Von 20. Juli bis 28. August zieht der Jedermann das Publikum der Salzburger Festspiele wieder in seinen Bann. Mit neuer Inszenierung, neuem Ensemble – und der Schweizerin Deleila Piasko als Buhlschaft.
Bald schallt er wieder durch die sommerliche Hochburg der Kultur, der Jedermann-Ruf, der zu den Salzburger Festspielen gehört wie die Spannung vor jeder Neuinszenierung des Traditionsstücks. Dieses Jahr im Fokus und damit auch im Festspiel-Rampenlicht: Philipp Hochmair (50), der schon einmal als „Ersatz“-Jedermann brillierte. Und Salzburg-Neuling Deleila Piasko.
Burgbesucher:innen kennen die 33-jährige Schweizerin aus ihren Jahren im Ensemble im Haus am Ring, Netflix-Fans aus „Transatlantics“. Auf den Red Carpets in Cannes, wo die ARD-Produktion „Die Zweiflers“ ausgezeichnet wurde und sich Piasko auch als Darstellerin im Kurzfilm „Immaculata“ präsentierte, zog die Beauty alle Blicke auf sich. Jetzt ist sie Jedermanns neue Buhlschaft und damit im Zenit der österreichischen Festspielszene angekommen.
MADONNA sprach mit Deleila Piasko abseits der Proben über diese Herausforderung, ihr Erfolgsgeheimnis, Nacktszenen auf der Bühne und Existenzängste.
Wir erreichen Sie inmitten der Probenphase – wie würden Sie Ihre ersten „Jedermann“-Eindrücke beschreiben?
Deleila Piasko: Das ist alles sehr aufregend und sehr schön! Die vielen neuen Gesichter zu sehen und kennenzulernen, sich auf spielerische Weise zu finden.
Die Buhlschaft ist eine der begehrtesten Rollen in Salzburg. Hatten Sie auch immer den Traum, die Rolle zu spielen?
Piasko: Ich habe ja am Burgtheater gearbeitet. Und da war das auch immer Thema: Wer spielt den neuen Jedermann, wer die neue Buhlschaft bei den Salzburger Festspielen? Das ist schon eine ganz große Ehre und Auszeichnung, den Auftrag zu bekommen, diese Rolle interpretieren zu dürfen. Ich wusste also um das Begehren dieser Rolle, aber ich habe nicht damit gerechnet, dies Angebot zu bekommen.
Wie interpretieren Sie die Buhlschaft?
Piasko: Wir sind gerade dabei, sie zu interpretieren und ich bin gerade dabei, mich auszuprobieren, was möglich ist. Ich glaube, diese Rolle hängt sehr stark von der Dynamik zwischen Buhlschaft und Jedermann ab und von der Frage: Welche Funktion hat sie und wie erkämpft sie sich ihren Raum? Wie ist dieses Kräfteverhältnis zwischen den beiden? Ich suche natürlich auch nach einer Tiefe und einer Wahrhaftigkeit, weil die Rolle natürlich aufgrund ihrer Größe auch die Herausforderung in sich birgt, ein gewisses Spektrum zu bieten.
Wie intensiv setzen Sie sich im Zuge dieser Arbeit mit den Buhlschaften der Vergangenheit auseinander? Oder gehen Sie unvoreingenommen hinein?
Piasko: Ich gehe ganz unvoreingenommen heran. Ich glaube, die Auseinandersetzung mit anderen Interpretationen würde mir nicht viel helfen, weil ich ja in der Verkörperung dieser Rolle aus mir selbst schöpfe. Ich versuche, meinen Weg zu gehen. Man darf auch nicht vergessen, dass es sich dabei um eine Ensemblearbeit, eine gemeinsame Arbeit handelt. Alles entsteht auf der Probebühne – zusammen mit Philipp Hochmair und Robert Carsen. Man würde sich vieles verschenken, wenn man mit einem vorgefertigten Bild hineingehen würde.
Mit 33 Jahren können Sie bereits auf eine steile Karriere zurückblicken. Hatten Sie sich genau das zum Ziel gemacht?
Piasko: Nein, ich konnte mir das nicht ausmalen, auch wenn ich mich durchaus als ehrgeizig bezeichnen würde. Ich bin schon eine Getriebene, aber ich hatte nie konkret Bilder, wie mein Leben auszusehen hat oder darüber, wie und wo ich meinen Beruf ausüben darf. Ich bin gerade sehr privilegiert – ich hoffe, dass das anhält und noch große Herausforderungen kommen werden.
Und was würden Sie als Ihr Erfolgsgeheimnis sehen?
Piasko: Schlussendlich auch kritisch mit sich selbst und nicht so schnell mit der eigenen Arbeit zufrieden zu sein. Ich meine nicht damit nicht, dass man sich zermürben sollte, sondern dass man Lust hat, sich zu reflektieren, weiterzuentwickeln und auch mal härter zu sich selbst zu sein. Aber da funktioniert jeder anders. Ich bin sicher besser im Spiel, wenn die Regie auch mal strenger ist und der Partner mich herausfordert.
Sie spielen im Film und am Theater – inwiefern unterscheidet sich die Arbeit für Sie?
Piasko: Ein ganz wichtiger Bestandteil am Theater ist, dass man sich ausprobieren darf. Das ist toll und wie ein Spielplatz für mich, eine Welt, in die man eintauchen, in der man auch scheitern und Dinge verwerfen kann. Dafür ist beim Film meist gar keine Zeit. Aber beides machen zu können, ist ein großer Luxus als Schauspielerin.
In der großen Filmwelt – wie etwa in Cannes bei den Filmfestspielen, wo sie kürzlich waren – ist es nicht einfach zu bestehen. Erleben Sie das auch so?
Piasko: Natürlich. Dieser Beruf ist ganz stark von Unsicherheiten durchzogen. Nur weil man einen Film oder eine Serie in Cannes hat, heißt das nicht, dass man nächstes Jahr wieder arbeitet. Das verläuft meist sehr amplitudenhaft. Man muss stets mit der Ungewissheit, ob der Erfolg anhält, zurechtkommen. Das gehört leider dazu.
Haben Sie manchmal Existenzängste?
Piasko: Auf jeden Fall. Ich kenne auch niemanden in der Branche, der diese nicht hat. Aber man muss einfach ein bisschen Vertrauen haben, dass es immer weitergeht.
Zurück zur Buhlschaft, über die alljährlich diskutiert wird: Ist sie zu nackt? Ist sie zu bieder? Ist sie zu wild? Ziehen Sie selbst Grenzen – auch was Nacktheit auf der Bühne betrifft?
Piasko: Das kann man nicht aus dem Kontext nehmen. Man muss immer sehen, was macht Sinn und was wäre Effekthascherei. Auf Effekthascherei habe ich keine Lust. Wenn man damit aber etwas erzählt und es einen Mehrwert für das Stück ergibt, bin ich für alles offen.
Das ganze Interview mit Deleila Piasko finden Sie in der MADONNA Premium Ausgabe vom 22.6.2024