'Sexlose' Paare werden immer zahlreicher und immer jünger. Experten verraten, wie Sie die Unlust vertreiben.
Eva Longoria suchte als „verzweifelte Hausfrau“ Gabrielle Solis lange Zeit die sexuelle Erfüllung bei ihrem minderjährigen Gärtner, während Ehemann Carlos die Nächte im Büro verbrachte. Tom Scavo, Ehemann von Supermutter und Karrierefrau Lynette, wiederum versucht in der aktuellen 6. Staffel von „Desperate Housewives“ (läuft derzeit auf ORF), mit viel Gegenwehr seiner Frau der Flaute im Bett mittels Paartherapie entgegenzuwirken. Und Katherine Mayfair (Dana Delany) sagt bei ihrer Rückkehr in die Wisteria Lane der Heterosexualität gleich Ade! Der Stoff, aus dem die beliebte US-Serie gemacht ist, wird von der Fiktion immer mehr zur Realität. Doch dass dem einen oder anderen beim Zusammenleben einfach die Lust an körperlicher Intimität abhandenkommt, ist als Gesprächsstoff – auch unter Freundinnen – meist noch ein Tabu. Die (Ehe-)Paare, die keinen Sex mehr miteinander haben, werden immer zahlreicher und auch immer jünger. Psychologen schätzen, dass bis zu einem Fünftel aller Paare in einer sexlosen Ehe beziehungsweise Partnerschaft lebt. Als sexlos werden Ehen definiert, in denen Paare nicht mehr als zehn Mal im Jahr Geschlechtsverkehr haben.
Die Schuldfrage
„Ursache hinter Sexualstörungen“, so Sexualtherapeutin und Psychotherapeutin Dr. Elia Bragagna
(veröffentlichte den Ratgeber zum Thema: „Weiblich, sinnlich, lustvoll“), „kann alles sein, was das körperlich-seelische-soziale Gleichgewicht stört.“ Am Anfang steht immer die Schuldfrage: Ist der Partner die Ursache meiner Unlust? Ist es der Alltagsstress, der Beruf, die Kinder oder die zu kleine Wohnung? „Vorwürfe“, so die Paartherapeuten Sabine und Roland Bösel, „bescheren kein besseres Sexualleben. Sobald nur eine Person die Verantwortung übernimmt, bekommt die Beziehung eine Schieflage.“ Die Frage lautet: Was ist in unserer Beziehung verloren gegangen und warum? „Sex an sich“, so Sabine Bösel, „also der physische Vorgang, ist einfach. Das, was ihn so kompliziert macht, sind die Geschichten, Projektionen, Befürchtungen und Verletzungen, die mit unserer persönlichen Entwicklung zusammenhängen.“
Der Ratgeber „Weiblich, sinnlich, lustvoll - Die Sexualität der Frau“ von Elia Bragagna, Rainer Prohaska (Ueberreuter Verlag, um 19,95 Euro). HIER können Sie das Buch bestellen!
Die Ursachen
Bragagna nennt als Ursachen unter anderem körperliche Beschwerden (Krankheit, hormonelle Umstellung), psychische Ursachen (Unfähigkeit, zu persönlichen Bedürfnissen zu stehen), beziehungsrelevante Probleme (Partner signalisiert Langeweile), belastende soziale Umstände (Sorgen um den Arbeitsplatz, Mobbing, Geldsorgen, pflegebedürftige Angehörige, Kinderzuwachs, Kinder in Übergangssituationen und Konflikte mit geliebten Personen), Störfaktoren der erotischen Atmosphäre (fehlende Zeit zum Umschalten vom Alltagsstress auf erotische Anbahnung, enge Wohnverhältnisse, kein oder falsches Wissen über weibliche Sexualität oder unzureichende Stimulation), unbewältigte Verletzungen, starre religiöse Sexualnormen oder sexuelle Mythen (z. B. Frauen sind beim Sex passiv, Männer aktiv, Männer „besorgen“ Frauen den Orgasmus, der Höhepunkt muss gleichzeitig erlebt werden, oder Frauen sind zur Befriedigung des Mannes da).
