Model trifft Emanze - Der Frauentalk

Nachhilfe in Feminismus

01.09.2009

Angelika Hager vs. Christine Reiler. MADONNA bat die Top-Journalistin und die amtierende „Miss Austria“ anlässlich des Weltfrauentages zum „Emanzen“-Talk.

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Duell zweier Frauen, die nicht unterschiedlicher sein könnten: Angelika Hager (45), profil-Journalistin, „Polly Adler“-Erfinderin (ORF-Serienstart am 15. 3.), Alleinerzieherin und Feministin aus Überzeugung. Und Christine Reiler (25), amtierende Miss Austria, Medizin-Studentin, Ex-Dancing Star und Frau an der Seite des Schwimmstars Markus Rogan. Was dabei raus kommt? Der ungewöhnlichste Talk anlässlich des Weltfrauentages.

Welche Bedeutung hat für Sie der Weltfrauentag?

Angelika Hager:
Also ich finde den Namen für diesen Tag furchtbar. Das hat so was von einem Behindertenbonus. „Weltfrauentag“ – das klingt nach einem Artenschutzprogramm. Natürlich lehrt uns die gesellschaftliche Realität täglich, dass die Notwendigkeit eines solchen Tages weiter besteht, aber es hat trotzdem für mich etwas Beklemmendes.

Christine Reiler: Gibt es auch einen Weltmännertag?

Hager: Nein, eben nicht!

Wo steht denn die Frau 2008?


Hager: Ich denke, dass der Staat noch immer in seiner Bemühung um Gleichstellung von Frauen und Männern gehörig auslässt. Aber die Frauen sind auch viel zu elegant und reißen alles an sich. Wir glauben immer, wir schaffen das schon alles und dann hängen uns die Zungen wie ein roter Wollschal zu Boden. Ich kann mich erinnern: Als ich mit meiner Tochter in den Wehen lag, hab ich noch einen Artikel fertig getippt. Schön blöd! Wir müssen etwas von den Männern verlangen. Keiner gibt Privilegien freiwillig ab.

Reiler: Aber solange Männer in Karenz belächelt werden, wird das nichts. Wer will schon als Luschi gelten?

Viele junge Frauen wählen daher wieder den „traditionellen“ Weg und bleiben zu Hause bei den Kindern ...


Reiler: Ich persönlich kann mir das nicht vorstellen. Auf der anderen Seite finde ich es schon schade, dass die Familie sehr an Stellenwert verliert. Deshalb will ich, wenn ich dann Kinder habe, schon ordentlich für sie da sein können. Und ich habe immer gesagt: wenn Kinder, dann gleich drei, vier oder gar keines.

Hager: Na warte einmal ab, bis das erste da ist! (lacht)

Reiler: (lachend) Ja, da bin ich wahrscheinlich ein wenig romantisch. Wahrscheinlich, weil wir auch drei Kinder waren. Meine Mutter war allerdings zu Hause – das war für uns Kinder schon sehr schön.

Aber wie wollen Sie das managen – Job und drei Kinder?


Hager: Da muss halt der Markus in Karenz gehen und im Planschbecken zu Hause schwimmen (lacht).

Reiler: Er weiß schon, dass wir uns die Aufgaben teilen müssten und er sagt auch immer, dass er es tun würde. Ob das dann wirklich so ist, wird man dann sehen (lacht).

Frau Reiler, Sie haben einmal in einer Sendung gesagt, dass das Wort Emanzipation einen negativen Touch hat. Wieso?

Reiler:
Weil Emanzipation oft danach klingt, dass man nicht weiblich sein, nicht gerne kochen, und keine Röcke tragen darf. Und nur über Männer herzieht.

Hager: Das sind aber sehr hinterwäldlerische Ansichten über Emanzipation.

Aber Frau Reiler ist sicher nicht die einzige Frau ihrer Generation, die das so sieht.


Hager: Ja, auch ich bin in den Achtzigern in die Klischeefalle getappt, à la: Wer braucht denn diese radikalen Schreckschrauben inklusive ihrem Männerhass? Aber dann habe ich gesehen und verstanden, aus welchem gesellschaftspolitischen Kontext diese Frauen gehandelt haben: Ein Eherecht, das noch aus dem Jahr 1811 stammt, der Kampf um die Fristenlösung und die Scheidungsreform – all das waren berechtigte Gründe, dass sie damals so radikal agierten.

Reiler: Es gibt ja viele feministische Ausrichtungen. Darunter auch sehr extreme, mit denen ich mich nicht anfreunden kann. Denn Mann und Frau sind nicht gleich. Das heißt aber nicht, dass ich nicht für Frauenrechte bin. Aber bei vielen Frauen meiner Generation entsteht der Eindruck, dass Emanzipation heißt, dass man sich nicht als Frau sieht, sondern ein Mann sein will.

Hager: Das ist aber ein großer Irrglaube! Die Beauvoir war zum Beispiel eine wunderschöne Frau. Aber zugegeben: In der Generation nach Alice Schwarzer und Johanna Dohnal gibt es leider kaum schillernde, charismatische Feministinnen mehr.

Frau Hager, neben Ihnen sitzt ja die amtierende Miss Austria – ist Frau Reiler für Sie die absolute Parade-Anti-Emanze?

Hager:
Nein, nicht unbedingt: Die Welt ist ein großer Zoo und es gibt verschiedene Arten von Selbstverwirklichung. Ich denke mir halt nur manchmal, wie geht es den Mädchen vor diesen geifernden Altherren, die Noten verteilen?

Reiler: Mir ging es gut dabei. Für mich ist das, als würde ich im Bikini durchs Schwimmbad gehen. Mehr nicht.

Hager: Schönheit ist natürlich auch Macht und auch eine gewisse Währung. Solange du nicht in der Unterwerfungs­situation bist, ist das ja okay.

Reiler: Es gibt ja auch absolute Grenzen für mich. Ich würde zum Beispiel nie ein Playboy-Shooting machen.

Hager: Also wirst du auch keine Mausi-Lugner-Strecke machen? (lacht herzhaft)

Reiler: (lacht) Nein, sicher nicht! Es war ja auch nie mein großes Ziel, Miss Austria zu werden. Das kam spontan zustande. Und ich sehe keinen Widerspruch zwischen Optik und Intelligenz.

Hager: Keine Frage, das ist sicher ein blödes Klischee, das schöne Frauen zwangsweise deppert sind.

Wenn Sie sich in zehn Jahren am 8. März treffen würden – was würden Sie sich wünschen, über die Perspektive für Frauen sagen zu können?

Reiler: Dass ich mir all meine Wünsche verwirklichen kann – Kinder, Beruf, Karriere, ohne irgendwelche Abstriche.

Hager: Ich wünsche mir, dass ich dann bis 19.30 Uhr als Mensch gelte – und nach 19.30 Uhr wie eine Frau behandelt werde. (lacht)

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