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Johanna Mikl-Leitner im Talk über die turbulente Zeit nach den Unwettern

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Sechs Wochen nach den verheerenden Unwettern in Niederösterreich ist die Katastrophe für viele immer noch nicht vorbei. Die Landeshauptfrau über Szenen, die sie nie mehr vergessen wird, und Mut, den sie zusprechen will.

Die Katastrophe ist für viele noch lange nicht vorbei – und die Querelen um die von der EU zugesicherten 500 Millionen Euro für Entschädigungszahlungen für vom schrecklichen Hochwasser Mitte September Betroffene machen Sorgen und Ängste nur noch größer. Diese seien jedoch keineswegs in Frage zu stellen, wie Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (60) im MADONNA-Interview über die Tage, die auch sie nie mehr vergessen wird, versichert.

Sie haben eine sehr anstrengende Zeit hinter sich. Was war denn in diesen vergangenen, turbulenten Wochen die größte Herausforderung für Sie selbst?
Johanna Mikl-Leitner:
Das war natürlich das Hochwasser, das uns in Niederösterreich massiv getroffen hat. Ich war sehr viel unterwegs in den betroffenen Gemeinden und bei vielen Familien vor Ort, bin von Haus zu Haus gegangen. Hinter jeder Familie steckt ein Schicksal. Frauen mit Kindern im Schlamm stehend. Man nimmt sich in die Arme und versucht, den Menschen Mut und Zuspruch zu geben. Es gab viele sehr berührende Begegnungen, die ich nie vergessen werde. Es war mir wichtig, da zu sein – aber es war mir vor allem auch wichtig, die Betroffenen rasch finanziell zu unterstützen. Dazu leistet die finanzielle Unterstützung der EU, die Bundeskanzler Nehammer erreicht hat, einen wichtigen Beitrag. Der nicht in Frage zu stellen ist. Niederösterreicher hilft immer, wenn andere in Not sind. Nun ist es umgekehrt. Und die 500 Millionen Euro machen es möglich, die Ersatzrate der Entschädigungszahlungen von 20 auf 50 Prozent zu erhöhen. Ich weiß zwar, dass das nicht alle Probleme löst, aber diese Hilfen geben vielen Betroffenen wieder eine Perspektive.

Die Landeshauptfrau und Ministerin Klaudia Tanner im Gespräch mit den Einsatzkräften. „Man versucht, den Menschen Mut und Zuspruch zu geben.“

Die Landeshauptfrau und Ministerin Klaudia Tanner im Gespräch mit den Einsatzkräften. „Man versucht, den Menschen Mut und Zuspruch zu geben.“

© APA/BUNDESKANZLERAMT/ANDY WENZEL, NLK/Burchhart
× Die Landeshauptfrau und Ministerin Klaudia Tanner im Gespräch mit den Einsatzkräften. „Man versucht, den Menschen Mut und Zuspruch zu geben.“

Politikern wird oft vorgeworfen, in derlei Katastrophengebieten Wahlkampf zu betreiben und sich in den dramatisch betroffenen Gebieten deshalb auch fotografieren zu lassen. Wie wichtig ist es tatsächlich, als Politiker bei den Opfern vor Ort zu sein?
Mikl-Leitner:
Ich verstehe meine Aufgabe als Landeshauptfrau nicht darin, nur bei fröhlichen Anlässen bei den Menschen vor Ort zu sein, sondern vor allem auch dann, wenn die Not groß ist. Gerade in den schwierigen Stunden ist es mir wichtig, meinen Landsleuten zur Seite zu stehen. Die echten Sorgen und Ängste werden einem nicht ins Büro getragen, man spürt und erfährt sie direkt bei und mit den Betroffenen. Wer sich abkapselt, verliert den Bezug zu den Menschen und der echten Welt.

Waren Sie selbst oder Ihre Familie auch vom Hochwasser betroffen?
Mikl-Leitner:
Zum Glück nicht, aber viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Tag und Nacht als Katastrophenmanager unterwegs waren und auch viele Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren waren selbst schwer betroffen. Trotzdem haben sie selbstlos ihre Aufgabe perfekt erfüllt und waren an der Seite der Menschen. Dafür gebührt ihnen unser allergrößter Respekt. Das sind wahre Helden!

Würden Sie sagen, der Katastrophenschutz hat perfekt funktioniert – oder ist man durchaus an Grenzen gestoßen, die auch für Angst vor künftigen Geschehnissen dieser Art sorgen?
Mikl-Leitner:
Die Experten sind der Meinung, dass uns der Hochwasserschutz, der in den letzten Jahren um 1,6 Milliarden Euro ausgebaut worden ist, vor noch Schlimmerem bewahrt hat, schließlich hat der Hochwasserschutz entlang der March, der Donau und des Kamps gehalten. Aber klar ist – und deshalb habe ich auch eine Analyse in Auftrag gegeben – es sind auch Dämme gebrochen. Nun muss man sich genau anschauen, wo und wie man hier nachjustieren muss. Die Experten werden ihre Analyse vorlegen und wir werden dementsprechende Maßnahmen treffen.

