Bruce Springsteen wird 60
23.09.2009Beinahe hätte es "Born in the U.S.A." nicht gegeben. Bruce Springsteen wollte seinen ersten Song über den Vietnamkrieg 1984 aus Unsicherheit eigentlich gar nicht veröffentlichen. Nur mit Mühe konnte ihn sein Manager vom Gegenteil überzeugen. Am 23. September wird "The Boss", wie ihn seine Fans liebevoll nennen, 60 Jahre alt.
"Born in the U.S.A." wurde zum Sensationserfolg und machte den US-Rockmusiker endgültig zum Superstar. Bis heute hat er nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Sein jüngstes und 24. Album "Working on a Dream" stürmte Anfang des Jahres in 16 Ländern auf Anhieb an die Spitze der Charts. Bei zwei Konzerten in München und Frankfurt lockte der Altrocker mit seiner legendären E Street Band im Juli insgesamt mehr als 80.000 Fans in die Stadien. Fast drei Stunden lang fegte er zu Hits wie "Born to Run", "Hungry Heart" und "No Surrender" über die Bühne.
"Die Gitarre ist das Werkzeug, mit dem ich versuche, der Welt einen Sinn zu geben", sagte er einmal, "sie ist für mich so eine Art Schutzengel." Mit seinem erdigen Rock, den eingängigen Melodien und poetischen Texten gehört Springsteen zu den populärsten Rockmusikern aller Zeiten. Seine Lieder haben ihm neben zahlreichen anderen Preisen 19 Grammys und zwei Golden Globes beschert. Für den Titelsong zu Jonathan Demmes Homosexuellen-Drama "Philadelphia" erhielt er 1994 einen Oscar.
Auch wenn Springsteen mit weltweit mehr als 120 Millionen verkauften Platten längst Multimillionär ist, hat er sich sein hemdsärmeliges Arbeiterklassen-Image stets erhalten: Er erzählt von der Kehrseite des amerikanischen Traums - von den Sorgen und Nöten, Wünschen und Hoffnungen, verpassten Chancen und geplatzten Träumen des "kleinen Mannes".
"Ich weiß, wie die Welt von unten aussieht", sagt er. Sein Vater war ein ewiger Verlierer, der vom Gefängniswärter bis zum Lkw-Fahrer alles probierte; sein Großvater arbeitete in einer Teppichweberei. Nur seine Mutter Adele versuchte, ihm aus dem grauen Familienalltag herauszuhelfen: Sie nahm einen Kredit über 60 Dollar auf, um dem Jungen die heiß ersehnte erste Gitarre zu kaufen. "Es gab zwei Dinge, die bei uns unbeliebt waren. Das eine war ich und das andere meine Gitarre", erzählte er später.
In seiner Heimat New Jersey wird Springsteen mit mehreren Bands schnell bekannt. Er zieht nach New York, bekommt 1972 einen Plattenvertrag und gründet mit Freunden die E Street Band. Schon das dritte Album "Born to Run" bringt 1975 den Durchbruch, mit "Born in the U.S.A" ist 1984 der Olymp der Rock-Musik endgültig erklommen. Dass der Titelsong des Albums mit seiner Anti-Kriegs-Botschaft oft als patriotische Jubelhymne fehlgedeutet wird, hat den Künstler allerdings lange geschmerzt.
Seither ist der Erfolg kaum abgerissen, auch wenn es Anfang der 90er Jahre etwas ruhiger um den "Boss" wurde. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" nannte seine Musik damals eine "Harley-Davidson mit Kat". Nach einer zwischenzeitlichen Trennung von der Band und mehreren Soloprojekten kommt es nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York mit "The Rising" erstmals wieder zu einem komplett gemeinsamen Album: Ein Fan hatte Springsteen beim Zusammenbruch der Zwillingstürme zugerufen: "Boss, wir brauchen Dich!"
Aus seiner politischen Einstellung hat der Musiker zeitlebens keinen Hehl gemacht, auch wenn sie in seinen Texten eher indirekt zum Ausdruck kommt. 2004 tourte er - damals noch erfolglos - unter dem Motto "Für einen Wechsel" gegen die Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush. Gut vier Jahre später stand er dann bei der Amtseinführung von Bush-Nachfolger Barack Obama auf der Bühne und präsentierte mit einem Gospelchor seinen Hit "The Rising".
Den Spitznamen "Boss" hat Springsteen aus den 70er Jahren, als er seine Band nach den gemeinsamen Auftritten noch in bar auszahlte. "Ich habe mich nie um diesen Namen gerissen. Wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre mir Herr Springsteen lieber. Oder einfach: der Typ aus New Jersey", sagte er einmal. Seine Fans werden sich mit dieser Idee kaum anfreunden können. Happy Birthday, Boss!