Fellner und Kiefhaber

Pink Ribbon hat unser Leben verändert

28.09.2012

Zwei Powerladys beschlossen vor 10 Jahren das Thema Brustkrebs zu enttabuisieren.

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© Chris Singer
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Wenn zwei Powerladys auf einen Kaffee gehen, kommt dabei meist etwas Produktives heraus. Im Fall von Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe, und Uschi Fellner, Herausgeberin und Chefredakteurin, die wichtigste Frauengesundheitsinitiative des Landes. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der ‚Pink Ribbon‘-Aktion baten wir die beiden in die Wiener Konditorei Demel, wo die einzigartige Kooperation zugunsten von Brustkrebs Betroffener begann.

Vor zehn Jahren habt ihr hier die Idee zur ‚Pink Ribbon‘-Aktion geboren. Wie kam es dazu?

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Uschi Fellner: Doris hat mich damals angerufen und gesagt, sie würde mir gerne eine Idee vorstellen. Wir haben uns dann beim Demel getroffen. Das war im April. Daran erinnere ich mich, weil ich keine Strümpfe anhatte und es klirrend kalt war (lacht).

Doris Kiefhaber: Ja, das Gespräch war für eine Stunde angesetzt – nach drei Stunden im Schanigarten waren wir völlig durchgefroren (lacht). Ich hatte die Aktion in Amerika kennengelernt, unmittelbar bevor ich 2001 zur Krebshilfe gekommen war. Mir war schnell bewusst, dass wir das Pink Ribbon nützen sollten, wenn wir unseren Schwerpunkt auf Brustkrebsfrüherkennung legen wollen. Nachdem fest stand, dass wir die Marke auch nutzen dürfen, war mir bewusst, dass wir das nicht ohne die Hilfe des größten Frauenmagazins Österreichs schaffen würden. Eigentlich war mein großer Wunsch ja nur ein großer Artikel über Pink Ribbon und Brustkrebsfrüherkennung.

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Fellner: Ich fand aber, dass wir das gleich kampagnisieren sollten. Eine einzige Geschichte bringt ja nichts, man muss das Thema Vorsorge regelmäßig ins Gedächtnis der Leute rufen.

Weil das Thema Brustkrebs damals ein Tabuthema war?

Fellner: Genau, das war damals medial gesehen ein absolutes No-Go.

Kiefhaber: Meine große Angst war, dass das Projekt genau daran scheitert. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man Brustkrebs in einem Lifestyle- und Beauty-Magazin einfach zum Thema machen kann. Dass du das so aufgenommen hast, war für mich die größte Überraschung. Du hast den Leuten einfach vermittelt: Das gehört zu uns Frauen dazu!

Fellner: Wichtig war dabei, die Betroffenen von ihrer schönsten Seite zu zeigen – geschminkt und gestylt. Sodass andere Frauen die Furcht vor diesem Tabuthema verlieren.

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Kiefhaber: Das war und ist auch völlig richtig: Wir halten das Darstellen von Krebspatienten mit einem durch die Therapie und die Erkrankung veränderten Aussehen als unethisch – egal ob es um Inhalte geht oder noch schlimmer um Spenden. Es gab am Anfang ein paar kritische Stimmen, die gemeint haben, Pink Ribbon sei zu schick. Zehn Jahre danach kann ich sagen, diese Stimmen kamen wirklich nie von betroffenen Frauen, denen geholfen wurde und die vielleicht finanzielle Unterstützung durch die Aktion erhielten oder die überhaupt erst aufgrund der Aktion zur Mammografie gegangen sind.

Vor zehn Jahren war es tatsächlich nicht üblich, regelmäßig zur Mammografie zu gehen?

Kiefhaber: 1995 haben wir eine Umfrage zum Thema Vorsorgeverhalten der Österreicher gemacht. Eine Frage an die Frauen war, ob sie die Möglichkeit der Mammografie kennen. 67 Prozent haben mit Ja geantwortet, aber nur 23 Prozent haben angegeben, diese auch wahrzunehmen. Das war der Auslöser für den Vorstand der Krebshilfe, zu sagen: Daran müssen wir etwas ändern!