Mut statt Stillstand
Jeder hat die Fähigkeit, ein erfülltes und glückliches Sexualleben zu führen. Wir alle möchten etwas Neues ausprobieren und wachsen. So riskant wie Schweigen in einer Beziehung ist nur die Hemmung, etwas zu verändern. Die britische Psychologin Pam Spur befragte 400 PatientInnen nach ihren sexuellen Praktiken und war schockiert. Denn 90 Prozent der Befragten hatten nach dem ersten Jahr Beziehung nichts Neues im Bett ausprobiert. Nach ihrer Erfahrung würden diese Paare nach zwei Jahren nie wieder etwas ausprobieren. Fazit: Beziehungstod durch Stillstand. „Die Devise lautet“, so Bösel, „nicht darauf warten, dass der andere den ersten Schritt macht, sondern bei sich selbst beginnen und versuchen, die eigene Ambivalenz zu überwinden.“
Faktor Frau? Auch wenn heutzutage bei Männern durch Leistungsdruck und Arbeitsstress (Bragagna nennt das auch die „Manager-Krankheit“) die Unlust steigt, gilt nach wie vor, dass Frauen eher auf Sex verzichten. „38,7 Prozent der Frauen“, so Bragagna, „haben wenig Lust auf Sex, wobei nur jede zehnte unter ihrer Lustlosigkeit leidet. Hauptrisikofaktoren, lustlos zu werden, sind nach der Studie von US-Forscher Jan Shifren – bei der 30.000 Frauen zu ihrer Sexualität befragt worden sind – unter anderem Unfähigkeit, die eigenen sexuellen Bedürfnisse zu kommunizieren, Depression, Ängste, die Menopause oder ein schlechter Gesundheitszustand.“ Aber es trifft nicht immer nur Frauen. „Kürzlich“, so Sabine Bösel, „kamen gleich zwei junge Paare zu uns in die Praxis, um sich helfen zu lassen. In beiden Fällen hatten die Männer ihre Lust auf Sex verloren. Die Frauen wurden dadurch aggressiv. In einer Vierer-Runde haben wir die Probleme dann besprochen. Bei Frauen tritt das Problem allerdings öfter auf, da die weibliche Sexualität viel komplexer ist. Wenn bei einem Mann, zwei, drei Dinge nicht passen, funktioniert es trotzdem.“
Eheglück ohne Sex?
Kann eine Ehe oder Partnerschaft denn nicht auch ohne Sex glücklich sein? „Warum nicht!“, so Bragagna: „Wenn Sex beiden Partnern nichts bedeutet und sie einander ihre Zuneigung anders zeigen können.“ Wichtig ist, dass auch wirklich beide Partner gerne auf Sex verzichten. „Bei jungen Paaren“, so Bösel, „kommt meist Frustration und Aggression – vonseiten des Partners, der sexuell aktiv sein möchte – ins Spiel. Der Partner geht dann meistens fremd. Natürlich gibt es Paare, die sich arrangiert haben. Aber das sind zumeist ältere Paare, die in einem freundschaftlichen Verhältnis leben. Aber auch ältere Paare, die unsere Hilfe suchen, wünschen sich, dass das Sexleben wieder in Schwung kommt.“
Wie viel Sex ist normal?
Sex in einer Partnerschaft ist wichtig. Doch wie viel ist genug? „Die Frage“, so Bösel, „haben wir einem 80-jährigen Paar gestellt. Viel zu selten, lautete die Antwort, nur dreimal die Woche. Ganz anders ein Paar um die 40. Sie hatten einmal im Monat Sex und waren mit ihrem Sexualleben sehr zufrieden. Es ist nicht zielführend, sich an anderen zu orientieren, an einer alten Beziehung oder an dem, was uns die Medien weismachen wollen. Viel wichtiger ist, die eigenen Bedürfnisse zu erspüren.“
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Lösungsansätze
Schritte in die richtige Richtung, sind sich die Experten einig, sind, wieder Vertrauen, Leidenschaft und vor allem Wissen um unsere Sexualität aufzubauen. „Sexuell selbstbewusst zu sein“, so Bragagna, „ist die beste Garantie, bis ins hohe Alter sexuell lebendig zu bleiben. Sexwissen gepaart mit Erfahrung macht selbstsicher und mutig, um den Klischees zu trotzen, die in der Gesellschaft noch immer über weibliche Sexualität existieren.“
Die Paartherapeuten Sabine und Roland Bösel, Spezialisten der Imagotherapie, raten in ihrem Buch „Leih mir dein Ohr und ich schenk dir mein Herz“ zu Einzelübungen
Übungen zu zweit
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