Urteil im Oma-Mord
18 Jahre Haft für Opa, 12 Jahre für Enkel
06.09.2013Geschworene entschieden einstimmig – Urteile nicht rechtskräftig.
Am Freitag fielen die Urteile im Prozess um eine dramatische Familien-Tragödie: Leopold D. (72) und sein Enkel Lukas S. (19) wurden zu 18 bzw. 12 Jahren Haft verurteilt. Nach sechstündiger Beratung waren sich die Geschworenen einig: Der Pensionist hat seinen Enkel dazu angestiftet, die eigene Oma zu ermorden. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Staatsanwalt: »Opa hat Enkel zu Mörder gemacht«
Schon im Schlussplädoyer im Landesgericht Ried im Innkreis ließ Staatsanwalt Alois Ebner keinen Zweifel daran, dass er den 72-jährigen Ex-Schuldirektor für den Hauptschuldigen hält: „Leopold D. hat Lukas S. zu dem gemacht, was er ist – auch zum Mörder seiner eigenen Großmutter.“
Im Oktober des Vorjahres war Renate D. (68) in ihrem Haus mit einer Axt der Schädel zertrümmert und dann, als sie bereits tot war, fünfmal mit einem Küchenmesser auf sie eingestochen worden. Die besonders heimtückische und brutale Vorgehensweise wirkte sich erschwerend auf die Urteile aus.
Während Lukas S. die Tat gestand, wollte Leopold D. von einer Mitschuld nichts wissen. Aber: Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner attestierte dem 19-Jährigen eine erhöhte Abhängigkeit von seinem Opa. Und am letzten Verhandlungstag geriet Leopold D. selbst immer mehr in die Enge.
Großvater verstrickte
sich in Widersprüche
Die widersprüchliche Schilderung zur Auffindung der Leiche seiner Frau löste bei den Geschworenen Kopfschütteln aus. Zudem schilderte die Mutter seiner außerehelichen Tochter freimütig ihr 15 Jahre langes Verhältnis mit dem heute 72-Jährigen.
Vor dem Urteil erklärte
Lukas S. unter Tränen: „Ich kann es nicht mehr rückgängig machen, so sehr ich das auch möchte.“
Die Anwälte des Großvaters meldeten volle Berufung an.
Fritzl-Gutachterin Adelheid Kastner im Interview: "Lukas war süchtig nach Opas Bewunderung"
Expertise. Ein Gutachten war in dem Mordprozess besonders gespannt verfolgt worden – jenes von Fritzl-Gutachterin Adelheid Kastner. Sie analysierte die Persönlichkeiten der beiden Angeklagten.
Beide seien zurechnungsfähig, so Kastner. Die Gefährlichkeit, die von Lukas S. ausgeht, erläuterte Kastner über dessen Selbstdefinition. Der 19-Jährige, der sich seit dem sechsten Lebensjahr nur über seine musikalische Begabung definierte, sei geradezu süchtig nach Bewunderung gewesen. Und diese sei zentral vom Opa gekommen. „Wäre diese weggefallen, wäre er ein Niemand gewesen.“ Die Angst davor, die Gunst des Opas zu verlieren, sei eine existenzielle gewesen. Als Kastner dies vor Gericht darlegte, brachen beide Angeklagte in Tränen aus.
Der Opa sei zurechnungsfähig, sie habe keinen Hinweis auf eine psychische Erkrankung gefunden. Es sei ihm, so Kastner weiter, wichtig, gut dazustehen. Auch er sei davon getrieben gewesen, angehimmelt zu werden. (ort)