MADONNA Talk
Schönheits-OP: Wer steht (nicht) dazu?
23.04.2010
In MADONNA diskutieren Dagmar Koller, Irene Mayer, Nina Hartmann & Dagmar Millesi über das Thema Beauty-OPs.
Bild: (c) Kernmayer
Hochkarätige Talk-Runde. Plastische Chirurgin Dr. Dagmar Millesi, Pharma-Prokuristin Irene Mayer, Bühnen-Star Dagmar Koller und Schauspielerin Nina Hartmann trafen einander im In-Treff „Orlando di Castello“ zur Beauty-OP-Debatte.
Rund 40.000 ästhetische Eingriffe werden in Österreich jährlich durchgeführt – Tendenz steigend, Dunkelziffer unbekannt. Denn immer noch sprechen die wenigsten offen über Brustvergrößerung, Nasenkorrektur und sonstige Verschönerungsmaßnahmen. Warum sind Schönheitsoperationen noch immer ein Tabuthema? Darüber diskutierten für MADONNA Pharma-Managerin Irene Mayer (48), die offen zu ihren Operationen steht, Bühnenstar und Naturschönheit Dagmar Koller (70), die plastische Chirurgin Dr. Dagmar Millesi (54) und Schauspielerin und Ex-Model Nina Hartmann (28), die am 12. Mai mit ihrem Soloprogramm Gib dem Model Zucker im Kabarett Simpl Premiere feiert.
Letzte Woche wurde über Schönheits-OPs und die Frage, ob man öffentlich dazu stehen sollte, diskutiert. Frau Mayer, warum machen Sie keinen Hehl aus Ihren Operationen?
Irene Mayer: Die Zahl der Menschen, die sich Schönheits-OPs unterziehen, nimmt unaufhaltsam zu. Aber leider werden diese Frauen nicht richtig geschützt – etwa durch gewisse Voraussetzungen, die ÄrztInnen erfüllen müssen . Es gibt so viele, die Schindluder auf diesem Gebiet treiben. Statt dessen zwingt man Patientinnen auf, vor einer OP eine Psychotherapie zu besuchen – das ist lachhaft! Deshalb halte ich es für wichtig, dass Frauen Netzwerke bilden, sich gegenseitig informieren und sich engagieren, dass auf legislativer Ebene etwas zum Schutz der Frauen getan wird. Der zweite Grund für meinen offenen Umgang mit dem Thema ist, dass ich Menschen respektiere. Ich wehre mich dagegen, Menschen für dumm zu verkaufen! Und: Ich wehre mich dagegen, charakterlich danach beurteilt zu werden, ob ich operiert bin oder nicht.
Nina Hartmann: Das Problem ist, dass jemand, der offen sagt, dass er operiert ist, automatisch den Eindruck vermittelt, dass er nicht zu sich und dem Älterwerden steht. Und das stimmt ja auch. Man bildet sich natürlich eine Meinung über jemanden, wenn man eindeutig sieht, dass da nicht alles ganz natürlich ist. Mir persönlich ist der Charakter eines Menschen wichtig, nicht, ob er operiert ist oder nicht. Auch wenn eine Beauty-OP für mich nicht infrage käme.
Dagmar Millesi: Reden wir in 20 Jahren weiter!
Hartmann: (lacht) Ja, ich kann natürlich nur von jetzt reden. Aber ich finde es halt auch toll, wenn es Frauen gibt, die mit 50 viel ausstrahlen und es gar nicht brauchen, sich die Falten glätten zu lassen.
Mayer: Aber wie kommt man zu so einer Ausstrahlung? Indem man in der Früh in den Spiegel schaut und sagt: Ich mag dich!
Hartmann: Aber, dass man sich mag, hat ja nichts damit zu tun, dass man schön für die Gesellschaft ist!
Mayer: Entschuldige, aber mit vollen Hosen ist leicht stinken. Wenn man von Natur aus so aussieht wie Sie, kann man leicht Ausstrahlung haben. Aber es gibt so viele, die schreckliche Zähne oder andere Entstellungen haben...
Dagmar Koller: Das stimmt. Wissen Sie, wie schlimm es ist, wenn man von Komplexen geplagt ist? Ich habe das selbst als junges Mädchen erlebt.
Bild: (c) Kernmayer
„Viel wichtiger als ein makelloses Gesicht ist Ausstrahlung!“, sagt Nina Hartmann über Schönheitsideale.
Dennoch kam doch nie eine OP für Sie infrage, oder?
Koller: Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, es gab Zeiten, da hab ich geweint in der Garderobe, weil mein Busen so klein war. Aber ich hab halt meine Kleider für die Bühne ausgestopft. Und dann bekam ich die Hauptrolle für meinen ersten Film – weil ich Ausstrahlung hatte! Doch eines Tages sagte eine sehr boshafte Produzentin zu mir: „Wegen Ihrer großen Nase müssen wir so lange ausleuchten!“ Wissen Sie, was da für ein Komplex aufkommt?! Auch ich bin daraufhin zu einem Arzt nach Genf geflogen. Er hat Fotos von mir gemacht und angezeichnet, wie er die Nase verändern könnte – aber ich habe immer gesagt: Nein, so nicht! Bis er ganz ehrlich meinte: „Wenn Sie sich nicht entscheiden können, dann operiere ich Sie nicht!“ So ein gescheiter, toller Psychologe! Und bis heute bin ich ihm dankbar. Denn die großen Rollen in Film und Theater bekommst du ohnehin nur durch Können und Ausstrahlung. Und die Falten, die ich heute habe, spiegeln mein – so interessantes, schönes, spannendes – Leben wieder. Sie machen mich aus.
