Nach Sahara-Hitze
Unwetter verwüsten Österreich
01.09.2009Am späten Abend des bisher heißesten Tages in Österreich öffnete der Himmel seine Pforten. Ping-Pong-große Hagelkörner, überflutete Straßen. Die Feuerwehren im Großeinsatz.
© APA
Der Tag war der heißeste des Jahres, doch am späten Abend kam der großeWetterumschwung. Hagel, Gewitter und Sturm sorgten für Verwüstungen.Umgestürzte Bäume und Äste behinderten den Verkehr. Die Feuerwehren waren imGroßeinsatz. Schaulustige machten sich ein Bild von den Verwüstungen. AnFahrzeugen entstanden Hagelschäden. Auch der öffentliche Verkehr kamkurzzeitig wegen überfluteter Straßen zum Stillstand. Bahnhöfe standen unterWasser. Handy-Netze fielen aus. Das genaue Ausmaß der Schäden ist noch nichtabschätzbar.
Verwüstungen in Wien und Niederösterreich
In Wien und Niederösterreich musste die Feuerwehr bis 4 Uhr früh zu 414Einsätzen ausrücken. Zwar hielten sich die Schäden durch Hagel in Grenzen,jedoch mussten auch hier wie in Salzburg und Oberösterreich Straßen,Stromleitungen und teilweise auch Häuser von umgestürzten Bäumen undabgebrochenen Ästen befreit werden. Teilweise standen Keller undUnterführungen unter Wasser.
Umgestürzte Bäume
Die meisten Einsätze waren in Wien-Döbling wegen der umgestürzten Bäumenotwendig. Teilweise wurden hier Straßenbahn-Oberleitungen und andereoberirdische Stromleitungen beschädigt. Neben der Feuerwehr war deswegenauch die MA 33 im Einsatz, die für das Beleuchtungsnetz zuständig ist. Wiein den anderen Bundesländern mussten Bahnunterführungen und Kellerausgepumpt werden. Zahlreiche Baugerüste wurden durch den starken Windbeschädigt. Straßen mussten von Geäst und Bäumen befreit werden.
Querschnittslähmung
Ein 32-Jähriger ist in Wien-Floridsdorflebensgefährlich verletzt worden. Nach Angaben der Rettung wurde der Mannnach 22.00 Uhr an der Alten Donau in einem Gastgarten von einem Astgetroffen. Er erlitt eine Gehirnblutung, zahlreiche Wirbelbrüche, diezumindest eine Querschnittslähmung nach sich ziehen dürften, sowie einenBruch des Gesichtsknochens.
Ausflugschiff schlug leck
Ebenfalls in Wien-Döbling ist dasAusflugsschiff MS Admiral Tegethoff an das Ufer getrieben worden und aufGrund gelaufen. Das Schiff schlug leck, die 250 Passagiere konntenunverletzt an Land gebracht werden.
In Niederösterreich waren ab 18.00 Uhr insgesamt 300 Feuerwehren im Einsatz.Bäume waren auf Straßen und teilweise auch auf Häuser gekippt. Im BezirkTulln knickte ein Hochspannungsmast um. Zu Stromausfällen kam es aber nurkurzfristig. Im Bezirk Horn versetzte ein Blitz eine Scheune in Brand.
Schlimmer noch erwischte es das Bundesland Oberösterreich, vor allem derBezirk Braunau wurde von schwerem Hagelschlag heimgesucht. Auf einer Flächevon 70 Quadratkilometern wurden Dächer beschädigt und oft auch durchlöchert,zahlreiche Fenster zerbrachen. Ähnliches, wenn auch in geringerem Ausmaß,wurde auch aus den Bezirken Wels/Land, Linz/Land, Perg und Vöcklabruckgemeldet. Zahlreiche Unterführungen waren infolge Überflutung unpassierbar,auch zahlreiche umgestürzte Bäume versperrten den Verkehrsteilnehmern dieStraßen. Die Westautobahn A1 war im Bezirk Wels/Land sogar zeitweisegesperrt. Insgesamt waren in Oberösterreich 4.000 Feuerwehrleute von 250Feuerwehren bei 800 Einsätzen gefordert.
