Im Madonna-Talk

First Lady der Herzen

01.09.2009

Bescheidenheit & Menschlichkeit sind Margit Fischers Attribute. Mit MADONNA sprach sie über berufliche und private Prinzipien.

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

(c) ChrissingerDieser Sommer wird spannend für Heinz (70) und Margit (65) Fischer. Immerhin muss der seit 2004 amtierende Bundespräsident entscheiden, ob er 2010 erneut für das Amt kandidiert oder sich in den Ruhestand zurückzieht. „Natürlich ist das zurzeit ein großes Thema bei uns zu Hause“, erzählt Margit Fischer im Gespräch mit MADONNA. Viel mehr wird „freilich nicht verraten. Nach dem Sommer geben wir die Entscheidung bekannt.“ Bevor das Paar in den wohlverdienten Sommerurlaub geht, ist die engagierte Charity-Lady jedoch noch ordentlich im Einsatz.
MADONNA traf die „First Lady“ zum Talk.

Frau Fischer, am 5. Mai laden Sie als Schirmherrin von „Armut tut weh“ zur Benefizgala, an der viele Prominente teilnehmen. Warum ist ein solcher Event für Betroffene wichtig, auch wenn diese gar nicht selbst daran teilnehmen?

Margit Fischer:
Dieser Abend ist eine Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu wecken und Armut zu thematisieren – das halte ich für ganz wichtig! Zudem können Prominente und Firmen spenden, was mir natürlich ein noch größeres Anliegen ist. Ich denke, man sollte Menschen, die Unterstützung benötigen, helfen, ohne sie zur Schau zur stellen. Dass Betroffene also nicht vor Ort sind und mit ihren Geschichten der Öffentlichkeit „präsentiert“ werden, empfinde ich als richtig. Vielen armutsgefährdeten Leuten ist ihr Schicksal unangenehm. Das Sichtbarmachen der Armut ist nicht wichtig für den Betroffenen. Für ihn ist vielmehr essenziell, dass geholfen wird!

Wo steht Österreich in punkto „soziales Engagement“?


Fischer: Österreich gehört zu den reichsten Ländern der Welt und wir haben auch eine hohe Sozialquote. Wenn wir von Armut oder Armutsgefährdung sprechen, dann reden wir von Zahlen, die von dem österreichischen Durchschnittseinkommen abgeleitet werden. Die Armutsgrenze liegt bei etwa 900 Euro. Aber: Das oberste Promille der Bevölkerung hat laut Nationalbank genauso viel Geld wie die untere Hälfte der Bevölkerung. Das muss man sich einmal vorstellen! Wohlstand sollte als Verpflichtung verstanden werden, anderen Menschen zu helfen und einen Solidarbeitrag zu leisten. Ich vergleiche unsere Gesellschaft mit einer Brücke. Ein Brückenpfeiler ist die wirtschaftliche Leistung, der andere die soziale Sicherheit. Man darf keinen dieser Pfeiler verkümmern lassen, sonst bricht die Brücke zusammen. Genau das müssen wir wahrnehmen und leben.

Wie leben Sie Ihr soziales Engagement als Privatperson?

Fischer: Ich verwende viel Zeit für soziale Aktivitäten, und ich spende auch. Ich überlege mir im Alltag sehr genau, was wirklich wichtig ist. Und: Meine Philosophie lautet, dass Bildung das beste Instrument im Kampf gegen die Armut ist.

Sie sind 1949 mit sechseinhalb Jahren von Ihrem Geburtsland Schweden mit Ihren Eltern in das vom Krieg zerstörte Österreich zurückgekehrt. Wie sehr hat Sie diese Zeit geprägt?

Fischer: Was ich damals nicht verstehen konnte, war, dass meine Eltern ihren sicheren Wohnsitz aufgaben, um in das zerstörte Österreich zurückzukehren. Die Schicksale, die ich da gesehen habe, die Besatzungssoldaten, die zerstörten Gebäude, die Kriegsversehrten diese Zeit hat mich schon sehr geprägt! Aber unsere Zeit in Schweden hat mich auch beeinflusst: Schon damals war es Pflicht, in Schweden Kinder in den Kindergarten zu schicken. Das war ganz wunderbar für mich, weil ich so die Sprache fließend erlernen konnte, um später in der schwedischen Schule keine Probleme zu haben. Daran denke ich heute noch oft. Ein Großteil der Kinder, die heute bei uns unter der Armutsgrenze leben, hat einen Migrationshintergrund. Ihr Problem ist oft mangelnde Sprachkompetenz – dem entgegenzuwirken, halte ich für essenziell.

Ihr Mann, Bundespräsident Heinz Fischer, ist seit fünf Jahren im Amt. Was hat sich für Sie seither verändert?

Fischer: Wenig! Wir waren immer viel zusammen und sind das auch heute. Wir gehen sehr achtsam miteinander um. Was sich verändert hat, ist, dass ich manchmal weniger Zeit für meinen Mann habe (lacht). Ich habe meinen eigenen Bereich gefunden, der uns beide in unserer Arbeit sehr befruchtet.

Es gibt eine neue Generation von Politikern, deren Erfolgsrezept es ist, Privates öffentlich zu leben. Warum ist man hierzulande so verschlossen?


Fischer: Damen wie Michelle Obama oder Carla Bruni, sind eine ganze Generation jünger als ich. Sie sind in einer anderen Zeit groß geworden. Ich habe mich vor Jahrzehnten entschieden, mein Privatleben zu schützen, um meinen Kindern eine normale Entwicklung zu ermöglichen. Kinder von „öffentlichen Menschen“ haben es oft schwer, in ein normales, bürgerliches Leben zu finden. Aus dieser Beobachtung haben mein Mann und ich unsere Konsequenzen gezogen. Und ob österreichische Politiker wirklich so verschlossen sind, will ich nicht beurteilen.

Zur Vollversion des Artikels