Umso wichtiger ist Ihnen wohl auch die Einführung des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms …

Kiefhaber: Unser Präsident, Professor Sevelda, hat vor über 20 Jahren begonnen, das Screening einzufordern. Es scheint so, als würden wir es am ersten April 2013 als letztes Land in Europa bekommen, und das ist gut so. Dabei werden Frauen zwischen 45 und 69 durch öffentliche Stellen mittels eines Briefes zur Mammografie eingeladen. (Infos auf S. 58, Anm.)

Fellner: Aber man sollte grundsätzlich doch schon ab 40 zur Mammografie gehen?

Warum wird erst ab dem 45. Lebensjahr daran erinnert?

Kiefhaber: Das ist eine Altersgruppe, auf die man sich nun geeinigt hat. Man wird sich jedoch ab 40 selbst in dieses Programm eintragen und erinnern lassen können.

Am letzten Donnerstag wurde im Parlament im Rahmen der Pink Ribbon Night das zehnjährige Jubiläum der Aktion begangen. Warum sind solche Events wichtig?

Kiefhaber: Wir wollten mit der Unterstützung von Prominenten Aufmerksamkeit für das Thema Brustkrebs erzeugen und durch den Verkauf von Tickets Spenden lukrieren. Die Pink Ribbon Night ist auch immer „nur“ der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Informationsveranstaltungen zum Thema Brustkrebsfrüherkennung in ganz Österreich. Und da wir vor allem jene Frauen erreichen wollen, die nicht so gesundheitsaffin sind, finden die Veranstaltungen an Plätzen statt, wo wir sozusagen „Laufkundschaft“ ansprechen können, sprich auf Hauptplätzen, in Shoppingcentern, oder wir schließen uns an bestehende Veranstaltungen an.

Fellner: Und dass heute auch prominente Frauen offen über ihre Erkrankung sprechen, bewirkt dieses wichtige Umdenken und Erkennen, dass Brustkrebs vor niemandem haltmacht, dass es jeden von uns treffen kann.

Wie diszipliniert seid ihr beide in Sachen Vorsorge?

Fellner: Die ‚Pink Ribbon‘-Aktion hat mich diesbezüglich auf jeden Fall diszipliniert!

Kiefhaber: Ich gehe regelmäßig zur Mammografie – und bin vor und nach der Untersuchung ein Nervenbündel. Ich mache aber auch alle anderen Krebsvorsorge-Untersuchungen sehr gewissenhaft, weil ich familiär vorbelastet bin. Mein Vater ist voriges Jahr an Krebs gestorben, und schon davor hatten wir einige Fälle in der Familie. Das Thema war bei uns immer präsent.

Welche Pläne habt ihr für die nächsten zehn Jahre Pink
Ribbon?

Fellner: Dass Nationalratspräsidentin Prammer das Parlament für die ‚Pink Ribbon‘-Veranstaltung geöffnet hat, ist kaum noch zu toppen. Damit ist Brustkrebs ein nationales Anliegen.

Kiefhaber: Wir haben schon sehr viel erreicht: Dass Frauen regelmäßig zur Mammografie gehen – das passiert jetzt hoffentlich noch verstärkter durch das nationale Brustkrebs-Früherkennungsprogramm. Wir wollten Spenden für Frauen, die unverschuldet in Not geraten sind – und die haben wir auch bekommen. Wir brauchen jährlich eine Million Euro für diese Soforthilfe, rund 800.000 Euro kommen aus der ‚Pink Ribbon‘-Aktion.

Fellner: Es ist ganz einfach wichtig, dass wir nie aufhören, zu „trommeln“. Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und auf das blicken, was wir schon erreicht haben – sondern wir müssen weiter dafür kämpfen, dass diese Aktion vielleicht eines Tages gar nicht mehr gebraucht wird, weil es Brustkrebs nicht mehr gibt. Bis dahin sind wir ganz bestimmt weiterhin gemeinsam im Einsatz für Pink Ribbon.

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