Der Kaffeepreis steigt aktuell stark an und lag im August-Durchschnitt bei rund 216 USD pro Quintal (ICO Other Milds Arabica).
Diese für die Kleinbauernfamilien erfreuliche Entwicklung wird allerdings entscheidend getrübt, denn die Ursachen der Preissteigerung liegen nicht in strukturellen Änderungen, sondern in schlechten Ernteprognosen sowie politischen Unruhen und steigenden Transportkosten. Fairtrade reagiert auf die schwierigen Rahmenbedingungen mit einer Überarbeitung des internationalen Kaffee-Standards.
Der Weltmarktpreis für Kaffee zeigte sich in den vergangenen Jahren als sehr volatil. Derzeit machen sich witterungsbedingte Ernteausfälle in Brasilien (weltweit größter Kaffeeproduzent) sowie höhere Transportkosten infolge pandemiebedingter Probleme in den globalen Lieferketten bemerkbar – die Kaffeepreise steigen. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich das schnell wieder ändern kann. Noch Mitte 2019 waren die Durchschnittspreise um knapp 60% niedriger als heute, erholten sich in den darauffolgenden Monaten wieder, nur um Ende 2020 erneut massiv einzubrechen.
„Diese Entwicklung erschwert die finanzielle Ressourcenplanung der Kaffee-Kooperativen. Um die Einkommenssituation der Kaffee-Kleinbauernfamilien signifikant und nachhaltig zu erhöhen, sind daher Rohkaffeepreise notwendig, die sich längerfristig, also über die kommenden Monate hinaus, auf dem aktuellen Niveau etablieren.“ formuliert Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich, einen Wunsch für die zukünftige Entwicklung des Kaffeehandels. Stabile und höhere Preise von Rohkaffee sind demnach ein entscheidender Faktor, um die Kosten einer nachhaltigen Produktion für die Kaffeebauernfamilien zu decken.
Neuer Fairtrade-Kaffee-Standard
Fairtrade zertifiziert ausschließlich Kaffee aus kleinbäuerlicher Produktion. Ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, steht im Zentrum aller Aktivitäten von Fairtrade International. Dafür wurden starke internationale Standards und ein unabhängiges Kontrollsystem dieser Richtlinien etabliert. Angesichts der aktuellen Entwicklungen wurde der Kaffee-Standard überarbeitet und weiter geschärft, um den positiven Impact in den Kaffee-Ursprungsregionen zu erhöhen. Zukünftige Fairtrade-Kaffeekooperativen müssen demnach bereits vorab eine konkrete Marktnachfrage nach ihrem Kaffee vorweisen können.
„Denn nur durch Ernteverkäufe zu Fairtrade-Bedingungen profitieren die Kleinbauernfamilien durch eine vertraglich fixierte Zusatzprämie oder, bei biologischem Anbau, durch einen Bio-Aufschlag“, betont Kirner die Auswirkungen der Standard-Änderung. Andere wichtige Neuerungen betreffen Maßnahmen, um besser auf zukünftige Umwelt- und Klimaherausforderungen reagieren zu können.
„Kaffee-Kooperativen müssen lokale Umwelt- und Klima-Risiken, wie zum Beispiel ein erwarteter höherer Schädlingsbefall oder fehlende Niederschläge, bewerten, und dementsprechend Adaptierungen der landwirtschaftlichen Praktiken planen und umsetzen“, so Kirner weiter. Damit sollen langfristig die gerade in den Kaffeeanbaugebieten notwendigen Anpassungsmaßnahmen an die Klimakrise erleichtert und gefördert werden, und damit die Einkommen der Kleinbauernfamilien abgesichert werden. Der neue Fairtrade-Kaffee-Standard ist Mitte Juli 2021 in Kraft getreten, und gilt für kleinbäuerliche Organisationen und Händler. Für die Umsetzung der Kriterien gibt es Übergangsfristen von bis zu einem Jahr.
Fairtrade-Kaffee in Österreich
Kaffee war 1993 das erste Fairtrade-Produkt in heimischen Regalen und verzeichnet seit jeher ein jährliches Wachstum. 2020 gab es trotz (Corona-)Gastronomie-Lockdowns einen zweistelligen Zugewinn bei Rohkaffee (+10,5% auf 5.108 Tonnen) – auch im Gesamtjahr 2021 ist eine ähnliche Nachfrage nach fairem Kaffee in Österreich zu erwarten. Der geschätzte Marktanteil von Fairtrade-Kaffee in Österreich liegt bereits bei knapp 8 Prozent. „Kaffee ist das beliebteste Heißgetränk der Österreicherinnen und Österreicher. Es ist wirklich sehr erfreulich, dass beim Genuss des Kaffeehäferls zuhause oder im Kaffeehaus immer öfter auch an die Menschen gedacht wird, die bei der Kaffeeernte und –Weiterverarbeitung schwerste Arbeit verrichten. Fairtrade sorgt für faire Einkommen, und das bei hoher Qualität und gutem Geschmack in der Tasse", so Kirner abschließend.