Hinter den Kulissen

ORF-Regisseurin Heidi Haschek über ihren Abschied vom Opernball

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Über 1,5 Millionen Menschen werden am 27. Februar den Opernball  im Fernsehen mitverfolgen. Ihre Dernière als Dirigentin im ORF-Übertragungswagen feiert Star-Regisseurin Heidelinde Haschek. Das Interview über Ballfieber & ihre Abschiedsvorstellung.   

An großen Theatern wollte sie ursprünglich Regie führen – in einer sehr kulturaffinen Familie aufgewachsen, dachte Heidelinde Haschek zunächst nicht an eine Karriere beim Fernsehen. Ein Studentenjob beim ORF und eine zu schlecht bezahlte Stelle am Volkstheater sollten ihren beruflichen Weg, zunächst als Regieassistentin von Kurt Pongratz, ebnen – und Heidi, wie man sie in der Branche nennt, zu einer der ersten Frauen am Regiepult avancieren lassen.

Haschek war österreich- und deutschlandweit die erste Frau am Regiepult. 

Haschek war österreich- und deutschlandweit die erste Frau am Regiepult. 

© Chris Singer
× Haschek war österreich- und deutschlandweit die erste Frau am Regiepult. 

Sie dirigiert allein eine 100-köpfige Mannschaft

Seit 1999 zeichnet die inzwischen 64-Jährige für die Übertragung des Wiener Opernballs als alljährliches TV-Spektakel verantwortlich. Nach 26 Jahren sitzt die Mutter einer 40-jährigen Tochter und zweifache Großmutter zum letzten Mal im großen Übertragungswagen vor dem Haus am Ring und dirigiert eine rund 100-köpfige Mannschaft. Im Ballkleid – und aufgeregt wie einst bei ihrem Debüt.

Der Countdown läuft – wie kann man sich wenige Tage vor dem Opernball Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
Heidi Haschek: Naja, die Tage alleine sind es ja nicht. (lacht) Wir beginnen schon sehr viel früher mit den Vorbereitungen – vor allem mit der Abstimmung der ORF-Technik mit der Oper. Bereits im September, Oktober starten die Vorgespräche, welche Neuerungen es geben wird, was wir besonders inszenieren sollten – und mindestens ein Monat vor dem Ball müssen wir beginnen, die Kamerapositionen festzulegen, das Licht, die Funkverbindungen müssen gecheckt werden, damit dann auch alles klappt. Schließlich sind wir mit insgesamt 21 Kameras unterwegs – die ständig die Locations am Ball wechseln. Die Logistik ist enorm.

Im Fernsehen sieht das alles immer recht einfach aus. Wie kann man sich die Stimmung hinter den Kulissen vorstellen?
Haschek: Dort, wo die Zuseher:innen eine Moderatorin oder einen Moderator im Gespräch mit Gästen sehen, stehen hinter der Kamera circa zehn Personen: Licht, Ton, Aufnahmeleitung, Redaktion, Maske... all das wird benötigt, damit alles perfekt aussieht. Und ich sitze im Ü-Wagen und spiele mit den vielen Bildern, die mir angeboten werden, Klavier, wie ich immer sage. Es ist wirklich stressig und aufwendig – aber es macht auch riesengroßen Spaß.

Seit 1999 führt Heidi Haschek Regie bei der ORF-Opernball-Übertragung.

Seit 1999 führt Heidi Haschek Regie bei der ORF-Opernball-Übertragung.

© Thomas Jantzen/ORF
× Seit 1999 führt Heidi Haschek Regie bei der ORF-Opernball-Übertragung.

"Tag und Nacht im Einsatz..."

Eine unfassbare Koordinationsaufgabe, die Sie seit 1999 als Regisseurin bewältigen. Sind Sie immer noch aufgeregt?
Haschek: Immer! Ich bin vor jeder Live-Sendung aufgeregt. Live is live – was draußen ist, ist draußen. Und es können einfach immer unvorhergesehene Dinge passieren. Da musst du dann in Hundertstel Sekunden Entscheidungen treffen und improvisieren.

1999 war Ihr erster Opernball...
Haschek: Nein, der war eigentlich schon 1979, als ich selbst debütiert habe. Später, als ich schon Regie geführt habe, haben meine Tochter und meine Nichten alle gleichzeitig debütiert.

Und Sie saßen im Ü-Wagen?
Haschek: Natürlich – ich hatte auch vor dem Ball überhaupt keine Zeit für ihre Vorbereitungen, weil wir ja die letzten Wochen vor dem Opernball Tag und Nacht im Einsatz sind. Das tat mir schon leid, aber so ist nun einmal dieser Job, für den man wohl geboren sein muss. Meine Mama, die meinen Beruf und das Leben in der Fernseh-, Film- und Theaterwelt geliebt hat, hat sich ihren Todestag genau am Abend vor dem Opernball 2012 ausgesucht – aber sie hätte gesagt: „Heiderl, the show must go on“ – und wenn man in Liebe auseinander geht, geht alles.