Bild: (c) Kernmayer
„Meine Falten spiegeln mein Leben wieder. Sie machen mich aus!“, sagt Dagmar Koller über ihr natürliches Gesicht.
Frau Mayer, wieso stehen Sie nicht so zu Falten und Mankos?
Mayer: Es geht mir ja nicht darum, das Alter auszuschalten. Ich bin jemand, der eine ungeheure Lebenslust hat. Aber hängende Augen und hängende Backen machen einfach einen verhärmten Gesichtsausdruck, der gar nicht zu meinem Charakter passt. Die Brust habe ich machen lassen, weil ich drei Kinder habe. Ich habe sechs Jahre lang durchgehend gestillt. Das hat ausgeschaut! Das wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht.
Koller: Aber das ist doch völlig in Ordnung. Die Chirurgie ist ja etwas ganz Wunderbares! Ich finde es nur so schlimm, wenn sich schon 20-Jährige unters Messer legen.
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Wird Ihre Klientel tatsächlich immer jünger, Frau Dr. Millesi?
Millesi: Ja, das stimmt schon. Man muss als Arzt klare Grenzen ziehen. Aber dennoch: Wieso soll ich eine 18- oder 20-Jährige, deren Brust nicht mehr wachsen wird und die unglücklich in ihrem Körper ist, nicht operieren? Die Methoden und Techniken haben sich so verbessert.
Hartmann: Also, ich beschäftige mich zurzeit sehr eingehend mit dem Thema Schönheitswahn und warum gerade junge Frauen solchen Schönheitsidealen hinterher laufen. Und das Problem ist natürlich schon, dass in den Medien Vorbilder gezeigt werden, die es nicht gibt! Ich habe selbst lang gemodelt. Ich weiß, wie ich in Echt ausschaue – und was alles für die Fotos verändert wurde. Das ist die große Lüge!
Koller: Völlig richtig! So kann ja gar niemand aussehen. Aber die jungen Mädchen eifern diesen Idolen nach, weil sie Komplexe haben. Deshalb ist es so wichtig, dass sich ein Schönheitschirurg Zeit nimmt, auch psychisch auf die Menschen einzugehen.
Hartmann: Wenn Magazine echte Frauen zeigen würden, würden viele sehen, dass es nicht normal ist, so perfekt zu sein.
Mayer: Aber dann würde sich auch niemand die Magazine kaufen, denn die Menschen wollen doch träumen. Und wenn du heute Urlaubsfotos machst, wirst du auch schauen, dass nicht irgendein Ast durchs Bild hängt – du willst auch das Beste herausholen!
Bild: (c) Kernmayer
Starke Frauenrunde. Dr. Dagmar Millesi, Dagmar Koller und Irene Mayer im Gespräch über das aktuelle Thema Schönheits-OPs.
Frau Mayer, so eine Schönheits-OP ist ja auch mit Schmerzen verbunden. Gab es Momente, in denen Sie es bereut haben?
Mayer: Ich hatte auch einige pathologische Operationen: eine Arthroskopie, mir wurde die Gebärmutter entfernt, ich hatte eine Blinddarmoperation und schon als kleines Kind eine große Rücken-OP. Ich wäre gerne öfters davon gelaufen. Zu meinem Beauty-Operationen hingegen ging ich mit so viel Freude, wie zu einem Champagnerfrühstück! Ein einziges Mal, nach einer Ganzkörper-Fettabsaugung, habe ich eine sehr lange Erholphase gebraucht. Aber bereut habe ich keine einzige Beauty-OP!
Frau Dr. Millesi, wie groß ist die Gefahr, dass man nach Beauty-OPs süchtig wird?
Millesi: Natürlich fällt nach dem ersten Eingriff bei vielen die Hürde der Angst. Aber dennoch kann man als professioneller, seriöser Arzt sehr wohl erkennen, ob jemand an Dysmorphophobie, sprich krankhafter Störung der Wahrnehmung des Körpers, leidet. Dennoch muss man sich in diesem Beruf schon immer die ethischen Grenzen bewusst machen. Mir ist es einmal passiert, dass mir eine Frau glaubhaft versicherte, dass sie sich selbst für die Brust-OP entschieden hat. Erst nach dem Eingriff, als sie die Implantate wieder entfernen ließ, gab sie zu, dass ihr Mann sie dazu überredet hatte. Das hat mich sehr schockiert und mir wieder bewusst gemacht, wie wichtig es ist, nachzufragen!
Koller: Ich würde mir wünschen, dass wir wieder ein bisschen wegkommen von diesem Trend, dass jede Frau makellos sein muss. Ich habe ja nichts gegen Schönheitschirurgie. Ich finde es toll, wie Irene Mayer offen dazu steht, dass sie nach drei Kindern ihren Busen reparieren lassen hat.
Bild: (c) Kernmayer
„Man muss sich als Arzt stets ethische Grenzen bewusst machen.“, sagt Dagmar Millesi über die Verantwortung plastischer Chirurgen.
Ist es genau das, was am meisten polarisiert – dass es noch immer viele gibt, die Wassertrinken als ihr absolutes Beauty-Geheimnis angeben?
Mayer: Da müsste ich den ganzen Tag einen Wassertank mitschleppen (lacht).
Koller: Genau diese Verlogenheit hasse ich auch.
Millesi: Das ist eine Generationenfrage. Meine älteren Patientinnen halten es meist geheim. Aber die meisten Jungen machen keinen Hehl daraus.
Generationen-Gipfel. Hartmann, Millesi, Koller und Mayer im MADONNA-Talk mit Daniela Schimke. Bild: (c) Kernmayer
FRAGE DER WOCHE
Soll man zu Beauty Eingiffen stehen?