Roman Polanskis Anwälte haben die Einstellung des Vergewaltigungsverfahrens in den USA gegen den Oscarpreisträger verlangt. In dem Prozess vor mehr als 30 Jahren hätten der Richter und die Staatsanwaltschaft einen "erstaunlichen Rekord an Amtsverletzungen" aufgestellt, begründete Polanskis Anwalt Chad Hummel am Donnerstag (10.12., Ortszeit) nach Angaben der "Los Angeles Times" sein Gesuch.
Unter anderem hätten sie vertrauliche Dinge mit Unbefugten besprochen. "Da läuft es einem kalt den Rücken herunter, was dieser Richter tat", sagte Hummel vor einem Berufungsgericht. Eine Entscheidung gab es zunächst nicht. Das Gremium habe bis zu 90 Tage Zeit, Stellung zu nehmen, sagte Gerichtssprecher Danny Potter. "Ich rechne aber damit, dass es schneller gehen wird, als die durchschnittliche Zeit von 30 Tagen", so Potter. Polanski wird vorgeworfen, vor mehr als 30 Jahren ein damals 13-jähriges Mädchen in Los Angeles vergewaltigt zu haben. Einer Strafe hatte er sich durch Flucht entzogen und war seither nicht mehr in die USA eingereist.
Der Regisseur ("Rosemaries Baby", "Der Pianist") war am 26. September bei der Ankunft zum Filmfestival in Zürich verhaftet und auf Ersuchen der USA in Auslieferungshaft genommen worden. Nach 70 Tagen im Gefängnis war der 76-Jährige in der vergangenen Woche aus der Auslieferungshaft entlassen worden. Er sitzt nun im Schweizer Prominentenort Gstaad unter Hausarrest in seinem Chalet, dort wird er per elektronischer Fußfessel überwacht.
Schon lange vor seiner Festnahme in der Schweiz hatte Polanski beantragt, das Verfahren gegen ihn für abgeschlossen zu erklären. Ein Gericht in Los Angeles lehnte das Ersuchen im Mai ab, weil der Filmemacher nicht persönlich in Kalifornien erschienen war. Seine Anwälte gingen daraufhin in Berufung.
In der Anhörung am Donnerstag deuteten die Richter an, Polanski hätte schon während des Verfahrens 1978 seine Bedenken wegen möglicher juristischer Fehler anbringen sollen, statt zu flüchten. Das Gremium muss nun entscheiden, ob ein Richter über Polanskis Gesuch auch in Abwesenheit des Regisseurs entscheiden kann. Die Staatsanwaltschaft pocht auf Vorschriften, wonach Bittsteller persönlich vor Gericht erscheinen müssen.
Auch nach den Wünschen seines Opfers soll die Anklage gegen Polanski fallen gelassen werden. Die heute 46 Jahre alte Amerikanerin Samantha Geimer hatte im Oktober einen entsprechenden Antrag bei dem Berufungsgericht eingereicht. Die unaufhörliche Publicity seit der Festnahme des Regisseurs in der Schweiz belasteten ihr Familienleben, ihre Arbeit und ihre Gesundheit, sagte die auf Hawaii lebende Frau. Ihr Anwalt erklärte am Donnerstag, dass sie ein Recht habe, die Einstellung des Verfahrens zu verlangen, auch wenn Polanski flüchtig ist.