Jenny Elvers im Madonna-Talk:
"Nüchtern ist das Leben schöner"
13.09.2013Einmal Hölle und zurück. Nach ihrem Alkoholabsturz will Jenny Elvers ein neues Leben beginnen. Der Talk über neue Liebe, Rückfallgefahr und Babywunsch.
Sie polarisiert. Die einen beschimpfen sie in Chat-Foren als „Schnapsdrossel“, die anderen wissen nicht genau, mit ihrer Gegenwart umzugehen. Viele aber ziehen den Hut vor ihr. Jenny Elvers (41) brach vor einem Jahr – anfangs mehr unfreiwillig als gewollt – ein Tabu. „Ja, ich bin Alkoholikerin“, hatte sie damals nach dem illuminierten Skandalauftritt in einer Talkshow zugegeben. Und mit tieftraurigen Augen hinzugefügt: „Ich schäme mich.“
Tiefpunkte
Am kommenden Dienstag feiert Jenny Elvers (41) Jahrestag. Ein Jahr Trockensein, ein Jahr Leben in nüchternem Zustand. Und das war nicht immer einfach – sondern ganz oft eine harte Prüfung. Vor allem, als sich im Juli auch noch Elvers’ Ehemann Goetz Elbertzhagen (54) nach zwölf Jahren „ganz plötzlich“, wie sie sagt, von ihr trennt. Wegen einer 26-jährigen Blondine, mit der er nun auf Weltreise ist. Jenny meistert die Belastungsprobe, trinkt keinen Schluck. Flüchtet stattdessen in eine neue Liebe. Und die scheint ihr gut zu tun. Steffen von der Beeck (42) heißt der neue Mann an der Seite der Mutter eines 12-jährigen Sohnes, der zuletzt in die Schlagzeilen geriet, weil ihn sein leiblicher Vater, Ex-Big Brother-Insasse Alex Jolig, zu sich holen wollte. „Pauls einzig wahrer Vater ist Goetz“, sagt Jenny Elvers, als wir sie in der MADONNA-Redaktion empfangen, um ihr den Leading Ladies Award in der Kategorie „Medien“ zu überreichen. Und um mit der Schauspielerin, die derzeit für die TV-Komödie Frauenherzen vor der Kamera steht, über ihr erstes Jahr ohne Alkohol, über die Trennung von ihrem Mann und ihr neues, nüchternes Leben zu sprechen …
Sie wurden mit dem Leading Ladies Award ausgezeichnet. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung für Sie?
Jenny Elvers: Am 17. September habe ich Jahrestag – da bin ich ein Jahr trocken. Diesen Preis genau zu diesem Zeitpunkt zu erhalten, ist natürlich sehr schön für mich. Denn das letzte Jahr hat mich schon sehr viel Kraft gekostet. Aber es hat sich gelohnt.
Sie wurden für Ihren öffentlichen Umgang mit Ihrer Alkoholsucht ausgezeichnet. Nicht alle waren davon begeistert, dass Sie Ihre Geschichte so öffentlich gemacht haben …
Elvers: Natürlich gibt es immer Leute, die es stört, wenn man so offen über so etwas spricht. Ich habe aber ganz bewusst diesen Weg gewählt – und ganz viele Briefe und E-Mails von anderen Betroffenen bekommen, die es toll fanden, dass endlich jemand offen über dieses Tabuthema spricht. Es gibt viel mehr Menschen, die Alkoholiker sind, als man denkt. Und sehr viele davon stehen einfach nicht dazu. Aber ich habe auch beschlossen, das Thema nach meinem Jahrestag auch mal gut sein zu lassen und wieder mehr mit meiner Arbeit präsent zu sein.
Wer oder was hat Ihnen im letzten Jahr Kraft gegeben?
elvers: Ich bin ein Stehaufmännchen, eine Kämpferin. Es gab im letzten Jahr viele sehr traurige Momente, aber auch viele sehr schöne, die mit Kraft gegeben haben. Und wer mir natürlich immer Kraft gibt, sind meine Eltern – und mein Sohn Paul.
Wie schwer war das letzte Jahr für Ihren zwölfjährigen Sohn?
Elvers: Er hatte es natürlich nicht einfach. Das ist schon schwierig für ein Kind, wenn das so öffentlich wird und jeder seine Meinung dazu hat. Aber Paul hat das mit sehr viel Würde getragen. Ich denke, das Wichtigste ist, dass wir zu Hause sehr ehrlich miteinander umgehen.
Aber Sie mussten sich im letzten Jahr doch vor allem auf sich selbst konzentrieren. War es nicht schwer, die Mutterrolle gut zu erfüllen?
Elvers: Nein, denn die schwierigsten Phasen, den körperlichen Entzug und die echte Auseinandersetzung mit der Problematik, habe ich ja in der Klinik durchgemacht. Da war ich ganz für mich, davon hat Paul nichts mitbekommen. Danach ging es mir ja viel besser – und so etwas überträgt sich automatisch auf ein Kind.
Hätten Sie den Entzug ohne Klinikaufenthalt auch geschafft?
Elvers: Nein, denn der Austausch mit anderen Betroffenen ist das Um und Auf – zu erkennen, dass man nicht alleine ist und dass man sich nicht schämen muss. Außerdem ist man ja zuerst auf der Notfallstation, wo man den körperlichen Entzug macht, der wirklich sehr langwierig und anstrengend ist. Das würde man ohne ärztliche Hilfe nie schaffen.
In derlei Situationen trennt sich im Freundeskreis oftmals die Spreu vom Weizen. Gab es Menschen, die Sie in dieser Zeit enttäuscht haben?
