Erfülltes Dasein

Durchstarten: Die besten Tipps gegen Selbstzweifel

12.06.2024

Klug, empathisch, kreativ – und so voller Selbstzweifel: Eine Coachin verrät, warum so viele Frauen denken, nicht genug zu sein und was Sie dagegen tun können.

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„Du bist nicht gut genug, das schaffst du nicht, du brauchst es erst gar nicht zu probieren, lass es lieber gleich bleiben.“ Haben Sie diese Gedanken auch des Öfteren? Und das, obwohl Sie privat wie beruflich erfolgreich sind (hard facts!) und sich bereits diverse Ratgeber zu Empowerment und Persönlichkeitsentwicklung zu Gemüte geführt haben? Die gute Nachricht: Eigentlich wissen wir Frauen ja, dass wir stark, klug und kreativ sind, meist kennen wir sogar unsere eigenen Muster und Denkmodelle gut – zumindest in der Theorie.

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Innere Saboteure

Die weniger gute Nachricht: Die Praxis gestaltet sich oft weitaus weniger klar, ja ab und an sogar richtig anstrengend! Viel zu oft hindern uns unsere Selbstzweifel daran, vorwärts zu kommen oder uns so richtig über etwa eine Beförderung oder eine neue Herausforderung zu freuen. Stattdessen finden wir eine Million Gründe, warum etwas nicht gelingen wird. Speakerin, Beraterin und Coachin Ida Maria Stoegerer hat herausgefunden, dass man hier sogar von kollektiven Mustern sprechen kann. In ihrem kürzlich erschienenen Buch „Der Schatz der Frauen – Damit dir gelingt, was du für undenkbar gehalten hast“ nimmt sie die „inneren Saboteure“, wie sie unsere Selbstzweifel nennt, genauer unter die Lupe – und zeigt die Ressourcen und Kräfte, die sich dahinter verbergen können, auf. Wir haben mit der Autorin ausführlich über die genannten kollektiven Muster, über Eigenverantwortung, Geschlechterrollen und Female Empowerment gesprochen.

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Frau Stoegerer, warum sind wir Frauen eigentlich so anfällig für Selbstzweifel und Selbstsabotage?
Ida Maria Stoegerer:
Das ist wirklich ein spannendes Phänomen. Ich bin nun seit etwa 25 Jahren im Coaching und in der Change-Beratung tätig und erlebe, dass Selbstsabotage und -zweifel Frauen aller Altesgruppen beschäftigen. Man kann hier durchaus von kollektiven Mustern sprechen. Wie diese entstehen? Schon als Mädchen wird von uns erwartet, dass wir unserer Umwelt gefallen. Relativ früh wird uns vermittelt, wie wir uns zu verhalten und auszusehen haben. Deswegen wollen wir als erwachsene Frauen am besten alles perfekt machen. Wir wollen perfekte Ehefrauen, Mütter, Mitarbeiterinnen und Freundinnen sein, selbstverständlich top aussehen, und eine steile Karriere hinlegen. Wir streben nach einem Idealbild, es ist wie eine Matrix bzw. Programmierung, die sich in der Hirnforschung und Epigenetik mittlerweile sogar wissenschaftlich herleiten und bestätigen lässt.

Wie gehen wir mit unseren Töchtern um, sodass diese Denk- und Verhaltensmuster erst gar nicht entstehen?
Stoegerer:
Ich denke, es ist sehr wichtig, dass Eltern, Bezugspersonen und etwa auch Lehrer Kinder – und damit meine ich natürlich Mädchen und Buben – so sehen und wahrnehmen, wie sie eben sind. Jedes Kind hat individuelle Wesenszüge, eine ganz eigene Persönlichkeit. Verhaltens- und Denkmodelle entwickelt es erst im Laufe der Zeit: Laut Psychologie und Evolutionsforschung hört ein Kind mit etwa neun, oder zehn Jahren damit auf, so zu sein, wie es ist, um so zu werden, wie von anderen gewünscht. Ein Kind in seiner Persönlichkeit individuell sein und bleiben zu lassen, das wäre ein wirklich wichtiger Schritt, um kollektiven Programmierungen entgegenzuwirken.

