Am 26. Jänner wäre Jörg Haider 75 Jahre alt geworden. Seine Witwe Claudia Haider über sein Vermächtnis, Kickl, Kritiker – und ihr Leben zwischen Trauer und Fröhlichkeit.
Im Rahmen des ersten Jörg Haider-Symposiums auf Schloss Albeck ließ man letztes Wochenende die FPÖ-Ikone hochleben. MADONNA sprach mit seiner Witwe Claudia Haider (68) über ihr Leben nach ihrem Schicksalsschlag und darüber, warum eine neue Liebe für sie nicht in Frage kommt.

Die Witwe beim Jörg Haider-Symposium auf Schloss Albeck.
„Lass dich nicht zu weit hinunterfallen"
Am letzten Wochenende war der 75. Geburtstag Ihres 2008 verstorbenen Ehemannes. Mit welcher Emotion sind Sie in diesen Tag gegangen?
Claudia Haider: Die riesengroße Trauer und der überwältigende Schmerz, der am 11. Oktober 2008 so elementar in unser Leben gebrochen ist, hat sich in eine stille Trauer gewandelt – was aber auch heißt, dass mein Mann immer noch da ist. In unseren Gesprächen, unseren Gedanken, aber mit einem Lächeln. Auch wenn einen die Trauer ein ganzes Leben lang nicht verlässt, transformiert sie sich in die reine Liebe.
Wie konnten Sie diese elementare Trauer bewältigen – haben Sie sich Hilfe geholt?
HAIDER: Jörg Haiders Tod war ja eine Zeitenwende für mich – mein Leben teilt sich jetzt in ein Leben vor und nach seinem Tod. So ein Schicksalsereignis zieht dir den Boden unter den Füßen weg. Ich habe mir Hilfe geholt und mit einer Trauerbegleiterin gearbeitet und ich denke, das war sehr gut, um nicht ins ganz Bodenlose zu fallen. Man befindet sich ja ohnehin im freien Fall. Ein Freund gab mir den besten Rat, indem er sagte: „Lass dich nicht zu weit hinunterfallen, du musst den ganzen Weg wieder zurückgehen.“
Wie konnten Sie sich motivieren, diesen Weg zurück in ein – wie man sagt – normales Leben zu finden?
HAIDER: Es ist generell wichtig, am allgemeinen Leben teilzunehmen. Niemand ist eine Insel, man braucht Menschen, mit denen man sich austauscht. Das ist eine Gedankenhaltung von mir. Ich habe nun 16 Jahre Zeit gehabt, mich in das Leben als alleinstehende Frau einzunischen. Ganz zu Beginn konnte ich mit dem Herzen ja gar nicht realisieren, dass mein Mann nie mehr kommt. Als ich es dann realisiert habe, begann ich ganz, ganz langsam, mein Leben wieder aufzubauen. Um in Bildern zu sprechen: Von meinem emotionalen Haus standen nach dem Tod meines Mannes nicht einmal mehr die Grundmauern und ich fühlte mich dem Leben schutz- und hilflos ausgeliefert. Irgendwann habe ich begonnen, in einem Pappendeckelhaus zu wohnen, einige Zeit später wurde dieses zu einer Wellblechhütte, bis ich irgendwann wieder in einem gemauerten Raum lebte – und nach und nach mehr Räume dazukamen, wo ich mich langsam einrichtete. Mit diesem Bild konnte ich mir selbst sichtbar machen, wie es mir geht und wo ich stehe.

