Im Schatten der männlichen Arbeitskollegen – ungerechtfertigt, aber doch. Wie Frauen in ihre Kraft kommen – und authentisch bleiben.
Beruflich erfolgreich, mächtig, dominant, finanziell potent, stark und selbstbewusst – ertappen Sie sich auch gerade dabei, wie Sie diese Eigenschaften eher den Herren der Schöpfung zuschreiben? Keine Sorge, Sie sind damit nicht alleine. Obwohl wir bereits das 21. Jahrhundert schreiben und Gleichberechtigungsdebatten in vollem Gange sind, stehen viele Frauen im beruflichen Kontext nach wie vor im Schatten ihrer männlichen Kollegen.
Female Business-Power
„Am Geschlecht liegt das meiner Erfahrung nach eher weniger – im Gegenteil. Frauen können locker so erfolgreich sein wie Männer“, erklärt Sabrina Nennemann. Sie ist Geschäftsführerin und Inhaberin von SHRS Consulting GmbH – und damit als Frau erfolgreich im weiterhin von Männern dominierten Vertriebsbereich tätig. Als Geschäftsführerin und Mindsetcoach unterstützt sie täglich vor allem Frauen auf dem Weg zu mehr Selbstvertrauen und beruflichem Erfolg. Wir haben mit Sabrina Nennemann über Selbstvertrauen, Zielstrebigkeit und weibliche Business-Power gesprochen.
Liebe Frau Nennemann, warum sind Frauen gerade in männerdominierten Berufen weniger erfolgreich als Männer?
Sabrina Nennemann: Um das zu verstehen, muss man ein wenig weiter ausholen. Frauen wurden darauf trainiert, lieb und ruhig, fürsorglich, aufopfernd und anpassungsfähig zu sein. Sie haben gelernt, die eigenen Bedürfnisse, Träume und Wünsche hinter jenen der Männer, der Kinder, des Chefs anzustellen. Ich erlebe oft, dass Frauen sich selbst gar nicht zugestehen und sich nicht trauen bzw. erlauben, in Meetings das Wort zu ergreifen oder einen Raum für sich einzunehmen. Und das, obwohl Frauen gerade im Vertrieb fast doppelt oder dreifach so gute Zahlen erreichen können wie Männer – sofern sie ihre inneren Blockaden lösen und in ihre Power hineinkommen. Frauen schupfen meist viele Dinge gleichzeitig – und das bravourös. Die lieben Herren hingegen sind manchmal schon wegen eines Männerschnupfens ganz fertig (lacht).
Was hemmt Frauen im Business?
Nennemann: Frauen sind in der Vergangenheit oft den männlichen Weg gegangen. Sie haben versucht, in ihrer Art, ihrem Auftreten und Kleidungsstil männlicher zu werden. Die Hauptgründe: Angst vor schlechter Nachrede, Angst, aufgrund von weiblichen Eigenschaften als weniger kompetent oder intellektuell wahrgenommen zu werden. Geht man als Frau den Weg über die Männlichkeit, verbiegt man sich jedoch nur selbst und beraubt sich der Macht gegenüber den Männern. Wissenschaftliche Studien zeigen hingegen, dass Männer im Business-Kontext eher dazu bereit sind, Frauen mehr Raum zu geben, wenn diese sich feminin, also ihrer Natur entsprechend und authentisch verhalten. Aktiviert eine Frau ihre feminine Macht, stehen ihr alle Türen offen.
Warum verharren viele Frauen dann nach wie vor noch in diesen Mustern?
Nennemann: Aus mehreren Gründen. Einerseits haben viele Frauen Angst vor Ablehnung: Was denken wohl die Kollegen, der Chef oder die Familie über mich? Andererseits sind sich viele Frauen oft gar nicht über ihren eigenen Wert im Klaren. Sie wissen oft nicht, welche besonderen Fähigkeiten in ihnen schlummern. Der Feind liegt hierbei übrigens oft im eigenen Bett. Ich erlebe oft, dass Männer ihren Partnerinnen beruflichen Erfolg nicht gönnen oder ein Problem damit haben, wenn die Frau mehr verdient als sie selbst. Die Folgen sind oft Blockaden und die Angst, vom eigenen Partner nicht mehr geliebt zu werden.
Welche Superkräfte bringen Frauen im beruflichen Kontext mit?
Nennemann: Weibliche Intuition, Empathie und ein stark ausgeprägtes Bauchgefühl. Ganz oft höre ich von Klientinnen in Coachings: „Ich hatte zuerst dieses Gefühl, habe dann aber doch alles anders gemacht.“ Frauen wissen sehr oft instinktiv und intuitiv, was richtig oder falsch ist – genau das ist die feminine Kraft, der Frauen vertrauen und aus der sie schöpfen können.
Wie können Frauen ihren eigenen Weg gehen und ihre Ziele erreichen?
Nennemann: Zunächst ist es ganz wichtig, sich zu fragen, was man im Leben eigentlich erreichen möchte und was einem tief drinnen Freude bereitet. Denn im Endeffekt ist man 24/7 mit sich selbst zusammen. Es ist so wichtig, dass man sich mit sich selbst wohlfühlt und mit sich selbst glücklich ist. Nur so ist es möglich, Glück und Liebe weiterzugeben. Hat man ein berufliches Ziel vor Augen, lohnt es sich auf so vielen Ebenen, dafür zu kämpfen. Wir alle sind soziale Wesen und wünschen uns, einen Beitrag in der Gesellschaft zu leisten. Dadurch entsteht innerer Wert: Selbstwert. Und Selbstwert wiederum ist die Basis für Resilienz, Glück und gesunde Beziehungen auf Augenhöhe, in denen beide Partner einander Erfolge gönnen und stolz aufeinander sind.
Ihr Geheimrezept für erfolgreiche und vor allem glückliche Business-Frauen?
Nennemann: Stärken Sie Ihr Selbstbewusstsein – jede Frau hat diese einzigartige Power in sich, die sie zulassen darf und soll! Nichts anderes mache ich übrigens in meinen Coachings: Ich verteile keine Selbstbewusstseinspillen (lacht), ich helfe dabei, die eigene Kraft zu erkennen und zu reaktivieren. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, wie wichtig es ist, der eigenen Intuition und dem Fluss des Lebens zu vertrauen. Ein bisschen Fleiß gehört natürlich auch dazu (lacht). Wenn man sich etwas wünscht und ein Ziel vor Augen hat, lohnt es sich, alles dafür zu geben, um es zu erreichen – auch wenn es zu Beginn vielleicht unerreichbar scheint und mit diversen Ängsten verbunden ist. Stichwort Angst bzw. Angst vor Ablehnung: Den eigenen Weg zu gehen, bedeutet natürlich, andere ab und an zu enttäuschen und vielleicht abgelehnt zu werden. Es passiert dabei aber nichts. Solange man sich selbst treu und seinen Mitmenschen gegenüber respektvoll bleibt, wird am Ende alles gut.