Welche Folgen können solche Programmierungen haben?
Stoegerer:
Stress! Denn das Streben nach Perfektionismus führt oft dazu, dass wir uns unzulänglich fühlen und stets das Gefühl haben, den Dingen „hinterherzuhecheln“. Die Folge: Statt auf Positives fokussieren wir auf Negatives, trauen uns vieles gar nicht erst zu und machen uns selbst klein – selbst dann, wenn uns der Chef (wohl verdient und hart erarbeitet!) eine Führungsposition anbietet! Viele junge Frauen, die ich in meinen Coachings begleiten darf, haben zwar großartige und wertvolle Ideen, sind allerdings in einer regelrechten Problemtrance gefangen. Anstatt vorwärts zu gehen, sehen sie sich und die Welt durch die Mankobrille: Diese und jene Ausbildung fehlt noch, sie haben noch nicht genügend Expertise, um ihre Ideen umzusetzen - und interessieren werden die Ideen wohl sowieso niemanden. Dabei sind es exakt diese Ideen von jungen Frauen, die unsere sehr männlich dominiert Welt dringend bräuchte. Wir brauchen die weibliche Handschrift, das Verbindende, Intuitive, Nährende, Empathische, Verantwortungsvolle, die Klarheit und Stärke, die wir Frauen mitbringen. Wir haben die Power, eine Welt, in der es, ganz brutal gesagt, viel zu oft ums Ausbeute und Gewinnen geht, auf sanfte Art und Weise revolutionieren.

In Ihrem Buch schreiben Sie über die „neun inneren Saboteure“. Welche sind das?
Steogerer:
Im Grunde haben wir bereits alle angesprochen: fehlendes Zutrauen, Außenorientierung, Mankobrille, Perfektionismus, Gedankenkarussell, Problemfokus, Selbstzweifel, Absicherung und die weibliche Matrix. Aufs Gedankenkarussell möchte ich noch ein wenig näher eingehen. Laut Wissenschaft hat der Mensch 60.000 bis 80.000 Gedanken pro Tag. Manchmal kommt es mir allerdings so vor, als hätten Frauen 100.000. (lacht) Es ist so, als hätten wir am Computer-Desktop permanent 100 Fenster offen, zwischen denen wir hin und her switchen. Das verursacht ziemlichen Stress.

Können wir denn weniger denken?
Stoegerer:
Klar! Wir sind nicht Beifahrerinnen unserer Gedanken, sondern können sehr wohl selbst steuern, was wir denken. Wir können uns aussuchen, welchen Gedanken wir Priorität einräumen.

Bedeutet das, dass wir unsere inneren Denkmuster umwandeln können?
Stoegerer:
Wenn uns etwas nicht gelingt oder wir ein Problem haben, tendieren wir häufig dazu, äußeren Umständen die Schuld daran zu geben. Natürlich erleben wir im Außen manchmal diverse Konflikte, Hürden oder Blockaden, haben vielleicht finanzielle oder gesundheitliche Restriktionen. Aber das Problem an sich ist nicht das Problem. Es ist die Art und Weise, wie wir damit umgehen. Hier liegt der Schatz begraben, hier ist der Schlüssel. Wenn wir eine andere Haltung entwickeln, aus der Opferrolle und Handlungsunfähigkeit rauskommen, dann können wir in die Gestaltung gehen und auch mit Problemen und Konflikten ganz anders umgehen. Denn: Ändert sich unser Verhalten dem Problem gegenüber, so ändert sich letztlich das Problem.

Ihre Tipps für erfolgreiches Gelingen?
Stoegerer:
Gute Beziehungen, die uns nähren und ein Gefühl von Verbundenheit geben, tägliche gute Gewohnheiten und Achtsamkeit gegenüber den eigenen Bedürfnissen. Auch ein positiver Abschluss des Tages ist wichtig, denn was wir vor dem Einschlafen denken, sickert ins Unterbewusstsein. Um erfüllt und zufrieden zu sein, ist es, last, but not least ganz essenziell, aktiv und gestalterisch an die Dinge heranzugehen. Es ist wichtig, dass wir etwas tun und gestalten und anschließend ein Erfolgserlebnis haben. Dabei ist es ganz gleich, ob wir einen Kuchen backen, der die Family vom Hocker haut, ob wir ein Buch schreiben oder ein neues Businessmodell entwickeln. Die Größe spielt keine Rolle. Der Sinn, den eine Tätigkeit für uns und für andere hat, allerdings sehr wohl.

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