Inwiefern hat sich Ihre Arbeit seit 1999 verändert?
Haschek: Das kann man überhaupt nicht mehr vergleichen. Die Technik hat sich so unglaublich entwickelt, das ist wirklich genial. Deshalb sage ich auch immer: Ich hatte die schönste Zeit, denn ich konnte all diese gigantischen Entwicklungen was die Kameras, das Licht, aber auch die Tonqualität betrifft, miterleben. Und das wird noch besser. Heuer habe ich zum Beispiel erstmals eine Drohne im Einsatz – außerhalb der Oper, am Ball selbst können wir noch keine einsetzen. Das wäre zu gefährlich. Aber ich bin sicher, sie werden eines Tages so klein sein, dass auch das möglich ist.

Sie haben Ihre Karriere als Regisseurin gestartet, als dieser Beruf noch eine echte Männerdomäne war. Wie schwer war es damals, sich als Frau durchzusetzen?
Haschek: Ich war tatsächlich die einzige Frau – auch deutschlandweit. Aber das war für mich wirklich nie ein Thema. Manchmal habe ich mit Kameramännern gearbeitet, die nicht mit mir, sondern mit meinem Assistenten gesprochen haben. Das kam aber nie bei Live-Geschichten, sondern eher bei einer Gestaltung vor. Aber ich war nie auf den Mund gefallen. Und heute, wenn mich jemand fragt, wie es denn ist, unter so vielen Männern zu arbeiten, sage ich: „Das ist lächerlich! Diese Frage beantworte ich gar nicht mehr.“

Nun gehen Sie am 27. Februar nach 26 Jahren zum letzten Mal in den großen Übertragungswagen, um den Wiener Opernball ins Fernsehen zu bringen. Mit welchem Gefühl gehen Sie hinein?
Haschek: Ich kann es ehrlich gesagt noch nicht sagen. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall mit zwei Flaschen Prosecco. (lacht) Das mache ich bei großen Produktionen eigentlich immer so, dass wir mit einem kleinen Gläschen anstoßen bevor es losgeht. Nur ganz wenig natürlich. Gefeiert wird erst danach.

Dancing Stars, Life Ball und viele andere große ORF-Shows gestaltete Heidi Haschek. 

Dancing Stars, Life Ball und viele andere große ORF-Shows gestaltete Heidi Haschek. 

© Chris Singer
× Dancing Stars, Life Ball und viele andere große ORF-Shows gestaltete Heidi Haschek. 

Im Ballkleid im Übertragungswagen 

Das heißt, nach der Übertragung gehen Sie auf den Ball?
Haschek: Ja, wir treffen uns danach alle in dem kleinen Raum, in dem die ORF-Maske ist – und dann werde ich heuer mit Freundinnen den Ball ausklingen lassen. In diesem Jahr vielleicht etwas länger als sonst.

Sie sitzen auch im Ballkleid in der Regie?
Haschek: Immer. Ich habe einmal in einem Interview gesagt: Wir sind der eleganteste Ü-Wagen der Welt, denn wir arbeiten alle in Ballkleid und Frack. Ich bin ja schon zu Mittag vor Ort, da wir Voraufzeichnungen und Besprechungen haben – da komme ich schon im Kleid hin, denn zum Umziehen wäre keine Zeit mehr. Aber ich finde das auch schön, weil du gleich selbst in einer ganz anderen Stimmung bist, als wenn du im Rollkragenpullover in der Regie sitzt.

War der Opernball stets Ihr Lieblingsprojekt im Laufe Ihrer vielseitigen Karriere?

Haschek: Auf jeden Fall eines meiner Lieblingsprojekte, zu denen auch viel kleinere Sendungen wie „Was gibt es Neues?“ zählen. Aber den Opernball habe ich immer als das aufregendste Projekt empfunden. Weil er so viele Facetten hat und du unglaublich vielseitig sein musst, um ihn gut zu inszenieren. Du musst Partitur lesen können, eine Ahnung von Ballett haben, aber auch Klatsch und Tratsch aus der Society kennen, ebenso wie Politiker, Künstler und Sport-Stars... Denn nur wenn ich die Leute und im Idealfall auch die Zusammenhänge kenne, kann ich dementsprechend reagieren – und die Bilder und Geschichten liefern, die unsere Zuseher:innen Jahr für Jahr so lieben.

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