Huberta & Willi Gabalier im großen Talk
"Wir haben uns gestützt."
08.05.2015Huberta & Willi Gabalier im großen Talk zum Muttertag über starke, emotionale Bande, ihre unfassbare Familientragödie und Andis Ansichten.
Die Begrüßung ist besonders herzlich. Und sofort besprechen Huberta Gabalier (57) und Sohn Willi (34, bekannt aus Dancing Stars und Let’s Dance) den Muttertag, zu dem auch die Oma anreisen wird. Ob Willi und Volks- Rock’n’Roller Andi (30) es auch schaffen, ist noch fraglich, da beide beruflich viel im Einsatz sind. Hubertas dritter Sohn Antonius („Toni“ genannt) ist zudem gerade zum Bundesheer eingerückt
Tragödie. Wir treffen Mutter und Sohn zum Doppeltalk in Willi Gabaliers Tanzschule in Graz. Am Nachmittag haben sich zwei Fans aus Deutschland angesagt, die extra in die Steiermark geflogen sind, um eine private Tanzstunde beim beliebten Profi zu nehmen. Mama Gabalier ist stolz auf ihren Sohn, der immer besonders an ihr gehangen ist („Ich bin der Kuschler in der Familie“). Vor allem, als sich 2006 der Vater vor dem Haus der Familie mit Benzin übergossen und angezündet hat. Doch damit nicht genug: Nur zwei Jahre später wählte Elisabeth, Huberta Gabaliers einzige Tochter, denselben Suizid. Sie hatte den Freitod des Vaters nicht überwunden und starb mit gerade mal 19 Jahren. „Nach sieben Jahren“, erzählt Huberta Gabalier, „habe ich gelernt, mit dem Schmerz zu leben.“ Sie sagt: „Ich rede heute offen über das, was mir und meiner Familie passiert ist.“ Geholfen hat ihr auch das Schreiben von Gedichten. „Trotzdem gibt es Tage, da sitzt die Trauer sehr tief.“ Im Muttertags-Talk reden Huberta und Willi Gabalier über ihre Tragödie, Familienzusammenhalt und Bruder Andi.
Wie wichtig ist Ihnen der Muttertag?
Huberta Gabalier: Die Elisabeth hat besonders gern das Muttertagsfest gestaltet. Sie hat immer alles schön dekoriert, während ich in der Kirche war. Ich freue mich einfach, wenn alle bei mir sind, weil wir nicht mehr – so wie früher – jeden Sonntag zusammen essen. Aber ich finde den Muttertag wichtig und schön, wie alle Feste, die den Jahreskreis bestimmen. Das hat unsere Kinder auch sehr geprägt.
Sie haben diese rührenden Muttertagsbriefe Ihrer Söhne mitgebracht. Willi, wenn ich Sie bitte, folgenden Satz zu beenden: „Mama, ich hab dich lieb, weil …
Willi Gabalier: … mich niemand so liebt wie du.“ (Tränen treten ihm in die Augen.) Das ist ein wunderschönes, geborgenes Gefühl.
Huberta Gabalier: (Sie nimmt seine Hand.) Ja, das stimmt. Und ich hab dich lieb, Willi, weil du so ein großes Herz hast. Er ist ein ganz besonders aufmerksamer Mensch. Er ist eine Seele durch und durch.
Sie sind vierfache Mutter, leider ist Elisabeth, Ihre Tochter, nicht mehr auf der Welt. Was ist Ihnen als Mutter wichtig, und was wollten Sie Ihren Kindern mit auf den Weg geben?
Huberta Gabalier: Dass sie ein Gefühl für ihre Mitmenschen bekommen. Dass es wichtig ist, in der Gemeinschaft bestehen zu können. Und dass sie glücklich sind in einer Art von Bescheidenheit. Werte wie Familiensinn, Glaube, Liebe zu den Mitmenschen. Wenn man das einem Kind mitgibt, dann kann man leichter bestehen.
