Wie war das Gefühl, Ihren Sohn bei ‚Dancing Stars‘ zu sehen? Anna Haider: Sehr aufregend und spannend. Es war viel für mich, aber wunderschön.
Sind Sie stolz? Anna Haider: Ich bin glücklich. Stolz ist wahrscheinlich ein schlechter Ausdruck dafür. Ich glaube, jede Mutter wäre glücklich, ihren Sohn so zu sehen, wie er sich durchboxt. Alfons hatte es ja nicht immer leicht. Er musste einen schweren Weg gehen.
Haben Sie damit gerechnet, in der ersten Sendung kurz vor dem Rauskick zu stehen? Alfons Haider: Vadim und ich haben schon gewonnen, weil wir mitmachen durften.
Haben Sie gewusst, dass Alfons nicht tanzen kann? Anna Haider: Freilich (lacht). Er ist ja Legastheniker und tut sich mit so etwas schwer. Wenn jemand „rechts“ sagt, macht er alles links. Alfons Haider: Ich merke mir immer alles mit „Ringseite“ und „Uhrseite“.
Sie haben geweint bei der ersten Sendung. Auch, weil Sie froh waren, dass er weitergekommen ist? Anna Haider: Selbstverständlich, dabei hatte ich ihm ja zunächst davon abgeraten. Ich habe kein Problem damit, wenn er mit einem Mann tanzt. Das ist ja in Ordnung. Ich habe ihm aber gesagt, dass das zu viel für ihn ist. Er hat Probleme mit den Bandscheiben und ist Legastheniker. Deshalb habe ich ihm abgeraten. Alfons Haider: Wenn wir ehrlich sind, hast du vorher einen Monat lang gemotzt. Anna Haider: Ja, aber du hast nicht auf mich gehört (lacht).
War das früher schon so? Anna Haider: Alfons hatte schon immer seinen eigenen Willen, und den hat er stets durchgesetzt. Mein Mann und ich haben nie Druck auf ihn ausgeübt, sondern ihn immer selbst entscheiden lassen, was er tun möchte.
Von wem hat er die Sturheit? Anna Haider: Die hat er von mir, leider. Mein Mann war sehr ausgeglichen und hat schnell verziehen. Auch das hat der Alfons mitbekommen. Ich tue mir aber oft schwer, das nachzuvollziehen. Wenn ihm jemand wehtut, vergibt er ihm und hält die Freundschaft aufrecht. Wenn ich etwas sage, dann bleibe ich dabei. Ich ändere meine Meinung nicht. Ich habe ihm immer gesagt, dass er mit Ellenbogen hineingehen soll, wenn er wo vorspricht.
Als Ihr Sohn verkündet hat, dass er bei ‚Dancing Stars‘ mit einem Mann tanzen wird, ist viel Häme über ihn hereingebrochen. Haben Sie mit so heftigen Reaktionen gerechnet? Anna Haider: Zeitweise musste ich schon weinen. Ich verstehe die Menschen einfach nicht. Wie kann man denn so gehässig sein, wenn man jemanden gar nicht kennt? Sie verurteilen ihn alle, obwohl sie nicht wissen, wie er ist und was er alles tut. Einer Mutter tut so etwas sehr weh. Oft, wenn ich einen Artikel lese, frage ich mich, was die Mutter desjenigen wohl denken würde, sollte jemand so über ihren Sohn schreiben. Haben die Leute keinen Spiegel zu Hause? Diese Gedanken geben mir Halt. Keiner schreibt darüber, was Alfons alles für Kinder und andere Menschen tut. Man verurteilt ihn bloß, weil er angeblich zu einer Randgruppe gehört. Dafür kann er doch nichts. Wenn seine Gene so sind, was soll Alfons da machen? Es ist eben so, und damit muss man eben leben. Alfons Haider: Wenn Dummheit sich mit Hass paart, ist das immer schlimm. Wenn dann noch reaktionäres Gedankengut dazukommt, steht man wehrlos daneben. Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und zu zeigen, dass es weder pietätlos noch peinlich ist, mit einem Mann zu tanzen.
Wie lief das erste Gespräch mit Ihrer Mutter ab, nachdem Sie gespürt haben, dass Sie auf Männer stehen? Alfons Haider: Das war nicht lustig. Es war vor 30 Jahren, eine ganz andere Zeit. Nicht lange davor kam der letzte Schwule ins Gefängnis. Anna Haider: Ich war damals sehr traurig und habe mich gefragt, was ich falsch gemacht haben könnte. Für uns war das ein Tabuthema. Alfons Haider: Jetzt kommt die Mutter, die Löwin, ins Spiel. In der Sekunde, in der ich in der Öffentlichkeit attackiert wurde, hat sie sich blitzartig umgedreht und die Krallen ausgefahren. Anna Haider: Seit du dazu stehen kannst, lebst du ja auch viel freier. Das Versteckspiel ist vorbei. Alfons ist jetzt viel offener und kann seine Meinung äußern. Alfons Haider: Es gibt einen Unterschied zwischen frei leben und sich einsetzen. Anna Haider: Ich bin oft dagegen, dass er sich so einsetzt. Er kämpft sehr für diese Randgruppe und wird deshalb immer wieder attackiert.
Wie würden sie Ihre Mutter-Sohn-Beziehung beschreiben? Alfons Haider: Ich glaube, es ist die einzige Ehe, bei der zwei Leute seit über 50 Jahren miteinander verheiratet sind und sich beim Frühstück trotzdem noch etwas zu sagen haben. Anna Haider: Er hat sich noch nicht abgenabelt (lacht).
Wie viel Kraft gibt Ihnen Ihre Mutter? Alfons Haider: ...
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