Frauen sind oft gestresst – vor allem dann, wenn sie das Gefühl haben, ihrer Rolle als Mutter nicht gerecht zu werden. Wie sich das Stresslevel von Frauen und Männern unterscheidet:
Ein Thema, das wir nur all zu gut kennen: Stress - die Dringlichkeiten in der Arbeit, der Alltagswahnsinn und der Balanceakt Familie, Freunde und Haushalt unter einen Hut zu bekommen. Doch nicht jede/r lässt sich gleich stark von Verpflichtungen stressen. Frauen lassen sich eher von den täglichen Belastungen stressen als Männer. Eine neue Studie hat jetzt bestätigt: Es gibt eine Gender-Stress-Gap.
Frauen sind anders gestresst
Um herauszufinden, wie verschiedene Menschen mit der gleichen Stresssituation umgehen, muss man sie erst alle in die gleiche Stresssituation bringen. Vor drei Jahren teilten alle weltweit eine solch gemeinsame Stressquelle: die Corona-Pandemie. Die Krisenzeit ermöglicht nun Psycholog:innen die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und Lebensqualität zu erforschen. Forschende der Universität Würzburg befragten dazu rund 2.900 Menschen im Alter von 34 bis 85 Jahren.
Die Ergebnisse der Studie zeigten signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen: „Bei Männern stieg die Angst in direkter Relation zur Unsicherheit am Arbeitsplatz an, bei Frauen war dieser Effekt nicht nachweisbar. Stattdessen bemerkten wir bei Frauen einen gleichzeitigen Anstieg der Ängste im Einklang mit wachsender Sorge um Familie und Freunde“, erklärt die Studienleiterin und Neurowissenschaftlerin Grit Hein. Außerdem fanden die Forschenden heraus, dass Frauen in solchen Situationen die Unterstützung von Freunden und Familie sehr hilft.
Ängste spiegeln Geschlechterrollen
Die Erkenntnisse sind alles andere als überraschend, denn sie widerspiegeln traditionelle Rollenbilder: Männer als Hauptverdiener fühlen sich gestresst, wenn ihre berufliche Karriere gefährdet ist. Frauen fühlen sich gestresst, wenn sie den Eindruck haben, ihre familiären Verpflichtungen zu vernachlässigen. „Die Beobachtung, dass Männer stärker mit Arbeit und Frauen stärker mit Familie und sozialem Umfeld assoziiert werden, lässt sich auf traditionelle Geschlechternormen und -rollen zurückführen“, bestätigt Hein.
Die Tatsache, dass Frauen von sozialer Unterstützung durch Freunde und Familie profitieren, ist ebenfalls kein Zufall: „Dies entspricht der traditionellen weiblichen Familienrolle, die eine Neigung zu engen sozialen Bindungen und dem Streben nach Unterstützung aufweist, um Stress abzubauen und das Wohlbefinden zu steigern“, so Hein.
Gender-Stress-Gap
Laut der Studie haben Frauen ein höheres Stresslevel als Männer. Die Rede ist daher von einer Gender-Stress-Gap oder dem „frauenspezifischen Stress“, wie es die Wissenschaft beschreibt. Das bedeutet allerdings auch, dass Frauen anfälliger für psychische Erkrankungen sind, da anhaltender Stress oft zu Depressionen, Burnout und Schlafstörungen führt.
Die Ursachen für den vermehrten Stress bei Frauen sind vielseitig. Die Anforderung, neben dem Beruf auch noch Haushalt, Kochen und Kinderbetreuung zu bewältigen, lässt den Tag schnell zu kurz erscheinen. Diese Doppelbelastung aus bezahlter Arbeit und unbezahlter Sorgearbeit trifft Männer nicht in gleichem Maße. Die Vereinten Nationen berichteten etwa, dass Frauen fast dreimal so viel unbezahlte Hausarbeit leisten wie Männer. Und auch im Beruf herrschen immer noch ungleiche Bedingungen.
Das hilft gegen frauenspezifischen Stress
Die erfreuliche Nachricht ist, dass Frauen eher als Männer dazu neigen, ihren Stress zu bewältigen und damit umgehen zu können. Dabei spielt Selbstfürsorge eine entscheidende Rolle: ausreichend Schlaf, körperliche Bewegung und eine ausgewogene Ernährung. Die Suche nach Unterstützung, sei es durch Freunde oder Familie, ist ebenfalls essenziell. Doch besonders wichtig ist die stärkere Einbindung der Männer in Hausarbeit und Kinderbetreuung. Leider ist es immer noch die Aufgabe von Frauen, sich für eine gleichberechtigte Aufteilung von Haushalts- und Familienpflichten in der Beziehung einzusetzen.