Alles wird gut

Mum-Life: So geht Mamasein mit mehr Selbstliebe und Gelassenheit

23.05.2024

Der Mai ist der Monat der Mamas. Eine Hebamme spricht über mütterliche Bedürfnisse, Bewertungen, veränderte Lebensrealitäten und verrät, warum man den Perfektionismus ruhig beiseitelassen darf.  

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© Getty Images
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Viele (werdende) Mamas haben aber  den Drang, alles richtig zu machen. Doch der Alltag mit Kindern zeigt: Das ist alles andere als einfach, eigentlich unmöglich – und vielleicht auch gar nicht so erstrebenswert. Vor allem aber ist es vollkommen menschlich, nur allzu verständlich und sowas von okay, auch mal überfordert zu sein. Auch Katharina Wallner, Hebamme, Elementarpädagogin und Yogalehrerin, plädiert in ihrem nun erschienenen Buch „Mini Mum – Babybauch & Bauchgefühl“ für mehr Gelassenheit und einen entspannteren Umgang mit den Veränderungen, die mit dem Mutterwerden verbunden sind. Wir haben mit ihr über Selbstliebe, Körperempfinden und vielfältige Lebenssituationen von modernen Müttern gesprochen.

© Dr. Silke Ebster

Liebe Frau Wallner, warum möchten so viele Mütter alles perfekt machen?
Katharina Wallner: Das liegt wohl primär an der Verantwortung, die man einem zunächst kleinen Lebewesen gegenüber spürt. Mit dieser Verantwortung steigt meistens auch das Bedürfnis, alles möglichst richtig zu machen. Natürlich ist das bei weitem nicht nur negativ: Vielen Frauen gelingen durch eine Schwangerschaft nämlich große lebensverändernde Maßnahmen, die sie vorher nicht umsetzen konnten. Zum Beispiel geben sie auf einmal ungesunde Gewohnheiten auf oder ernähren sich gesünder. Nicht selten ist eine Schwangerschaft also der Auftakt, bewusster und achtsamer zu leben.

Warum ist eine gewisse Entspanntheit dennoch so wichtig?
Wallner: Weil der Körper insbesondere während einer Schwangerschaft Ruhe und Regeneration braucht. Immerhin vollbringt er gerade eine Meisterleistung, indem er neues Leben entstehen und heranreifen lässt. Läuft man in dieser Zeit physisch wie psychisch ständig auf Hochtouren, so bedeutet das zusätzlich Stress für Körper und Geist. Und sind wir uns doch ehrlich: Wir feilen oft sogar an 100 Prozent – und wollen 120 Prozent. Dabei würden uns ein bisschen mehr Lockerheit und Entspanntheit in vielerlei Hinsicht guttun – ganz gleich, ob schwanger oder nicht. (lacht)

Woher kommen diese Optimierungstendenzen?
Wallner: Wir sind heutzutage definitiv auch von den Idealbildern in den Sozialen Medien geblendet. Viel zu oft vergleichen wir uns mit unrealistischen und – weil bearbeitet – unerreichbaren
Schönheits-, Körper- und Lebensidealen. Manchmal verzerren wir die Wirklichkeit bis zu dem Punkt, an dem uns unser eigenes Leben unrealistisch erscheint. Die Gegentendenz ist zum Beispiel die Body-Positivity-Bewegung. Ich würde mir stattdessen vielmehr wünschen, dass unterschiedlichste Körperformen und Lebenszugänge schlichtweg authentisch und alltäglich dargestellt und betrachtet werden.

Selbstliebe ist eng mit Selbstfürsorge verbunden. Warum ist Letztere für Jung-Mamas oft schwierig?

Wallner: Ein Baby – so zauberhaft es auch ist – ist ein Synonym für Fremdbestimmung. Es ist ein Instinktbündel, das Priorität einfordert, ohne dabei auf die Bedürfnisse anderer achten zu können. Wenn ein Baby Hunger hat, hat es Hunger, es kann nicht warten, sondern reagiert sehr unmittelbar auf seine Bedürfnisse. Deshalb kann man als wichtige Bezugsperson eines Babys zumindest eine Zeit lang gar nicht an erster Stelle stehen. Denn da steht nunmal schon jemand.

Hat sich auch die Mutterrolle verändert?
Wallner: Ja, bestimmt. Früher war es respektiert und normal, nach einer Geburt eine Zeit lang zu Hause zu bleiben. Wer heute länger bei einem Kind zu Hause, wird schnell als das Heimchen am Herd abgeschrieben. Wer bald nach der Geburt wieder in den Job zurückkehrt, sorgt mitunter ebenso für Kopfschütteln. Richtig machen kann man es kaum, bewertet beziehungsweise in eine Schublade gesteckt wird man hingegen ganz schnell einmal. Auch wenn traditionelle Rollenbilder durchaus aufbrechen, ist der Spagat zwischen Kind, Job und eigenen Bedürfnissen nicht gerade die einfachste Aufgabe der Welt. Nach wie vor sind zu wenige Kinderbetreuungsplätze vorhanden, nach wie vor verdienen Frauen tendenziell weniger als Männer. Leider habe ich dafür keine Lösung, ich beobachte nur, dass all das schon belastend sein kann.

Ihre Tipps, um möglichst entspannt Mama zu sein?
Wallner: Ganz wichtig ist, zu wissen, was und wer einem guttut, schöne Dinge in den Alltag zu integrieren und sich mit liebevollen, wohlwollenden Menschen zu umgeben. Liebevoll, milde und sanft sollte man, so denke ich, insbesondere mit sich selbst sein. Ganz besonders während einer Schwangerschaft oder während der Babyzeit, in der man ohnehin erschöpfter und müder als sonst ist, ist es so wichtig, sich nicht auch noch selbst zu kritisieren und klein zu machen. Schön wäre es, sich selbst so zu behandeln, wie man auch die beste Freundin behandelt. Mit der besten Freundin sind wir nämlich meistens viel freundlicher, verständnisvoller und weniger streng als mit uns selbst. Einfach mal zu sich selbst sagen: „Das hast du gut gemacht.“ „Gönn dir eine Pause.“ „Raste dich aus.“

Das Schönste an Ihrem Beruf?
Wallner: Geburt ist für mich nach wie vor ein ganz besonders zauberhafter Moment. Dass neues Leben auf die Welt kommt, ist das Allerschönste. Zugleich ist es etwas beinahe Unbegreifliches, bei dem ich als Hebamme aber so unmittelbar und nahe dabei sein darf. Das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Im übertragenen Sinne ist für mich jede Form von Geburt – sei es die Geburt einer Idee
oder etwa einer neuen Jahreszeit – wunderschön. Dieses Werden und Sein fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

Was wünschen Sie sich für alle Mamas?

Wallner: Wir Menschen ernähren uns auch über Wertschätzung, wir brauchen positive Bestärkung und Zuspruch. Daher wünsche ich mir aus tiefstem Herzen, dass unsere Gesellschaft Mutterschaft und Care Arbeit endlich wertschätzt und als hervorragende Leistungen anerkennt.  

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