Elvers: Natürlich gibt es Menschen, die nicht wissen, wie sie mit diesem Thema umgehen sollen. Ob sie etwas in meiner Gegenwart trinken dürfen, zum Beispiel. Für meinen Freundeskreis ist es inzwischen ganz normal, dass ich einfach nichts trinke. Als ich schwanger war, habe ich ja auch nicht getrunken. Aber es gibt schon auch Leute, die die Krankheit nicht ernst nehmen und zu mir sagen: „Ach komm, ein Glas kannst du doch mal trinken!“
Hat Sie jemand ganz besonders enttäuscht?
Elvers: Es gab im ganz privaten Kreis Momente, in denen ich jemanden gebeten habe, heute nichts zu trinken, weil es anfangs für mich eben auch schwierige Tage gab. Derjenige hat dann trotzdem getrunken. Das tat schon weh, dass man so rücksichtslos sein kann.
Wie haben Sie reagiert?
Elvers: Ich bin einfach gegangen. Das sind Dinge, die man auch in der Therapie lernt.
Haben Sie heute auch noch solche „schwierigen Tage“?
Elvers: Nein, aber es gibt solche Mechanismen, in gewissen Stresssituationen, in denen man früher zum Glas gegriffen hat. Für diese muss man sich andere Methoden aneignen, um Druck abzubauen.
Sind Sie noch in Therapie?
Elvers: Ich bin in Intervalltherapie. Ich habe jetzt wieder begonnen, sehr intensiv zu arbeiten – da muss ich schon schauen, dass ich mir dann immer wieder meine Auszeiten nehme.
Im letzten Jahr ist in Ihrem Leben auch abseits des Entzugs viel passiert …
Elvers: Das kann man so sagen! Es reicht für ein ganzes Leben (lacht)!
Wir sprechen über die Trennung von Ihrem Ehemann. Wie hart war das für Sie?
Elvers: Keine Frau findet es lustig, wenn ihr Mann mit der Sekretärin auf Weltreise geht. Egal, ob sie Alkoholikerin ist oder nicht. Das ist kein Spaziergang. Schon gar nicht nach einer zwölfjährigen Beziehung, von heute auf morgen.
Das alles kam also wirklich überraschend für Sie?
Elvers: Absolut! Zumal das ja auch schon längere Zeit parallel lief. Das tut sehr weh.
Eine Situation, in der Sie Gefahr liefen, wieder zum Glas zu greifen?
Elvers: Nein, ganz im Gegenteil: Denn ab dem Zeitpunkt der Trennung hatte mein Sohn ja tatsächlich nur noch mich. Das hätte ich meinem Kind nie angetan! Ich musste also meinen Kummer bewältigen, aber vor allem auch den Kummer von Paul.
Goetz Elbertzhagen ist zwar nicht der leibliche Vater von Paul, aber Ihr Sohn sah ihn ja eigentlich als seinen Papa …
Elvers: Nicht eigentlich, sondern er ist einfach sein Papa. Das ist so. Umso härter ist das alles für ihn.
Hat Paul Kontakt zu Ihrem Mann?
Elvers: Wenig. Goetz ist ja auch gar nicht da.
Er ist mit seiner neuen Freundin auf Reisen.
Elvers: Ja (schaut betroffen zu Boden). Na ja …
Es gab Schlagzeilen, dass der leibliche Vater von Paul, Alex Jolig, Ihren Sohn zu sich nehmen möchte. Stimmt das?
Elvers: Nein, ganz und gar nicht. Das wäre ja auch völlig absurd. Er hat sich zehn Jahre lang nicht um ihn gekümmert, kennt ihn ja gar nicht. Kein Gericht der Welt würde ihm das Sorgerecht geben. Es gibt auch keinen Grund dafür. Es geht uns sehr gut.
Sie selbst sind nun auch frisch verliebt. Wie hat Ihr Sohn auf den neuen Mann in Ihrem Leben reagiert?
Elvers: Steffen und ich sind ganz vorsichtig mit der neuen Situation umgegangen. Ich war mit Paul und mehreren Freundinnen auf Urlaub. Steffen kam dann dazu, hat aber in einem eigenen Zimmer geschlafen. Die beiden haben sich in den drei Wochen dann ganz toll angenähert. Und jetzt verstehen sie sich ganz toll. Das war mir natürlich sehr wichtig.
Entzug, Trennung – und all das öffentlich. Wie geht Ihr neuer Freund damit um?
(Aus dem Hintergrund antwortet Steffen von der Beeck:)
Steffen von der beeck: Ich mag es schwierig (lacht). Einfach ist langweilig.
Elvers: Das wird’s mit mir sicher nicht!
Von der beeck: Es ist natürlich auch ganz hilfreich, dass ich Psychologie studiert habe.
Elvers: Ich habe jetzt sozusagen meinen Therapeuten zu Hause (lacht).
Ist eine Scheidung von Ihrem Mann schon ein Thema für Sie?
elvers: Nein! Ich habe gestern mit meinem Mann gesprochen. Nein, ist kein Thema.
Was sagt Ihr neuer Partner dazu?
Elvers: Das ist ja alles noch sehr frisch …
Steffen von der beeck: (aus dem Hintergrund) Jetzt sag’ nicht wieder, dass alles noch sehr frisch ist. Das wird dann wieder falsch verstanden.
Könnten Sie sich vorstellen, noch einmal Mutter zu werden?
Elvers: Ja, kann ich mir vorstellen! Paul hätte gern ein Geschwisterchen. Schauen wir mal. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Wo sehen Sie sich in 30 Jahren?
Elvers: Jedenfalls nicht in der Betty-Ford-Klinik (lacht)!