Embodiment

LIEBE DICH SELBST!

07.09.2022

Schönheit liegt im Auge des Betrachters -und hängt von dessen individuellen Prägungen ab. Inwiefern Schönheitsideale, Selbstwert und Zufriedenheit miteinander zusammenhängen, erfahren Sie hier.

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Wer achtsam mit seinem eigenen Körper umgeht, ist allgemein meist freier, glücklicher, authentischer und vor allem widerstandsfähiger gegenüber äußeren Einflüssen und Bewertungen, weiß die Expertin.

Wer kennt sie nicht, die Königin aus dem Märchen Schneewittchen und die sieben Zwerge" die "gelb und grün vor Neid" wird, als sie hören muss, dass Schneewittchen schöner als sie selbst ist? "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?", fragt sie ihren Zauberspiegel immer und immer wieder. Während dieser stets die eindeutige Antwort parat hat, so gestaltet sich "Schönheit" in der Realität wesentlich komplexer. Denn die Wahrnehmung von Schönheit ist nicht universell, sondern vielmehr durch ureigene Lebenserfahrungen geprägt.

Kulturelles Konstrukt. Neben der individuellen Komponente spielt auch die sozio-kulturelle Prägung eine wichtige Rolle. Denn Schönheitsideale sind immer auch kulturelle Vorstellungen davon, welche physischen Merkmale wir als "schön" oder eben "nicht schön" einordnen. Wer die jeweilig gültigen optischen Ideale erfüllt, verfügt über eine gewisse gesellschaftliche Macht. Und genau deshalb zählt "Schönheit" zu einem der Konsumprodukte der heutigen Zeit.

Body Positivity. Vor allem in den Sozialen Medien führt die übermäßige Betonung von Schönheitsidealen häufig zu einem großen inneren Druck auf Konsumentenseite. Wie wir den Blick wieder vermehrt auf innere Werte richten und eine liebevolle Beziehung zum eigenen Körper kultivieren, verrät Lebens-und Sozialberaterin und Coach für Frauen Mag. Katharina Cont.

Frau Mag. Cont, wovon wird unsere Wahrnehmung von Schönheit beeinflusst?
KatharIna Cont:
Unsere Vorstellung dessen, was als gesellschaftlich und individuell im eigenen Umfeld als "schön" bzw. erstrebenswert erachtet wird, wird von frühester Kindheit an geprägt. Legen bereits unsere Eltern und/oder unser soziales Umfeld hohen Wert darauf, wie wir aussehen, wie wir gekleidet sind, wie unsere Figur beschaffen ist, ist die Assoziation der eigenen optischen Erscheinung mit Liebe und Selbstwert bereits sehr früh angelegt. Später, wenn wir heranwachsen, werden wir mit weiteren prägenden Eindrücken überflutet - durch Social Media, TV, Werbungen aller Art etc. Von allen Seiten wird uns vermittelt, dass es überaus relevant und wichtig ist, wie wir aussehen. Dies erzeugt bereits bei vielen Kindern und Jugendlichen einen hohen Erwartungsdruck und auch persönliches Leid, da wir uns in einem frustrierenden, niemals enden wollenden Wettlauf befinden - gegen andere, gegen uns selbst und nicht zuletzt gegen die Zeit, denn das Alter macht vor niemandem Halt.

Inwiefern beeinflussen Schönheitsideale unser Körperbild?
Cont:
Schönheitsideale gab es zwar immer schon -problematisch sind jedoch der übermäßig starke Fokus darauf und die mediale Omnipräsenz dieser Ideale! Es wird das Gefühl vermittelt, die optische Erscheinung habe oberste Priorität - die inneren Werte seien bestenfalls ein Bonus, stehen aber nicht im Mittelpunkt des Interesses. In vielen Fällen führt dies zu einem verringerten Selbstbewusstsein oder sogar tiefgreifenden Selbstwertkrisen bis hin zu körperlichen oder psychischen Erkrankungen. Doch selbst bei gesunden Menschen leiden der Selbstwert und die Beziehung zum eigenen Körper oftmals stark durch die Überbetonung der Relevanz unserer äußeren Erscheinung. Die Folge ist häufig eine gestörte oder lieblose Beziehung zum eigenen Körper. Das wiederum hat große Auswirkungen auf viele andere Lebensbereiche und schränkt uns zum Teil massiv in unserem subjektiven Gefühl von Freiheit, Wohlbefinden und Zufriedenheit ein.

Wie hängt unsere Wahrnehmung von Schönheit mit Weiblichkeit, Sexualität und letztlich unseren intimen Beziehungen zusammen?
Cont:
Ganz abgesehen davon, dass das, was heutzutage unter "Sexualität" verstanden wird, kaum an deren wahres Potenzial heranreicht, so hat die Beziehung zum eigenen Körper für viele Frauen einen massiven Einfluss auf Intimität und Sexualität. Wer sich in seinem Körper nicht wohlfühlt und ihn als ungenügend oder gar abstoßend verurteilt, hat meist auch Schwierigkeiten damit, sich in intimen Begegnungen zu entspannen. Ich kenne Frauen, deren Partner sie selbst nach mehreren Jahren Beziehung noch kein einziges Mal ungeschminkt gesehen haben oder Beziehungen, in denen beim Sex noch nie das Licht eingeschaltet wurde. Der lebendige Ausdruck unserer authentischen Impulse wird zugunsten eines angestrengt aufrechterhaltenen "perfekten Bildes" unterdrückt. Viele Frauen - aber auch Männer - entwickeln hier einen massiven Leidensdruck und zeitgleich ist bei vielen das Schamgefühl zu groß, offen über diese Themen zu sprechen.

