„Wunder-Mittel“

Abnehmspritze vergriffen – Diabetiker in Lebensgefahr

09.01.2024

Der große Hype um die "Abnehm-Spritze" Ozempic nimmt kein Ende. In Wahrheit sollte das Mittel aber das Leid von Diabetikern lindern - denen fehlt es jetzt.

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© APA/EVA MANHART (Symbolbild)
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Der Medikamenten-Engpass nimmt kein Ende. Aktuell fehlen in Österreich noch immer 603 zum Teil sehr wichtige Arzneimittel (laut AGES). Dabei in der Liste sind Schmerzmittel, fiebersenkende Medikamente für Kinder, etc.

Frau musste in Notaufnahme

Heute meldete sich ein besorgter Mann bei oe24. Er will anonym bleiben (Name der Redaktion bekannt). Seine Mutter (84) ist Diabetikerin. Ihr wichtiges Medikament Ozempic ist nicht mehr aufzutreiben: „Ihr wird sehr schwindlig, es wird ihr schwarz vor Augen.“ Vor wenigen Wochen kam es zu einem Notfall, die Frau wurde in ein Wiener Spital eingeliefert.

Mittel absetzen kann Leben bedrohen

„Diabetesärzte warnen davor, das Medikament abzusetzen - was aber mangels Verfügbarkeit unfreiwilligerweise der Fall ist -, weil dies für Risikopatienten lebensbedrohlich sein kann. Genau diese Erfahrung mussten meine Mutter und ich in den vergangenen Monaten leider machen", sagt der Mann zu oe24 Gibt man Ozempic in die Datenbank der AGES ein, poppen gleich drei verschiedene Dosierungen als „eingeschränkt verfügbar“ auf.

Alle wollten damit Kilos verlieren

Die Vorgeschichte: 2022 verschrieb ein Arzt der Patientin Ozempic. Es half ihr wunderbar bei ihren schlimmen Symptomen. Doch dann begann der große Hype um das „Wundermitel“. Ozempic wurde zur angesagten Abnehm-Spritze. Vom Hollywood-Star bis zur heimischen Szene – alle verloren ihre Kilos mit dem Mittel.

Damit intensivierte sich das Leiden vieler echter Patienten. „Seitdem wird es zwar verschrieben, ist aber nirgendwo erhältlich - weder in Spitälern noch in Apotheken, die Wartelisten führen, nicht einmal im Diabeteszentrum der Wiener Gesundheitskasse,“ sagt der Sohn der Patientin zu oe24.

© APA/AFP/SEBASTIEN BOZON

Das große Problem: Man müsste Ozempic einmal wöchentlich spritzen, nicht sporadisch, wenn man gerade eine Dosis ergattern kann. Auch kein alternatives Mittel half der Frau gegen ihre Leiden

Ministerium kennt Problem seit über einem Jahr

oe24 wandte sich an das Gesundheitsministerium von Johannes Rauch (Grüne). Das Problem, „dass die Versorgung für Diabetiker:innen, die den Wirkstoff dringend benötigen, gefährdet wird“, sei bereits seit November 2022 (!) bekannt. Verursacht eben durch die vielen Off-Label-Nutzer, also Menschen, die sich spritzen lassen, um abzunehmen. Aber: „Die Pflicht zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung obliegt grundsätzlich den Zulassungsinhabern und dem Pharmagroßhandel.“

"Die können auch nichts machen"

Auch dort fragten wir an. Dr. Monika Vögele, Generalsekretärin des Verbands der Arzneimittel-Großhändler sagt zu oe24: „Das ist schon seit Monaten Riesenthema. Wir waren schon bei der Behörde (Anm.: dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen) weil wir unserem Versorgungsauftrag nicht nachkommen können. Die können auch nichts machen. Das liegt beim Hersteller.“

Acht Milliarden Euro Umsatz in einem Jahr

Ein wenig Hoffnung besteht jedenfalls: „Der Hersteller - Novo Nordisk – hat grundsätzlich in Aussicht gestellt, dass sich die Liefermengen in diesem Jahr erhöhen sollen. Aber das ist noch zu früh, dass wir das bestätigen können.“

Für Novo Nordisk ist die Arznei jedenfalls ein Goldesel. Alleine im Jahr 2022 verkaufte das dänische Unternehmen Ozempic um acht Milliarden Euro!
  

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