Auch in Vorarlberg wüteten heftige Unwetter. Auf einer Alpe des BergsKanisfluh im Gemeindegebiet von Au (Bregenzerwald) vier Alphütten abgedecktworden. Heftige Sturmböen zogen der Gewitterfront voraus und beschädigtendie aus Schindeln und Blech bestehenden Dächer. Die Feuerwehr deckte dieHütten behelfsmäßig mit Planen ab. Die Höhe des entstandenen Schadens warvorerst nicht bekannt.
Waidhofen Hot-Spot des Landes
Dabei hatte alles so schönbegonnen. Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich war der Hot-Spot desLandes. Auf exakt 37,9 Grad kletterte dort das Quecksilber kurz nach 16.00Uhr, berichteten die Meteorologen der Zentralanstalt für Meteorologie undGeodynamik (ZAMG) am Donnerstagabend. Die Kleinstadt stellte damitUrlaubs-Destinationen wie Mallorca (33 Grad), das griechische Festland (33bzw. 34 Grad) oder Madrid (31 Grad) in den Schatten. Der Juli-Hitzerekordaus dem Jahr 1983 mit 39,7 Grad in Dellach wurde nicht geknackt.
Neue Rekorde haben Bad Goisern mit 37,3 Grad und Zell am See mit 35,1 Gradeingefahren. In Bad Goisern wurde der Höchstwert von 37,0 Grad aus dem Jahr1983 überboten, in Zell am See wurde ebenfalls der alte Rekord von 1983 mit35,0 Grad eingestellt.
Rekordwert nicht erreicht
Den bisherigen Bestwert hält Dellachim Drautal in Kärnten mit 39,7 Grad, gemessen im Juli 1983, gefolgt vonAndau im Burgenland (39,5 Grad im Juli 2007). Auf Platz Drei hat esWaidhofen - zwar nicht in diesem Jahr, aber 1950 - bereits geschafft: ImJuli hatte es dort 39,3 Grad.
Nach Niederösterreich war es im oberösterreichischen Salzkammergut amheißesten, dort wurden 37,3 Grad gemessen. In der Landeshauptstadt Salzburgkletterte das Quecksilber auf 36,6 Grad. "In Salzburg war es seit 20Jahren nicht so heiß, das ist die dritthöchste Temperatur, die je gemessenwurde", so Meteorologe Gerhard Hohenwarter. Platz Vier belegtevorläufig Weyer in Oberösterreich mit 36,0 Grad.
Graz war am Donnerstag mit 35,5 Grad um 15.00 Uhr der steirische Hitzepol,in Vorarlberg war es um diese Zeit in Bludenz (35,2) am wärmsten. In derWiener Innenstadt stiegen die Temperaturen am Nachmittag auf 34,2 Grad. Imburgenländischen Andau hatte es gegen 15.00 Uhr 33,9 Grad, in Tirol inKufstein 35,0 Grad und in Kärnten in Villach "recht enttäuschende"32,9 Grad, so die ZAMG.
Spitzenwerte in den Bergen
Besonders beeindruckend waren für dieMeteorologen die Spitzenwerte im Gebirge, wo bereits am Nachmittag dieMaximalwerte gemessen wurden: Am Feuerkogel in Oberösterreich zeigten dieThermometer gegen 15.00 Uhr knapp 28 Grad an. Laut Hohenwarter fehlten nursechs Zehntel für einen neuen Rekord. Auf der Eisenerzer Ramsau in derObersteiermark in einer Höhenlage von 1.200 Metern hatte es 30 Grad, betonteer. "Das ist ein Ereignis, das nicht alltäglich ist."