Exklusiv. Erotik, Lust & Sex im Alter? Ein Tabu, mit dem Christine Kaufmann in ihrem neuen Buch bricht. Warum, erklärt sie in MADONNA.
Letztes Jahr stand für Schauspielikone Christine Kaufmann (65) im Zeichen der Freiheit. Im November trennte sie sich von ihrem vierten Ehemann Klaus Zey (MADONNA berichtete exklusiv ), suchte sich ein neues Management und auch Tochter Allegra, mit der Kaufmann samt dem siebenjährigen Enkelsohn Raphael auf Mallorca lebt, muss nach Krisen, Selbstmordgedanken und fünfjährigem Krieg mit der Mutter „ihren eigenen Weg gehen.“ Zusatz: „Sie kann das jetzt. Dafür habe ich das Bundesverdienstkreuz 30-fach verdient“, erklärt die liebevolle Matriarchin im MADONNA-Interview. Mit dem Befreiungsschlag hat die Hollywooddiva aus Österreich auch wieder das entdeckt, was in den letzten „sieben Omajahren“ (O-Ton Kaufmann) verschüttet war. Die erotische Lebenswahrnehmung.
Femme fatale
In ihrem neuen Buch „In
Schönheit altern“ hat die zeitlose Femme fatale (weder aus
ihren stürmischen Liebesbeziehungen, noch aus ihrer Sexualität hat Kaufmann
je einen Hehl gemacht) auf wunderbar persönliche und entspannte Art ihre
Weisheiten über den Eros des Alters verpackt. Es geht um die Kunst, lustvoll
zu leben, und bietet viele simple Tricks, sich als Frau sinnlich neu zu
entdecken. Kaufmann weiß, worüber sie schreibt und verrät im exklusiven
Interview mit MADONNA, wie sich mit der Zeit ihre Sexualität verändert hat
und warum das unbedingt gut so ist.
Sie brechen in Ihrem Buch das Tabu der Sexualität im Alter. Wie wichtig
ist Ihnen Sex?
Christine Kaufmann: Das können sehr junge Leute
vielleicht nicht verstehen, aber je weniger die Sexualität im Vordergrund
steht, weil man sich hormonell verändert, umso stärker wächst das erotische
Empfinden. Und das ist fast wie eine Belohnung. Ein Windhauch, oder wenn dir
jemand über den Rücken streicht, wird ganz anders wahrgenommen, als wenn man
drei Mal in der Woche geregelten Geschlechtsverkehr hat. Die Sexualität wird
im Alter selbstverständlich weniger, auch wenn es Ausnahmen gibt und Frauen,
die mit 70 noch mal so richtig loslegen. Ich finde Sexualität wichtig, wenn
die Voraussetzungen stimmen, und ich möchte als ältere Frau, dass ein Mann
mich geistig anturnt. Ich erwarte, dass ein Mann gepflegt, nicht schwabbelig
und nicht lebensmüde ist. Diese Voraussetzungen sind viel wichtiger für die
Sexualtität als ein vor Potenz triefender Mann oder einer, der womöglich
Viagra nimmt. Sexualität ist das Sahnehäubchen auf dem Fundament der
erotischen Lebenswahrnehmung.
Bild: (c) Getty Images
Hollywood Ehe. Von 1963 bis 1967 waren Kaufmann und Tony Curtis ein Paar. Lange stritten sie um die Töchter Alexandra (heute 45) und Allegra (heute 43).
Was, wenn Frauen jenseits der 50 die Lust verlieren?
Kaufmann: In
Frankreich geht man damit viel offener und entspannter um. Wenn der Mann
Lust hat, aber die Frau nicht, bekommt sie vom Gynäkologen eine Hormonsalbe
verschrieben, die man lokal applizieren kann, damit frau wieder Lust
bekommt.
Sie schreiben in Ihrem Buch darüber, dass der Eros verloren geht.
Kaufmann:
Massiv. Denn er lässt sich nicht auf das Dreieck zwischen den Schenkeln
und Silikonbrüste reduzieren. Erotik braucht Raum, Zeit und Aufmerksamkeit.
Sex ist einfach. Eine Frau mit Dildo oder schwarzer Unterwäsche gilt schon
als sexy. Eine durchsichtige Bluse. Eros ist eher das langsame Aufknöpfen
der Bluse. Mit meinem Buch will ich Frauen auffordern, ihre erotische
Lebenswahrnehmung einzufordern. Es geht darum, wie viel Vergnügen wir Frauen
uns gönnen.
Wann war dieser Zeitpunkt in Ihrem Leben?
Kaufmann: In den
letzten zehn Jahren war ich als Mutter und Großmutter nur eine Pflicht
erfüllende Instanz. Darüber habe ich mich auch gefreut, weil es mir weder an
Gesundheit noch an Geld mangelt. Aber mit der Zeit hatte ich immer weniger
das Lebensgefühl, aus dem ich meine Kraft schöpfe. Ich habe plötzlich
gewusst, dass ich den Mut zur Freiheit brauche. Das ist für junge Menschen
sehr leicht, aber jenseits der 50 eine schwierige Entscheidung.
Wann folgte Ihr Befreiungsschlag?
Kaufmann: Im Januar 2009. Es
gab eine Ehekrise, dann eine Versöhnung. Rückblickend war die Beziehung zu
meinem Ex-Mann fürchterlich, aber wir hatten schöne, kreative
Gemeinsamkeiten. So eine Beziehung wie zu ihm, die brauche ich heute nicht
mehr. Ich habe letztes Jahr festgestellt, dass in meinem Umfeld, für das ich
so viel geleistet habe, niemand gesagt hat: „Das hast du gut gemacht.“ Das
geht ja vielen Frauen so. Diese Selbstverständlichkeit empfinde ich als
unerotisch, denn Leistung hat eine erotische Komponente. Wenn man nämlich
mehr Kraft in sich findet als man glaubte zu haben. Deshalb habe ich gesagt:
ich höre auf und habe mir die Freiheit genommen, keine Verantwortung mehr zu
übernehmen für die ich weder Dankbarkeit, noch Liebe, noch Freude bekomme.
Auch meine Tochter Allegra musste von mir den Satz hören: „Ich will nicht
mehr.“ Wir haben fünf Jahre heftige Krise hinter uns. Schrecklich! Das hat
80 Prozent meiner Kraft aufgefressen. Dann ist es zur Explosion gekommen.
Jetzt geht es ihr wieder gut. Dafür habe ich 30-fach das
Bundesverdienstkreuz verdient.
Noch leben Sie aber mit Allegra und deren Sohn Raphael gemeinsam auf
Mallorca?
Kaufmann: Ja, aber ich werde sehen, was die Zukunft
bringt. Ich möchte gern im Grünen leben und habe viele Freundinnen am
Mondsee, die keine Ehemänner haben und gern in einer Art Alterskommune leben
würden.
Sind Sie schon geschieden?
Kaufmann: Nein, wir sind noch im
Trennungsjahr.
Sie schreiben im Buch davon, wie wichtig es ist, als Frau vom Partner
wirklich ganzheitlich „begriffen“ zu werden.
Kaufmann: Als
ich 47 war und noch sehr schnuckelig ausgesehen habe (lacht), hatte ich in
Wien einen Liebhaber aus einem fernen Land, der mich mit meinen Enkelkindern
gesehen hat und gesagt hat: Wer dich nicht mit diesen Kindern sieht, kann
dich nicht verstehen. Der hat mich begriffen, weil er wusste, dass das
Großmutter sein Teil meiner erotischen Persönlichkeit ist.
Erotischer Ratgeber
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