Naturkosmetik - Was sie wirklich kann
04.11.2009Drei Viertel der Österreicher fordern "Natur pur" bei der oft recht teuren Naturkosmetik. Sie erwarten für ihr Geld die ausschließliche Verwendung von natürlichen Inhaltsstoffen (74 Prozent), hohe Verträglichkeit (61 Prozent) und den Verzicht auf Konservierungsmittel (47 Prozent).
Zwei von drei Teilnehmern einer von Marketagent.com im Auftrag des Gesundheitsministeriums und der Branchenplattform Kosmetik transparent durchgeführten Umfrage fiel spontan "ohne Chemie" ein.
"Naturkosmetik ist ein hochgradig emotional besetztes Thema, bei dem Konsumkritik, Marketing und der Trend zur Esoterik eine große Rolle spielen", sagte Karin Gromann von der Sektion Verbraucherschutz des Gesundheitsministeriums. "100 Prozent Natur, das können Kosmetikprodukte niemals erreichen."
In bestimmten Fällen ist Natur pur aber auch gar nicht im Sinne der Anwender. Etwa wenn es um die Haltbarkeit geht. Verdorbene Kosmetika lösen heftige Hautreizungen aus. Deshalb gibt es für Konservierungsmittel eine Ausnahme. Zugelassen sind einige im Labor nachgebaute, naturidente Stoffe wie Ameisensäure, Benzoesäure, Benzylalkohol, Propionsäure, Saliyl- und Sorbinsäure. Oft kann man auch durch spezielle Produktionsprozesse, Formulierungen und Verpackungen sowie knappere Haltbarkeitsspannen den Bedarf an zusätzlicher Konservierung senken.
Bei einigen Produktkategorien haben Hersteller von Naturkosmetik aber eindeutig das Nachsehen. "Bei Sonnenschutzmitteln reichen natürliche, mineralische Filter nicht aus, um den gesetzlich geforderten UVA/UVB-Breitbandschutz zu gewährleisten", erklärte Gromann. Seit dieser vorgeschrieben ist, haben sich bekannte Naturkosmetikfirmen aus diesem Bereich zurückgezogen.
"Viele Konsumenten glauben, dass Naturkosmetik per se schon besser ist. Die Kontrollen des Gesundheitsministeriums zeigen aber Mängel", warnte Gromann. "Bei einer Schwerpunktaktion auf Jahr- und Weihnachtsmärkten wurden fast zwei Drittel der Produkte beanstandet." Am häufigsten stießen den Kontrolleuren Kennzeichnungsmängel und die missbräuchliche Verwendung der Bezeichnung Naturkosmetik auf, sowie irreführende Produktaussagen. Mikrobiologisch waren die Erzeugnisse allerdings einwandfrei.
"Die Qualität und Wirksamkeit eines kosmetischen Mittels hängt nicht vom Ursprung der Rohstoffe ab, sondern von deren Reinheit und Formulierung", sagte Karin Gromann. "Eine ständige Herausforderung" sei die schwankende Qualität von Naturstoffen, die von nicht kontrollierbaren Einflüssen wie Klima, Bodenqualität, Zeit, Ort oder Art der Ernte abhängig sei, erläuterte Maria Langhals von der Abteilung Forschung & Entwicklung des Kosmetikriesen Beiersdorf.
"Wer Naturkosmetik bevorzugt, sollte die Finger von selbst gemachten Cremes und Produkten lassen, wie sie auf Märkten angeboten werden", empfahl Gromann. "Auch im Internet treiben viele unseriöse, selbst ernannte Naturkosmetikhersteller ihr Unwesen." Besser sei es, sich in Drogerie, Apotheke oder Reformhaus beraten lassen. Beim Einkauf solle man namhaften Erzeugern den Vorzug geben und nur Produkte kaufen, bei denen der Hersteller mit Kontaktadresse angegeben ist.