Mein perfekter Tag

Ich selbst bin Herr über Licht und Finsternis

01.09.2009

Die Intensität, mit der ich meinen perfekten Tag erlebe, hängt zusammenmit dem Schwärzegrad eines vergangenen, rabenschwarzen Tages.

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Jeschwärzer, desto leuchtender und heller tritt nun das Licht inErscheinung.

Schon wochenlang fühle ich mich in meiner Einheit beeinträchtigt. Meine Dreifaltigkeit befindet sich auf Abwegen: Seele, Geist und Körper machen sich selbständig und klaffen auseinander, wobei letzterer bereits erste Symptome sendet.

Einige Monate schon hadere ich mit dem Leben: Haus, Mann Kinder ..ist das alles, was es zu bieten hat?
Meine Seele findet den Weg aus dem Unterbewusstsein ins Bewusstsein nicht mehr, mein Geist verkümmert im Stress des Alltags. Im Unfrieden mit mir selbst lege ich mich täglich ins Bett. Tag für Tag pulvere ich freie- weil selbst gewählte- Radikale in meinen Körper. Die Puffer können sie nicht mehr abfangen. Viel zu lange schon habe ich sie sträflich vernachlässigt, sie nicht aufgefüllt mit frischem Lebensgeist NEIN, ich habe ihnen sogar noch Energie entzogen, nach und nach, bis sie sich vollständig verflüchtigten.
Nun geht’s mir an den Kragen. Mein Körper rebelliert.
Feine Stiche in der linken Brust weisen darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Vehement setzen sie durch, dass ich einen Arzt konsultiere.

WIE KANN EIN TAG SO SCHWARZ SEIN. ES IST DOCH NOCH NICHT NACHT.

„Es tut mir leid, die Mammographie zeigt eindeutig einen positiven Befund. Das Karzinom misst in etwa fünf Zentimeter im Durchmesser und ist operabel. Bei der Operation wird sich herausstellen, ob es mit gesundem Gewebe verwachsen, oder ob es frei liegt. Ich weise sie darauf hin, dass es von Nöten sein könnte, eine Brust gänzlich zu entfernen.“

Finsternis tritt ein, die Nacht hat sich also doch durchgesetzt. Wo ist der Mond? Wo sind die Sterne?
In meinem Loch ist es schwarz, einheitlich und gleichmäßig, ein perfektes, tiefes Schwarz, weit weg von einem perfekten Tag.

Doch nach einigen Tagen schon dringen vereinzelt erste Lichtstrahlen ein:

„Meine Schwägerin hatte genau das gleiche Krankheitsbild. Der Knoten wurde entfernt und sie gilt bereits seit 8 Jahren als geheilt.“

„Meine Tante war bei einem Geistheiler. Er hat ihr alle negativen Gedanken genommen. Sie brauchte nicht einmal eine Operation.“

„Mama, fahren wir in Urlaub, wenn du wieder gesund bist?“
Weiße Lichter, Geistesblitze durchdringen meine Dunkelheit. Bestrahlungen, Chemotherapien und die Mediziner machen den Krebs zunichte; Ich selber töte ihn mit gleißenden, hellen Strahlen, mit Lebensfreude und Energie. Der Tumor kann im Hellen nicht überleben, er kann nur aus vollkommener Finsternis heraustreten. Sobald das Licht meine Dunkelheit überwiegt, habe ich gesiegt.

Die Krankenschwester reicht mir pink glasses. Ich schaue mir die Welt an, durch die rosarote Brille; sehe glitzernde Seen, in den Himmel ragende Bergspitzen, tiefgrüne Wälder, lachende Kinder, Schokolade
Als ich ihr die Brille zurückgebe meint sie nebenbei: „Ich würde mich freuen, wenn ich ihnen die pink ribbon anstecken dürfte, halten sie durch, sie schaffen das.“ Die rosarote Strahlung nimmt ihren Lauf, dringt in mein Innerstes ein. Sie lässt mich augenblicklich Frauenpower und Gemeinschaft spüren. Ich fühle mich nicht mehr so allein. Gemeinsam sind wir stärker. Das Böse hat keine Chance mehr.

MEIN PERFEKTER TAG
„Liebe Frau .Gott allein weiß, wie sie das geschafft haben. Die Befunde sind alle negativ. Sie gelten als vollständig gesund. Wenn sie erlauben, so möchte ich ihnen eine pink ribbon, eine Friedensschleife anstecken, als Zeichen dafür, dass sie es geschafft haben, mit ihrem Körper Frieden zu schließen.“
Geblendet von der Sonne und der rosaroten Sichtweise schließe ich für einen Moment die Augen. Jetzt habe ich das Spiel durchschaut: Ich selbst bin Herr über Licht und Finsternis.
NUR: pink glasses und pink ribbon erleichtern die Sache ungemein.

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