Interview
Hierzegger: "Habe prinzipiell vor vielem Angst"
05.01.2025In einem neuen Landkrimi geht Pia Hierzegger einer Reihe von Todesfällen älterer Damen nach. Der Talk über ihren Film und Einsamkeit im Alter.
Für einen spannenden Auftakt ins neue TV-Jahr sorgt Pia Hierzegger mit dem Landkrimi „Bis in die Seele ist mir kalt“ (7. Jänner, 20.15 Uhr, ORF 1). Rund um den Ossiacher See werden drei Leichen gefunden. Sie scheinen eines natürlichen Todes gestorben zu sein. Trotzdem wollen Polizistin Schober (Jutta Fastian) und ihr Vorgesetzter Rauchenberger (Clemens Berndorff) das genauer untersuchen. Bei den Toten handelt es sich um Frauen, die alt und allein waren – ein Zufall? Zur Verstärkung reist Chefinspektorin Acham (Pia Hierzegger) an und schnell zeigt sich: Schober und Rauchenberger lagen mit ihrer Vermutung richtig.
Preisgekrönt
Der Film, der beim Deutschen Fernseh-Krimi-Festival mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde, folgt nicht dem klassischen Muster des Genres. Pia Hierzegger (52), die den Fall als Ermittlerin Acham auf dem Bildschirm leitet, verfasste auch das Drehbuch und beschäftigte sich mit der Situation älterer Menschen auf dem Land. In MADONNA spricht sie über Krimis, Einsamkeit im Alter und verrät, was sie sich gerne selbst ins Drehbuch schreibt.
„Bis in die Seele ist mir kalt“ ist Ihr zweiter Landkrimi. Wie stehen Sie zu diesem Genre?
Pia Hierzegger: Ehrlich gesagt ist es im Moment die Möglichkeit, Geschichten zu erzählen, weil offensichtlich viele Leute gern Krimis schauen. Mir ist das Krimi-Genre gar nicht so wichtig. Ich finde die Figuren, die Beziehungen, die Menschen, über die man Geschichten erzählen kann, am interessantesten. Das lässt das Genre auch zu. Man muss schauen, wie man in diesem Krimi lebendige Figuren schafft und nicht nur versucht, einen Fall zu beschreiben.
Würden Sie „Bis in die Seele ist mir kalt“ als klassischen Krimi bezeichnen?
Hierzegger: Normalerweise beginnt der Krimi mit einem Mord, dann kommt die Polizei und er wird langsam aufgeklärt. Das muss für das Publikum schon wiedererkennbar sein. Beim Landkrimi ist es ein bisschen entspannter. Ich würde sagen, unser Landkrimi ist kein klassischer Krimi. Es ist relativ früh klar, wer mordet. Das ist nicht so wichtig. Man will eigentlich wissen: Warum machen die Leute das? Warum passiert das dort?
Sie erzählen, wie diese Menschen zu Opfern werden und zeigen die Situation der älteren Menschen, besonders der Frauen, auf dem Land. Ist das ein Thema, das Sie beschäftigt?
Hierzegger: Mich beschäftigt das, weil Menschen mehr wahrgenommen werden, solange sie etwas leisten. Sobald das nicht mehr der Fall ist, sind sie unserer Gesellschaft lästig. Wenn man keine eigenen Kinder hat, ist man dann eigentlich allen wurscht und manchmal sogar, wenn man eigene Kinder hat. Kleine Kinder müssen auch noch nichts leisten, aber werden auf die Leistung, die sie später bringen müssen, vorbereitet. Aber die Alten werden nur mehr geduldet. Es ist traurig, dass die so außerhalb der Gesellschaft existieren müssen.
Ist das auch eine Angst, die Sie haben?
Hierzegger: Ich habe prinzipiell vor vielem Angst. Davor auch. Aber man kann das eh nicht voraussagen. Man kann es nur anders machen und sich um ältere Menschen kümmern, und hoffen, dass es später auch jemand anders machen wird.
Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Drehbücher?
Hierzegger: Der erste Landkrimi hatte eine Romanvorlage. Die Produktionsfirma ist mit diesem Buch an mich herangetreten. Beim zweiten Landkrimi hatte ich während Corona mehr Zeit. Proben waren nicht möglich, das Schreiben schon. Ich habe mir gedacht, ich kann nicht irgendwo hinfahren und recherchieren, sondern ich muss eine Gegend nehmen, die ich gut kenne. Ich versuche immer Sachen zu beschreiben, bei denen ich mich ein bissl auskenne. Es gibt Menschen, die über Dinge schreiben, die nichts oder fast nichts mit ihnen zu tun haben. Die können das gut. Ich kann das schlecht. Ich brauche immer eine persönliche Beziehung.
Wie ist es, wenn Sie Ihre eigene Figur schreiben? Ist das anders?
Hierzegger: Man ist teilweise zu kritisch mit sich selber und sagt, ich habe jetzt schon viel zu viele Szenen, eine andere Figur muss wichtiger werden. Das Banalste ist, dass ich mir meistens reinschreibe, dass meine Figur warme Sachen anhat. Mir wird immer so wahnsinnig kalt und dann schreibe ich „Acham hat eine besonders dicke Jacke an“ oder so. Weil ich weiß, ich erfriere sonst. Das ist für niemanden gut, weil ich dann nicht gut spiele. Ich schreibe, wenn möglich, für mich keine Monologe, weil ich das nicht sehr gut kann. Das können andere besser. Man mag aber natürlich immer auch andere Figuren gern, für die man auch gerne etwas schreibt.
Man hört oft, es ist schwierig, gute Frauenrollen zu finden. Ist es auch ein Ausweg, sie selbst zu schreiben?
Hierzegger: Ja. Ich könnte mehr spielen, als ich schreiben kann. So schnell kann man nicht schreiben. Junge Menschen wollen natürlich über Personen und Themen schreiben, die sie betreffen. Aber es ist auch klar, dass man, wenn man die Möglichkeit hat und merkt, man spielt hauptsächlich die Mütter von Hauptfiguren, anfängt, sich etwas zu schreiben. Oder für andere Schauspielerinnen. Ich habe jetzt auch einen Kinofilm geschrieben, in dem drei Frauen in dem Alter im Mittelpunkt stehen.
Was wünschen Sie sich für das Jahr 2025?
Hierzegger: Es ist wahrscheinlich ein banaler Wunsch, aber es wäre schön, wenn es Lösungen für die Kriege in Gaza und in der Ukraine gäbe. Wenn man friedliche Lösungen finden könnte, mit denen alle Seiten gut leben könnten. Und ich finde, es sind viele Leute ein bisschen verbittert, da nehme ich mich nicht aus. Sie suchen immer die bösen Seiten bei anderen. Ich wünsche mir Gespräche zwischen Menschen, die vielleicht ein bisschen anders denken und kein Misstrauen gegen Leute, die nicht genauso sind wie man selber.