Woran haben Sie gemerkt, dass Sie den Bogen überspannt haben und die Mama sauer ist?
Willi Gabalier: Es ging zu Hause schon sehr streng zu. Wir haben immer sehr früh schlafen gehen müssen. Und beim Fortgehen. Wir haben immer ganz pünktlich zu Hause sein müssen. Bei diesem Thema war der Papa liberaler.
Seit dem Selbstmord Ihres Mannes und Ihrer Tochter haben Sie angefangen, Gedichte zu schreiben …
Huberta Gabalier: Ich bin über das Lesen und Schreiben zu einer Art Heilung gekommen. Für mich war das ein Teil meiner Therapien.
Wie kann man als Mutter den Suizid der Tochter verkraften?
Huberta Gabalier: Der Schmerz ist enorm und lässt sich nicht in Worte kleiden. Zu sehen, wie auch die Geschwister leiden, war furchtbar schwierig. Ich hatte riesige Ängste um meine Kinder – und um mich. Ich hatte auch irgendwann das Gefühl: Wenn ich nicht aufhöre mit dieser Angst, dann zerfrisst mich das und es bleibt nichts mehr übrig von mir. Der Andi hat irgendwann gesagt, dass wir anfangen müssen, ein normales Leben zu führen.
Träumen Sie von den beiden?
Huberta Gabalier: Ja, sehr oft. In den Träumen sind einem die Toten so nahe wie nie. Als ich früher von meinem Mann geträumt habe, musste ich danach oft weinen, heute freue ich mich darüber und bin sehr dankbar. Wenn ich von der Elisabeth träume, ist es schon noch so, dass mich der Schmerz hinunterzieht.
Hatten Sie Angst um Ihre Mutter, als das mit der Elisabeth passiert ist?
Willi Gabalier: Rückblickend betrachtet habe ich mich durch diese Trauerzeit durchgeschummelt. Man hat es zum Glück geschafft, aus diesem Leid rauszukommen. Ich habe mir aber oft gedacht: Wenn es ein- und zweimal passiert, passiert es vielleicht auch ein drittes Mal …
Huberta Gabalier: Wir waren danach sehr eng und haben es gebraucht, dass wir dann zusammen gewohnt haben. Wir haben uns allein durch das Zusammensein sehr gestützt.
Glaube spielt eine große Rolle in Ihrem Leben. Sie haben auch versucht, Ihren Kindern Glauben zu vermitteln. Wieso war Ihnen das so wichtig?
Huberta Gabalier: Für mich war es wichtig, den Glauben zumindest anzubieten. Es kann eine große Hilfe im Leben sein. Besonders, wenn es einem nicht gut geht.
Willi Gabalier: Es ist auch eine Hilfe, wenn es einem gut geht. Wir sind nie zu etwas gedrängt worden.
Huberta Gabalier: Ich war natürlich auch wütend und zornig nach dem, was passiert ist. Ich habe mich auch einige Male gefragt, ob es Gott wirklich gibt. Heute sehe ich das anders. Ich glaube, dass es ein allumfassendes Ganzes gibt. Das Wichtigste dabei ist, den Blick auf die Hoffnung und die Liebe nicht zu verlieren.
Reden wir zum Schluss noch über Ihren Sohn Andi, der für seine Chauvi-Sprüche viel Kritik geerntet hat.
Huberta Gabalier: Der Andi ist auch ein ganz normaler Mensch, der seine Meinung hat. Er darf auch sagen, wie er denkt. Er kann es nicht allen Menschen recht machen.
Kritisieren Sie ihn als Mutter auch mal?
Huberta Gabalier: Ich habe drei Monate gebraucht, bis ich mich an seine Frisur gewöhnt habe (lacht). Ich liebe meine Kinder immer. Sie dürfen so sein, wie sie sind, weil ich diesen Anspruch auch für mich habe und ich das auch jedem anderen Menschen zugestehe.