''Werde keine Ruhe geben''
Lucas Vater fordert Gerechtigkeit
31.08.2009Fall Luca. In der Vorwoche wurde die Anklage im „Fall Luca“ fertig. Im Interview spricht Lucas Vater darüber, welche Erwartungen er vom Prozess hat.
(c) Georg FallyEgal, zu welchem Urteil das Gericht kommt, die Strafe ist zu gering.“ Bewegende Worte von Bernhard Haaser, dem leiblichen Vater des mutmaßlich zu Tode missbrauchten kleinen Luca, die emotional nachvollziehbar sind. Auch wenn in der Vorwoche die Anklage gegen den mutmaßlichen Täter und Lebensgefährten von Lucas Mutter, Fritz D., fertig wurde und im September der Prozess startet, hat Haaser den Glauben an die Behörden verloren. Verständlich. Zu viele Pannen sind im Fall des gequälten Buben passiert, der von seinem Peiniger nicht nur zu Tode gequält, sondern auch sexuell missbraucht wurde (MADONNA berichtete). Am 3. November 2007 war Lucas Martyrium zu Ende, er starb an seinen schweren Verletzung (ausgelöst auch durch eine Vergewaltigung). Luca wurde nur 17 Monate alt. „Ich werde nicht ruhen, bis alle Beteiligten ihre Strafen bekommen“, kündigt Lucas Vater im berührenden MADONNA-Interview an.
Herr Haaser, endlich gibt es einen Gerichtstermin. Geht es Ihnen und Ihren Töchtern jetzt besser?
Bernhard Haaser: Der kleinen Emina geht es nicht so gut. Sie wird im August fünf Jahre alt und begreift schon, dass Luca nie wieder kommen wird. Sie spricht viel über ihn. Immer wieder sagt sie: ‚Dieses Leiberl hat dem Luca gehört, das müssen wir ihm bringen.' Ich kann immer noch nicht fassen, was passiert ist. Es ist einfach zu schrecklich.
Kann sich Emina vorstellen, was tot sein bedeutet?
Haaser: Ich glaube nicht, dass sie es realisiert. Sie sagt zum Beispiel oft, sie möchte dem Luca ein Bussi geben. Emina glaubt, dass, wenn sie tot wäre, sie ihm ein Bussi geben könnte. Ich verbiete ihr solche Sätze, aber Emina meint dann: ‚Ich wäre eh nur kurz tot.'
Werden die Kinder noch oft mit dem Tod Lucas konfrontiert?
Haaser: Die Kinder in der Umgebung reden viel davon. Sie sagen zu meinen Töchtern, die Mama vom Luca hat euren Bruder getötet.
Was sagen Ihre Töchter dazu?
Haaser: Nichts sagen sie, denn auch sie glauben, dass die Mama vom Luca am Tod schuld ist. Meine neunjährige Tochter Adriana hat, als sie das Foto mit Lucas blauen Oberarmen gesehen hat, gleich gesagt: ‚Das war die Melanie, die hat das bei mir auch gemacht. Sie hat mich auch so festgehalten. Das hat weh getan.'
Haben Sie das auch gesehen?
Haaser: Ja, sicher habe ich das gesehen. Auch meine Mutter hat Melanie mehrmals gebeten, die Kinder nicht so grob anzufassen. Man hat sogar die Fingerabdrücke gesehen. Und ich habe auch mitbekommen, wie sie die Kinder geschlagen hat.
Luca war ja auch in der Obhut von Ihnen. Ist Ihnen nichts aufgefallen?
Haaser: Von den Brüchen habe ich erst nach dem Tod Lucas erfahren. Ich wusste nie, dass er zum Beispiel eine gebrochene Hand hatte, denn das ist in Niederösterreich passiert. Den blauen Hintern habe ich gesehen, damals war er in der Klinik. Ich habe zu diesem Zeitpunkt auch das Jugendamt informiert und inständig gebeten, etwas zu unternehmen. Aber wie man weiß, haben die leider nichts getan. Die Beamten haben sogar die Fotos gesehen. Trotzdem hat niemand gehandelt.
Die Verletzungen am After des Kleinen müssen Sie doch auch gesehen haben?
Haaser: Darauf habe ich auch aufmerksam gemacht. In der Klinik hat mir ein Arzt anvertraut, dass Luca sogar im Afterbereich blau ist. Diese Verletzung kann man mit Schlägen nicht erklären. Gegenüber den Medien habe ich erwähnt, dass sogar sexueller Missbrauch vorliegen könnte. Aber keiner hat reagiert.
Wie oft haben Sie Ihren Sohn Luca gesehen?
Haaser: Er war von Ende August bis Anfang Oktober mindestens viermal in der Woche bei mir. Melanie hat Luca bei mir abgeladen und ist mit ihrem Sohn Rafael nach Niederösterreich gefahren. In dieser Zeit hat sich Luca nicht ungeschickt angestellt. Deswegen kann ich nicht glauben, was der mutmaßliche Täter bei der Verhaftung angegeben hat – Luca ist ein patscherter Bub und sei hingefallen. Das war immer seine Ausrede, wenn Luca blaue Flecken hatte.
Glauben Sie, dass Lucas Mutter Melanie gewusst hat, dass er sexuell missbraucht wurde?
Haaser: Ihr traue ich alles zu. Der Luca ist den beiden nur im Weg gestanden. Die wollten den Buben nicht. Sie ist ein eiskalter Mensch.
Warum haben Sie nicht lauter Alarm geschlagen?
Haaser: Ich habe laut gebrüllt, aber man wollte mich nicht hören. Ich habe mich dem Jugendamt und den Krankenhäusern anvertraut. Und gehofft, dass sie etwas unternehmen. Ich wurde immer nur mit den Worten vertröstet ‚Wir sind dran, wir machen etwas.' Aber geschehen ist nichts. Melanie hatte laut Bescheid bis Ende Oktober kein Recht, mit dem Kind nach Niederösterreich zu fahren. Dennoch ist sie mit Wissen des Jugendamtes Schwaz schon Anfang Oktober mit Luca nach Niederösterreich gefahren. Das Jugendamt selbst hat mich darüber informiert. Ich rate jedem, der Probleme hat, zur Staatsanwaltschaft zu gehen.
Warum sind Sie so sicher, dass das Jugendamt dermaßen viele Fehler gemacht hat?
Haaser: Wenn ich vergleiche, was sie offiziell angeben und was sie tatsächlich getan haben, komme ich zu dem Schluss: Die haben mich nur angelogen. Das Jugendamt hat nichts gemacht. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes in Niederösterreich hat einem Bekannten von mir erzählt, dass sie viele Fälle kennen, wo Missbrauch, auch sexueller Art, in der Familie vorliegt. Aber das sei noch lange kein Grund, die Kinder aus der Familie zu nehmen.
Da frage ich mich, welchen Grund sollte es sonst geben?
Welches Urteil erwarten Sie sich vom Prozess?
Haaser: Egal, welches Urteil es geben wird, es ist zu gering. Ich werde nicht ruhen, bis alle ihre Strafe bekommen. Das betrifft auch jene Menschen, die weggeschaut haben und die geschwiegen haben. Vor
Gericht müssen sie reden.