Frau Elsner, was hat Sie zu diesem Buch bewogen? Ruth Elsner: Im Prinzip ist es die Chronik eines Skandals. Ich habe Ida im Zuge der Berichterstattung über den Bawag-Prozess kennengelernt. Sie hatte die Idee, alles schriftlich festzuhalten. Der wahre Auslöser war schließlich die OGH-Verhandlung vor Weihnachten (bei der Elsner zu 10 Jahren Haft verurteilt wurde, Anm.) – das war ein schockartiges Erlebnis für uns alle!
Wie hat sich die Zusammenarbeit an dem Buch gestaltet? Elsner: Im Grunde wie ein sehr, sehr langes Interview. Ida hat Fragen gestellt und ich habe aus meinen Erinnerungen heraus erzählt. Es war eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Ida Metzger: Das erste Interview haben wir am 15. November geführt, eigentlich recht spät. Wir haben das Buch also wirklich in Rekordzeit fertiggestellt. Andere würden wohl dafür ein Jahr brauchen.
Ida, du kanntest Ruth Elsner schon von vielen Interviews im Zuge deiner Berichterstattung. Die Arbeit an einem Buch ist aber etwas ganz anderes ... Metzger: Für mich war das Ganze wie ein Experiment. Als Journalistin ist es natürlich ein großes Ziel, irgendwann einmal ein Buch zu schreiben. Eines Tages kam mir diese Idee. Ich dachte, wenn ich ein Buch in dieser Rekordzeit schreiben kann, dann nur dieses, weil ich Ruth Elsner und den Fall ja schon seit zwei Jahren begleite. Und ich muss sagen: Ein Buch zu schreiben, war eine tolle Erfahrung für mich. Weil man sich einmal richtig in ein Thema vertiefen kann.
Frau Elsner, wie schmerzhaft war es für Sie, beim Erzählen alles nochmals zu durchleben? Elsner: Das war schon eine emotionale Berg- und Talfahrt. Vor allem das Kapitel der Verhaftung und der Auslieferung ist mir sehr nahe gegangen. Ich musste zum Teil auch Pausen einlegen, um mich wieder ein wenig zu fangen.
Ida, inwiefern hat die Arbeit an dem Buch deine Sicht auf den Prozess und die Verurteilung Helmut Elsners verändert? Metzger: Im Grunde nicht sehr stark, denn ich hatte immer schon den Eindruck, dass in diesem Fall – sei es nun absichtlich oder nicht – viele Fehler passiert sind. Ganz unglaubliche Fehler teilweise. Bevor ich Ruth Elsner kennenlernte, hatte ich großes Vertrauen in die österreichische Justiz. Bei unseren gemeinsamen Abendessen hat sie mir dann von schockierenden Details erzählt, die mich fassungslos gemacht haben und sagen ließen: „Aber wir leben doch in Österreich! So etwas darf hier nicht passieren.“ Umso wichtiger war es mir, dieses Buch mit Ruth zu schreiben. Elsner: Wobei ich bewusst versucht habe, einen großen Teil des Buchs formal zu gestalten – ohne Emotionen. Ich habe die Fakten des Prozesses dargelegt, um den Beweis dafür zu liefern, dass vieles, das im Prozess gesagt oder getan wurde, nicht den Tatsachen entspricht. Ich habe versucht aufzuzeigen, dass die Wahrheit erst gar nicht gesucht und dementsprechend auch nicht gefunden wurde. Das alles sind harte Fakten und nicht meine persönliche Sicht der Dinge. Metzger: Mir wiederum ging es schon mehr um die Emotionalität, weil ich aufzeigen wollte, wie die Justiz ein oder gleich mehrere Menschenleben zerstören kann. Und ich denke, dass es genau deshalb ein gutes Buch geworden ist, das sehr viele Menschen anspricht.
Wäre es nicht naheliegend gewesen, dass zuerst Ihr Ehemann ein Buch schreibt? Elsner: Das wäre sehr schön gewesen, ist in seiner Situation aber leider unmöglich. Auch aus gesundheitlichen Gründen. Aber er hat sich sehr darüber gefreut, als ich ihm das erste Mal von dem Projekt erzählte.
Hat er das Buch schon gelesen? Elsner: Nein, ich konnte es ihm nicht schicken, da die Post im Gefängnis geöffnet wird und ich nicht wollte, dass es in falsche Hände gerät. Natürlich bekommt er gleich nächste Woche ein Exemplar! Er freut sich schon sehr darauf.
Journalisten waren ja nicht unbedingt immer Ihre Freunde – nun haben Sie Ihr Buch aber mit einer Journalistin geschrieben. Elsner: ... |