Schicksalsschläge

Missbrauch, Hass & Co.: So kämpfte sich Simone Biles an die Spitze zurück

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Olympionikin Simone Biles turnte sich zur höchstdekorierten US-Turnerin aller Zeiten – und feiert damit nach einer schweren Kindheit, sexuellem Missbrauch und Hater-Angriffen einen ganz persönlichen Sieg. 

„Die Hater sind nun still, das ist schon seltsam!“, lacht Simone Biles und greift immer wieder zu dem funkelnden Stück an ihrem Hals. Nein, nicht die dritte Goldmedaille, die die 27-Jährige letzte Woche bei den Olympischen Spielen in Paris gewann, ist gemeint, sondern vielmehr die kleine mit Diamanten besetzte Ziege, die auch am Hals der nunmehr erfolgreichsten US-Turnerin aller Zeiten baumelt.

Simone Biles jubelt über Medaillenrekord

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© Getty Images
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GOAT, das englische Wort für Ziege, das auch für „Greatest of All Time“ steht, wurde zum Credo vom Simone Biles. Weshalb die Spitzensportlerin den mit 546 Diamanten besetzten Anhänger wohl auch bei Janet Heller Fine Jewelry anfertigen ließ und bei der Siegerehrung ebenso stolz trug wie ihre inzwischen 38. (!) Medaille. „Es ist eine kleine Ode, viele Leute lieben es. Sie nennen mich immer ‚GOAT‘, also dachte ich, es wäre etwas ganz Besonderes, wenn ich eine anfertigen lassen würde“, erklärt die Olympia-Siegerin. „Die Hater hassen es, aber ich mag das noch mehr...“

Simone polarisiert

Natürlich sind es auch die Siege, die Simone Biles mit atemberaubenden Sprüngen und unvergleichlicher Akrobatik einholte, die die Turnerin glücklich machen. Was ihr aber noch mehr bedeutet, ist der Sieg über all jene Menschen, die ihr – vor allem im Netz – seit Jahren Hass entgegenbringen. Ihre Hautfarbe, ihre Haare, ihre Leistungen – alles wurde und wird bewertet. Dass Biles dazu nicht schweigt, sondern sich immer wieder offen gegen Rassismus und Frauenfeindlichkeit ausspricht, tut sein Übriges.

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Doch mit den Härten des Lebens umzugehen und sich nicht unterkriegen zu lassen, ist Simone Biles zweite Königsdisziplin. Als eines von vier Kindern einer drogen- und alkoholsüchtigen Mutter lernte die in Ohio geborene Turnerin schon früh, auf eigenen Beinen zu stehen. Ihr außergewöhnliches Talent, das von einer Lehrerin erkannt wurde, als Simone sechs Jahre alt war, ermöglichte Biles schließlich – im Wortsinn – den Sprung in eine andere Welt.

Simone Biles wird Opfer von sexuellem Missbrauch

Mit harten Bandagen hatte sie allerdings auch im Spitzensport zu kämpfen. Dem Leistungsdruck und brutalen Wettkampf stets standhaltend, gewann die 1, 42 Meter „kleine, größte Turnerin“, wie sie heute bezeichnet wird, Dutzende Medaillen – darunter viermal Gold bei ihren ersten Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro, wo sie zum US-Superstar avancierte. Was der Sportlerin hinter den Kulissen widerfahren ist, ahnt zu diesem Zeitpunkt noch niemand.

Das schockierende Outing, das ihr Leben und auch den Verlauf ihrer Karriere verändern sollte, folgte 2018: Die #MeToo-Bewegung ermutigt Simone Biles dazu, erstmals öffentlich über den sexuellen Missbrauch, der ihr selbst widerfahren ist, zu sprechen. Der ehemalige Teamarzt Larry Nassar hatte über 250 Mädchen und Frauen unter dem Vorwand, medizinische Untersuchung vorzunehmen, missbraucht – und wurde schließlich zu 40 bis 175 Jahren Haft verurteilt. Biles ist eine von sieben Olympia-Teilnehmerinnen des US-Turnerinnen-Teams, die ihr Schweigen brachen.

Sie kämpfte sie sich an die Spitze zurück

Ein Outing mit Folgen sollte es jedoch sein, denn Biles kann dem Druck der Öffentlichkeit, der Diskrepanz zwischen den Erfolgen und der Aufarbeitung des Erlebten nicht mehr standhalten. Nach der WM 2019 legt sie eine eineinhalbjährige Wettkampfpause ein – ihr Comeback bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 bricht sie aus mentalen Gründen ab. „Uns ist früh beigebracht worden, unsere Gefühle zu unterdrücken, denn wenn du zu emotional bist, ist deine Leistung weniger gut“, erklärt Biles später in einem Interview, warum ihr die Emotionen nach dem Outing derart zusetzten.

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Sie wäre nicht GOAT, hätte sie sich nicht wieder an die Spitze zurückgekämpft – auch dank der Unterstützung ihrer großen Liebe, Football-Spieler Jonathan Owens (29), den sie über eine Dating-App 2020 kennenlernte. „Ich hatte damals keine Ahnung, wer sie ist“, gibt Owens zu. Im letzten Jahr heiratete er seine Simone – weil sie für ihn die Größte aller Zeiten ist, egal ob mit oder ohne Medaillen.

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