Im Sinne von Body Positivity - wie können wir lernen, damit aufzuhören, uns ständig zu vergleichen?
Cont:
Die wichtigste Botschaft der Body-Positivity-Bewegung sollte aus meiner Sicht nicht sein, dass "auch eine fülligere Form schön ist" - was zweifelsfrei wahr ist -, sondern viel eher, dass ganz allgemein die Überbetonung der optischen Erscheinung aufhören darf. Innere Werte sollten in den Fokus rücken und der Mensch als Ganzes gesehen werden. Auf persönlicher Ebene spielt Embodiment eine sehr große Rolle -wer ständig am Vergleichen, Bewerten und Be-sowie Verurteilen ist, hat meist einen dissoziierten Zugang zum eigenen Körper. Man nimmt sich mehr "von außen" wahr, anstatt von innen heraus. Hier wieder voll und ganz in den eigenen Körper einzuziehen und zu lernen, ihn von innen heraus wahrzunehmen und zu lieben, ist der erste Schritt zurück zu Selbstliebe und Selbstakzeptanz.

Welche Auswirkungen hat es, wenn wir das tun?
Cont:
Eine liebevolle Verbundenheit zum eigenen Körper lässt uns freier, authentischer in unserem Selbstausdruck werden. Eine gute Beziehung zum eigenen Körper macht uns selbstbewusster, zufriedener, entspannter und vor allem auch widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse und Bewertungen.

Was bedeutet Schönheit für Sie ganz persönlich?
Cont:
Mittlerweile, mit Mitte 30, ist Schönheit für mich persönlich das Gefühl, das ein bestimmter Sinneseindruck in mir auslöst. Begegne ich zum Beispiel einem Menschen mit einem Lachen, das in mir die Sonne aufgehen lässt, oder einer Stimme, die mir Wohligkeit bereitet, oder einer Hilfsbereitschaft, die mich im Herzen berührt, oder einem Intellekt, der mich inspiriert und anregt -das alles empfinde ich dann als unglaublich "schön". Und ich kann heute sagen: Wenn wir lernen, nicht nur liebevoll auf uns selbst, sondern auch auf andere Menschen zu blicken, wird jeder Mensch auf seine Art und Weise schön, besonders und einzigartig! Schönheit liegt -im wahrsten Sinne des Wortes - im Auge des Betrachters.

Was möchten Sie Mädchen und jungen Frauen diesbezüglich gerne auf ihren Weg mitgeben?
Cont:
Dass wir mit unseren Problemen niemals alleine sind! Wenn ich eines in meiner jahrelangen Coaching-Tätigkeit gelernt habe, dann ist es, dass es im Kern den meisten Frauen ähnlich geht -und doch jede denkt, nur sie allein hätte dieses Thema. Wenn wir anfangen, uns offen und ehrlich auszutauschen, idealerweise in einem sicheren Kreis von mitfühlenden Frauen, und Erfahrungen zu sammeln, die uns stärker mit der Magie unseres weiblichen Körpers rückverbinden, dann wirkt das meist sehr heilsam auf allen Ebenen! Weisheit und Intuition, Lust und Sinnlichkeit sowie Authentizität -all diese Qualitäten wohnen in unserem Körper und warten nur darauf, gelebt zu werden.

7 SCHRITTE ZU MEHR SELBST-AKZEPTANZ

Social-Media-Konsum einschränken. "Wir sind, was wir konsumieren" - dazu zählen auch Bilder, Nachrichten und Posts in den Sozialen Medien. Diese verleiten uns dazu, uns viel zu oft mit anderen zu vergleichen. Ein wenig Abstand zu Social Media kann dabei helfen, den Blick wieder zurück aufs Wesentliche zu richten.

Bewegung in den Alltag integrieren. Regelmäßige Bewegung hilft uns dabei, den eigenen Körper besser zu spüren, uns zu entspannen und uns allgemein wohler, zufriedener und attraktiver zu fühlen -uns selbst aber auch unseren Mitmenschen gegenüber.

Achtsamkeit trainieren. Körperliches und geistiges Wohlbefinden sind eng miteinander verbunden. Meditation und Breathwork lassen uns im stressigen Alltag innehalten, um uns zwischendurch tiefer in den eigenen Körper hinein zu fühlen und die eigenen Bedürfnisse besser wahrzunehmen. Ins Gespräch gehen. Jede und jeder von uns hat bestimmte Themen mit sich selbst, der eigenen Persönlichkeit und der eigenen Optik. In vertrauter Atmosphäre darüber zu sprechen, kann sehr heilsam sein. Perfektionismus ablegen . Medien und Co. suggerieren uns oft, dass wir "perfekt " sein müssen, um Erfolg zu haben. Das erzeugt enormen Druck, der wiederum kontraproduktiv wirkt und auf Dauer ungesund ist. Entspanntheit, Lockerheit und eine Extraportion Humor, wenn's im Alltag nicht wie geplant läuft, tun uns allen gut.

Sich mit Positivem umgeben. Zeit mit den Liebsten, Zeit für sich selbst, ein Spaziergang an der frischen Luft, ein Kaffee in der warmen Mittagssonne - wie heißt es so schön: "Wir selbst sind unseres eigenen Glückes Schmied."

Sich liebevoll begegnen. Wer sich selbst und seinen Mitmenschen permanent mit negativen Gedanken begegnet, strahlt dies aus. Ungute Gedanken zuzulassen, deren Ursprung zu eruieren, diese dann aber auch wieder loszulassen. 

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