Die Wienerin mit persischen Wurzeln lebt ihren beruflichen Traum – und kochte sich in den Olymp der besten Köche des Landes. Parvin Razavi im Interview.
Inmitten der Urlaubszeit, in der manch anderer gerne kürzertritt, gibt sie einmal mehr an den „Turntables“ ihres Herds im Wortsinn Vollgas. Denn neben ihrer mehr als ausfüllenden Rolle als Küchenchefin im Restaurant &flora im Wiener Hotel Gilbert, lud Parvin Razavi (45) dieser Tage zu lukullischen Special-Events in der Markterei im alten Wasserbaulabor im 9. Wiener Bezirk – und die Reihe höchster Gaumenfreude soll auch im August fortgeführt werden.
Ausgezeichnet ist das, was die in Teheran geborene zweifache Mutter und Buchautorin („Vegan Oriental“ und „Teheran – die Kultrezepte“) auftischt, wahrlich: Mit ihrem Credo „Fleisch und Fisch als Beilage“ erkochte Parvin Razavi drei Hauben, den Titel „Newcomerin des Jahres“, zwei Falstaff-Gabeln – und nun auch einen der begehrten Plätze unter den 100 besten Köch:innen Österreichs. Darauf, dass sie damit eine Männerdomäne erobert hat, ist Razavi – zurecht – stolz, wie die nach wie vor bodenständige Top-Chef im Talk verrät.
Sie wurden kürzlich zu einer der 100 besten Köch:innen des Landes gewählt – was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Parvin Razavi: Sehr viel, weil es sich dabei um ein Branchenvoting handelt – das heißt, Kolleg:innen nominieren andere Kolleg:innen. Und hier habe ich heuer den 84. Platz belegt, was eine sehr schöne Anerkennung für mich ist – auch über Wien hinaus gesehen zu werden.
Bringt Ihnen das auch karrieretechnisch etwas?
Razavi: Das kann ich aktuell noch nicht sagen, aber es bringt auf jeden Fall noch mehr Sichtbarkeit, die vor allem für uns wenige Frauen in der Branche wichtig ist. Es ist wichtig, dass wir in diese Liste kommen, denn dadurch, dass ich nun gelistet bin, kann ich wiederum andere nominieren. Und so kommen vielleicht noch mehr Frauen in dieses Ranking. Mein Ziel ist es, die 10-Prozent-Marke zu knacken.
Eigentlich unglaublich, dass die Küche immer noch eine Männerdomäne ist...
Razavi: Ja, das hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie anstrengend und zeitintensiv der Job in einer professionellen Küche ist. Dieser Beruf ist alles andere als familienfreundlich. Da muss noch viel geschehen – aber wenn man die Role Models dafür kreiert, werden hoffentlich immer mehr Frauen versuchen, auf diesem Gebiet Karriere zu machen.
Sie sind zweifache Mutter – wie vereinbaren Sie Ihren anstrengenden Job als Küchenchefin mit dem Familienleben?
Razavi: Meine Töchter sind jetzt 18 und 14 – wären sie noch im Volksschulalter, wäre das, was ich jetzt tue, nicht möglich. So ehrlich muss man sein. Da bräuchte ich ein riesiges Netzwerk an Nannys und Verwandtschaft. In unserem Fall ist es so, dass meine Kinder jede zweite Woche bei ihrem Vater, meinem Ex-Mann, sind. Und wenn die Kinder bei mir sind, versuche ich an drei Abenden in der Woche früher zu Hause zu sein. Aber sie müssen schon sehr selbstständig sein. Das ist manchmal ein Thema zwischen uns.
Kochen Ihre Töchter auch schon – oder wollen sie gar nichts davon wissen, nachdem das Kochen Ihr Leben bestimmt?
Razavi: Doch, meine große Tochter kocht sehr viel – auch via Facetime zusammen mit meiner Mama persische Gerichte. Sie macht das sehr gut und sehr gerne. Sie bäckt auch die tollsten Sachen. Meine jüngere Tochter ist eher die Sportlerin – sie ist sogar Amateur-Weltmeisterin im Thaiboxen in ihrer Jugendklasse. Für sie ist gezielte Ernährung auch sehr wichtig.
Sie kommen aus dem Iran – ist die Tatsache, dass Sie sich beruflich verwirklichen können, umso wichtiger für Sie?
Razavi: Ich war immer schon selbstbestimmt – auch meine Mutter lebte immer sehr selbstbestimmt. Insofern ist es für mich keine Neuigkeit, das zu machen, was ich möchte. Aber im Kontext mit meiner Arbeit ist mir Selfempowerment wichtig. Ich möchte Grenzen, die man mir setzt und die man sich vielleicht auch selbst als Frau setzt, überwinden.
Sie haben auch den oe24 Next Generation Award in der Kategorie Female Empowerment gewonnen. Was bedeutet für Sie Female Empowerment konkret?
Razavi: Für mich bedeutet das Selbstbestimmtheit, Gleichberechtigung – aber eben auch, über Grenzen hinaus zu gehen und wirklich unabhängig zu sein. Diese Aspekte sind für mich wichtig. Ich gehe meinen eigenen Weg, will meine Ziele erreichen. Aber global betrachtet, wäre es natürlich schön, wenn man allgemein die Kräfte viel diverser verteilen würde und mehr Frauen in Machtpositionen wären. Dann würden sich bestimmt ganz andere Dynamiken ergeben.
Stichwort Ziele: Nun haben Sie schon so vieles mit Ihrem persönlichen Erfolgsrezept erreicht. Was steht noch auf Ihrem Karriereplan?Razavi: Ein wirklich großes Ziel wäre, einmal Köchin des Jahres zu werden. Aber Step by Step: jetzt mache ich mein neues Kochbuch, worüber ich mich auch sehr, sehr freue.