die natürliche
dreimonatige Ruhepause, die der jahrelangen Haar-Wachstumsphase folgt.
Ein schwindender Schopf ist dagegen häufig hormonell oder durch Stress bedingt. Krankheiten und Medikamente spielen ebenfalls eine Rolle. Wer wissen will, ob sein Haarausfall "normal" ist, muss zählen. Gemäß der Faustregel "100 Haare pro Tag" sei bei Ergebnissen darüber ein Arztbesuch angesagt, erläutert Finner. Manchmal helfen spezielle Vitamintabletten.
Andere Länder, andere Haare
Bei Menschen aus Asien sind
die Haare deutlich dicker als bei Europäern, und sie haben andere
physikalische Eigenschaften. Sie seien weniger dicht und wachsen dafür am
schnellsten, heißt es in einem Report des Kosmetikherstellers L'Oreal. Im
Vergleich zu Europäerinnen legen Asiatinnen mehr Wert auf weiche,
geschmeidige Haare, Volumen ist nicht gefragt. Haare von Afrikanerinnen
wiederum gelten wegen ihrer gedrehten Form als besonders empfindlich. Auf
solche Ansprüche stimmen die Hersteller ihre Rezepturen ab.
Haariges in Zahlen
Ein Mensch trägt maximal bis zu 150 000
Haare auf dem Kopf. Auf einen Quadratzentimeter Haut kommen etwa 250 Haare.
Die Anzahl ist am Computer messbar. Angeblich kann ein einzelnes Haar ein
Gewicht von 100 Gramm tragen. Europäer waschen sich L'Oreal zufolge im
Schnitt dreimal pro Woche die Haare.