Johanna Mikl-Leitner und Karl Nehammer am 15. September im Hochwassergebiet. Der Kanzler erwirkte finanzielle Unterstützung der EU, über die nun diskutiert wurde. 

Johanna Mikl-Leitner und Karl Nehammer am 15. September im Hochwassergebiet. Der Kanzler erwirkte finanzielle Unterstützung der EU, über die nun diskutiert wurde. 

© APA/BUNDESKANZLERAMT/ANDY WENZEL, NLK/Burchhart
× Johanna Mikl-Leitner und Karl Nehammer am 15. September im Hochwassergebiet. Der Kanzler erwirkte finanzielle Unterstützung der EU, über die nun diskutiert wurde. 

Wie groß ist Ihre Angst, dass so etwas – durch den Klimawandel vielleicht schon in geraumer Zeit – wieder passiert?
Mikl-Leitner:
Der Klimawandel bringt sicherlich zusätzliche Herausforderungen – aber Angst ist ein schlechter Begleiter. Wir müssen uns die Frage stellen: Welche Maßnahmen sind wichtig und notwendig, um die Menschen bei der nächsten Katastrophe noch besser zu schützen? Einen hundertprozentigen Schutz und eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber leider nie. Bei dieser Katastrophe sprechen viele von einer Ausnahmesituation von einer historischen Dimension, wie sie Teile dieses Landes noch nie erlebt haben. Wir werden in den kommenden Jahren jedenfalls eine weitere Milliarde in den Hochwasserschutz investieren.

Nun ist diese Katastrophe größtenteils wieder aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt – vor allem bei jenen, die nicht betroffen sind. Es gibt jedoch eine Vielzahl an Menschen, die immer noch unter Wasser stehen, weil auch der Grundwasserpegel nicht sinkt...
Mikl-Leitner:
Dieses Gefühl der Verzweiflung kann ich verstehen. Die Beseitigung der Schäden wird leider noch länger dauern und wir haben derzeit das Problem des Phänomens, dass bei vielen nun das Grundwasser eintritt. Und auch die Wiederaufbauarbeiten der Infrastruktur dürfen nicht vergessen werden. Überschwemmte Kindergärten, Pflegeheime, Feuerwehrstationen, Hangrutschungen, kaputte Straßen... es ist leider noch lange nicht vorbei.

Nun ist das brisante Hochwasserthema nicht das einzige, das Sie derzeit beschäftigt. Es gibt viele Baustellen... ist Ihnen das nicht manchmal alles zu viel?
Mikl-Leitner:
Im Gegenteil. Deshalb bin ich in die Politik gegangen, weil ich meinen Beitrag leisten will, dass es unseren Landesleuten besser geht. Und diesem Ziel widme ich mich mit voller Kraft. Neben vielen anderen Themen fokussieren wir uns derzeit auch auf unseren Aktionsplan gegen den radikalen Islam. Nicht zuletzt die Nationalratswahlen haben gezeigt, dass die Menschen Sorgen haben, als Gesellschaft unsere Identität zu verlieren und sich vor allem Frauen Sorgen um die Gleichberechtigung und ihre Sicherheit machen. Deshalb ist es mir wichtig, hier konkrete politische Maßnahmen zu setzen.

Ihr Ziel sei es, einen Beitrag zu leisten, dass es den Menschen in Niederösterreich besser geht. „Deshalb bin ich in die Politik gegangen“, so Johanna Mikl-Leitner, seit 2017 Landeshauptfrau.

Ihr Ziel sei es, einen Beitrag zu leisten, dass es den Menschen in Niederösterreich besser geht. „Deshalb bin ich in die Politik gegangen“, so Johanna Mikl-Leitner, seit 2017 Landeshauptfrau.

© APA/BUNDESKANZLERAMT/ANDY WENZEL, NLK/Burchhart
× Ihr Ziel sei es, einen Beitrag zu leisten, dass es den Menschen in Niederösterreich besser geht. „Deshalb bin ich in die Politik gegangen“, so Johanna Mikl-Leitner, seit 2017 Landeshauptfrau.

Sie sind selbst Mutter zweier Töchter...
Mikl-Leitner:
Richtig – ich bin nicht nur Politikerin, sondern auch eine Mutter, die will, dass ihre Kinder weiterhin in einer offenen, liberalen Gesellschaft leben. Es kann nicht sein, dass der politische Islam zusehends Einfluss auf unsere gesellschaftliche Ordnung nimmt und beginnt die Gleichberechtigung von Mann und Frau scheibchenweise auszuhöhlen. Darum muss hier bereits in den Schulen angesetzt werden, denn dort lernen unsere Kinder – und damit auch deren Eltern –, wie wir in unserer Gemeinschaft friedlich und wertschätzend miteinander umgehen.

Stichwort „friedlich miteinander umgehen“ – würden Sie sich auch einen friedlicheren Umgang in der Politik wünschen?

Mikl-Leitner: Ich glaube, wir haben so viele Herausforderungen in Österreich, dass man allen nur dazu raten kann, diese Aufgaben im Miteinander anzupacken. Ich denke, es braucht auf allen Seiten weniger Ideologie und mehr Vernunft und Hausverstand. Dann ließe sich vieles leichter lösen.

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