Die Legende lebt seit mehr als hundert Jahren und darf am 5. Dezember putzmunter 106 Kerzen auf der Geburtstagstorte anzünden. Gefeiert werden soll am Vorabend in Wien, wo Johannes Heesters, der "Grandseigneur der Operette", vor 75 Jahren seine Karriere als Schauspieler und Sänger an der Wiener Volksoper begann - in Millöckers Operette "Der Bettelstudent" (danach mit ihm und Marika Rökk verfilmt).
Der inzwischen nahezu erblindete älteste aktive Schauspieler der Welt, der zuletzt mit donnernder Stimme Gott den Herrn im "Jedermann" in Stuttgart spielte, erinnert sich noch heute daran und singt bei jedem passenden Anlass das berühmte Lied daraus: "Ich knüpfte manche zarte Bande, studierte die Pariserin, die schönsten Frau'n im Sachsenlande, in Deutschland, Ungarn und in Wien."
Heesters war der "Dandy des Jahrhunderts" und wird als Graf Danilo in der "Lustigen Witwe" ("meine Lebensgefährtin") mit dem Evergreen "Heut geh' ich ins Maxim" noch lange in Erinnerung bleiben - als lebensfroher Gigolo mit Frack, weißem Seidenschal, Nelke im Knopfloch und dem Champagnerglas in der Hand. "Man müsste Klavier spielen können" oder "Ich möchte jede Nacht von Ihnen träumen" gehörten zu seinen bekanntesten Liedern.
Die Texte müssen auch heute noch sitzen, Stottern auf der Bühne gibt es für den aus Holland stammenden Heesters auch mit 106 Jahren nicht: "Ich finde, man muss auf der Bühne immer gut vorbereitet sein und aufpassen, dass man nicht anfängt, nach Worten zu suchen. Das ist doch peinlich für einen Künstler, egal wie alt er ist", sagte er der dpa im Vorfeld seines Geburtstages und der in Wien geplanten Ehrungen, im Rathaus und in Grinzing. Er erhält die Goldene Wien-Plakette der Stadt Wien.
Zuvor hatte es bereits am 26. November den achten Bambi für "Jopie" gegeben, auch wenn der am Starnberger See lebende Heesters dazu nicht extra nach Potsdam-Babelsberg kam. Stattdessen machte er sich für die Geburtstagsgala in Wien fit, die ihm doch sehr am Herzen liegt. "Da hat doch alles angefangen", nach den ersten kleinen Rollen in seiner holländischen Heimat - die Heesters nach Kriegsende wegen seiner Tätigkeit in Nazi-Deutschland (als "Lieblings-Danilo Hitlers") nicht besonders freundlich gesinnt war. Erst im Februar 2008 war ihm eine Art "späte Versöhnung" gegönnt mit einem Auftritt im niederländischen Amersfoort, wo Johannes Marius Nicolaas Heesters am 5. Dezember 1903 geboren wurde.