Frau Mag. Spiegel, würden Sie im Zuge Ihrer umfangreichen Studie
sagen, dass es Menschen gibt, die für eine Führungsposition „gemacht“
sind – oder kann sich jeder die Voraussetzungen aneignen? Monika
Spiegel: Absolut! In meiner wissenschaftlichen Arbeit habe ich
über Persönlichkeitsstrukturen von Führungskräften geschrieben. Es
gibt tatsächlich Menschen, die gewisse Voraussetzungen mitbringen,
erfolgreich zu sein.
Welche sind das konkret? Spiegel: Die erste Triebfeder ist
absolute Disziplin. Viele meiner Probanden waren bereits in jungen
Jahren sportlich sehr aktiv – und schon in diesem Bereich äußerst
ehrgeizig und diszipliniert. Fast alle hatten diesen – sagen wir
einmal – gewissen Ehrgeiz, anderes hinten anzustellen, wenn sie ein
gewisses Ziel vor Augen haben. Es gehört aber auch Narzissmus dazu,
sprich die Suche nach Bestätigung. Keine Scheu zu haben, gesehen zu
werden, ist ein wichtiges Kriterium im Führungsbereich. Ein dritter
Erfolgsfaktor ist ganz klar, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort
zu sein – und dann Ja zu einer Herausforderung zu sagen.
Überdimensionaler Ehrgeiz, Narzissmus... das klingt ja aus
psychotherapeutischer Sicht beinahe krankhaft... Spiegel:
(lacht) Nein, nicht unbedingt. Man muss ganz klar zwischen „normalem“
und pathologischem Narzissmus unterscheiden. Ein gewisser Hunger nach
Anerkennung und eine gesunde Portion Ehrgeiz müssen nicht immer etwas
Ungesundes sein.
Gibt es konkrete Unterschiede zwischen Männern und Frauen in
Führungspositionen? Spiegel: Ja, den gibt es. Es gibt
einen Typ von Frau, der sehr männlich orientiert ist und durch die
Tatsache, dass man es als Frau meist schwerer hat, sehr hart wirkt.
Aber ich habe auch einige Frauen getroffen, die auf beeindruckende Art
und Weise ein Unternehmen führen, aber trotzdem Frauen geblieben sind.
Fest steht: Frauen führen anders als Männer – emotionaler, weil Frauen
unter anderem von Kindheit an Gefühle zulassen dürfen.
In Ihrer Dissertation geht es vor allem um das nahe Umfeld von
Managern – stimmt es, dass hinter jedem mächtigen Mann eine starke
Frau steht? Spiegel: Ich würde sagen, es steht nicht nur eine
dahinter, sondern meistens gibt es zwei starke Frauen. Zum einen die
Partnerin, zum anderen die Assistentin, die das System aufrecht hält
und ihn rund um die Uhr unterstützt.
Sprich, das Klischee des Chefs, der ein Verhältnis mit der
Assistentin hat, stimmt also? Spiegel: Nein, gar nicht – es
geht meist gar nicht um eine Liebesbeziehung, sondern um ein
unglaubliches Vertrauensverhältnis, das natürlich zwischen Chef und
Assistentin für eine erfolgreiche Arbeit herrschen muss.
Sie arbeiten zurzeit an der Fertigstellung Ihrer Dissertation –
können Sie uns schon etwas über das konkrete Ergebnis verraten? Spiegel:
Nein, weil man das aus wissenschaftlicher Sicht niemals tut. Die
Studie ist noch nicht ausgewertet. Allerdings zeigen sich sehr
überraschende Tendenzen. Es wird eine populärwissenschaftliche
Publikation dazu geben...
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