Claudia und Jörg Haider 2008 mit Franz Beckenbauer.
"Herbert Kickl ist anders als Jörg Haider"
Würden Sie heute sagen, dass Sie glücklich sind?
HAIDER: Ja, ich würde vor allem sagen: ich bin zufrieden. Ich habe mit meiner wunderbaren Familie, meinen zwei Töchtern, Schwiegersöhnen und fünf Enkelkindern, zauberhaften Freunden und einem guten sozialen Umfeld viele Glücksmomente. Ich habe auch viele Interessen, die mein Leben bereichern – ich gehe gerne in Ausstellungen und ins Theater, ich lese sehr viel, blase Jagdhorn, werke gerne und schreibe Briefe.
Sie haben an der Seite Ihres Mannes auch Anfeindungen erlebt – wie ist das heute?
HAIDER: Ganz ehrlich: auch in den härtesten politischen Zeiten, wurde ich selbst nie persönlich angefeindet. Wenn jemand bei mir über meinen Mann geschimpft hat, habe ich gesagt: Okay, aber bitte sage ihm das selbst. Ich lade dich gerne zu einem Abendessen bei uns ein. Und besonders nach dem Schicksalsschlag haben mich die Kärntner getragen.
Auf politischer Ebene ist nun das eingetreten, wovon Ihr Mann Zeit seines politischen Lebens geträumt hat – wie empfinden Sie die aktuelle Situation?
HAIDER: Ich bin sehr zufrieden damit. Auf dem Grundstein, den mein Mann mit sehr viel Mühe gelegt hat, wurde weitergebaut – und wie man sieht, hat dieser Weg auch zum Erfolg geführt.
Wird alles so gemacht, wie es Ihr Mann gewollt hätte?
HAIDER: Das ist eine obsolete Frage, es liegen 16 Jahre dazwischen. Die Welt hat sich geändert und man passt sich den neuen Gegebenheiten an. Aber auf sozialen Medien kann man verfolgen, dass es Interviews oder Reden von meinem Mann gibt, die auch vorgestern hätten stattfinden können. Er war sehr visionär und hat weit vorausgeschaut. Natürlich muss sich aber die Politik den aktuellen Gegebenheiten anpassen.
Wie haben Sie die Entwicklung von Herbert Kickl, den Sie ja schon sehr lange kennen, erlebt?
HAIDER: Er ist anders als Jörg Haider, aber das ist kein Wunder – es gibt 8 Milliarden Menschen und jeder ist ein Unikat. Er war schon zu Jörg Haiders Zeiten ein sehr begabter Mitarbeiter. Ich kenne ihn als sehr gebildeten und intellektuellen Menschen. Was ich bewundere, ist, welch hohe Toleranz- und Schmerzgrenze er gegen persönliche Angriffe entwickelt.
Ist Herbert Kickl härter im Nehmen als es Jörg Haider war?
HAIDER: Das kann ich Ihnen nicht sagen, denn ich lebe nicht mit Herbert Kickl. (lacht)
Verstehen Sie, dass Menschen Angst vor dem Rechtsruck haben?
HAIDER: Mit dieser Angst musste sich auch mein Mann stets beschäftigen. Veränderung ist immer für manche angstbesetzt – wobei ich mit den Begriffen links und rechts so wenig anfangen kann. Mein Mann ist in der Sozialpolitik sehr weit links gestanden, weil ihm der Mensch wichtig war. Man muss die Dinge differenzierter betrachten. Aber warum sollte ich in einer Demokratie Angst haben – wir haben viele Entscheidungsebenen. Wir leben ja nicht in einer Diktatur.
Viele haben aber Angst davor, dass sich eine solche entwickelt…
HAIDER: Dafür braucht es ganz andere Voraussetzungen. Diese Sorge verstehe ich nicht.

"Beziehungsmäßig bin ich in einem Rolls Royce gefahren... "
Ist es für Sie denkbar, Ihr Herz noch einmal für einen anderen Mann zu öffnen?
HAIDER: Auch hier habe ich ein Bild, das meine Antwort skizzieren kann: Beziehungsmäßig bin ich mit einem Rolls Royce gefahren – mein Mann war ein ausgesprochen fürsorglicher, liebenswerter, mich schätzender, respektierender Partner. Nun in einem – bildlich gesprochenen – Mittelklassewagen zu fahren, würde ich nicht wollen. Da fahre ich lieber allein mit meinem Radl durch die Gegend. Ich hatte in unserer Beziehung alles, was man sich als Frau wünschen kann, daher bleibt da auch keinerlei Sehnsucht nach irgendeiner Facette, die nicht abgedeckt war, offen.
Sie haben in einer Woche Geburtstag. Was wünschen Sie sich?HAIDER: Als junge Frau habe ich mir ein Altwerden mit meinem Mann gewünscht und ich glaube, wir wären sehr gut gemeinsam alt geworden. Aber das Schicksal entschied anders. Was ich auch immer wollte, war, eine humorvolle, fröhliche Alte zu werden. Und daran arbeite ich – und dieser Weg sollte fortgesetzt werden. Mein Mann wollte immer, dass es mir gut geht und ich denke, ich ehre ihn am meisten, indem ich ein erfülltes Leben führe.