In Vorarlberg kam es unterdessen fast zu einem Crash Zug gegen Lkw.
Jeder zweite Autofahrer würde laut einer Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) trotz Rotlichts über eine Eisenbahnkreuzung fahren. 2010 haben sich 170 Unfälle an Bahnübergängen ereignet, bei denen 13 Menschen ihr Leben verloren. Anlässlich des heute, Donnerstag, stattfindenden International Level Crossing Awareness Days (ILCAD), dem Tag der Eisenbahnkreuzungs-Sicherheit, haben Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ), die ÖBB und das KfV bei einem Pressetermin in Wien den Startschuss für eine Informationskampagne gegeben.
Vor Pressekonferenz: Lkw-Fahrer demoliert Schranken
Wie aktuell das Thema Sicherheit auf Bahnübergängen ist, demonstrierte unterdessen ein Lkw-Lenker in Vorarlberg: Unmittelbar vor einer Schau-Zugbremsung der ÖBB und des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) ist in Lustenau ein Lastwagen zwischen die Schranken eines Eisenbahnübergangs geraten. Der Mann dürfte das Rotlicht übersehen haben und zerstörte beim Zurücksetzen eine Schranke. Verletzt wurde niemand, auf den Lkw-Lenker kommt eine Anzeige zu, informierten die ÖBB.
Lkw blieb stecken und zerstörte Bahnschranken
Entlang der Gleise in Lustenau-Königswiesen wollten Vertreter der ÖBB und des KfV am Donnerstag, 9.00 Uhr, vor Medienvertretern und Schülern verdeutlichen, wie lange der Bremsweg eines Zuges ist. Etwa zehn Minuten vor der geplanten Demonstration fuhr ein Lkw-Fahrer trotz Rotlicht in den Kreuzungsbereich eines nahe gelegenen Bahnübergangs ein. Vor ihm schloss sich die Schranke. Der Mann setzte sein Fahrzeug zurück und durchbrach den Senkbalken.
Niemand verletzt, 3.500 Euro Schaden
Laut ÖBB-Pressesprecher Rene Zumtobel entstand ein Sachschaden von rund 3.500 Euro an der Anlage. ÖBB-Mitarbeiter ersetzten die kaputte Schranke in kurzer Zeit. Dass der Lkw-Fahrer durch die Menschenansammlung abgelenkt war und daher das Rotlicht übersehen haben soll, wollte Zumtobel so nicht geltenlassen: "Rot ist Rot, da kann es keine Ausreden geben. Das Wichtigste ist aber, dass nichts passiert ist".
Fehlendes Gefahrenbewusstsein am Bahnübergang
"Es fehlt an Gefahrenbewusstsein", sagte KfV-Direktor Othmar Thann zum Thema Sicherheit am Bahnübergang. "Beim Thema Eisenbahnkreuzung heißt es für uns, niemals locker lassen. Rot heißt 'Stopp'", ergänzte Andreas Matthä, Vorstandssprecher der ÖBB-Infrastruktur AG. "Eine sichere Infrastruktur ist bei Eisenbahnkreuzungen wichtig. 35 Millionen Euro wurden in den vergangenen Jahren dafür investiert", betonte Bures.
Bessere Absicherung und strengere Strafen
Wichtig wäre es laut Thann, die Motive dafür zu kennen, warum Autofahrer Warnsignale ignorieren. "Wir gehen von einer lokal eingeschränkten Gruppe aus", sagte der KfV-Direktor. "Wir vermuten, dass die meisten Opfer aus der Umgebung stammen und zu wissen glauben, wann der nächste Zug kommt." Es gebe derzeit drei Notwendigkeiten: erstens, die technische Absicherung, zweitens, die Bewusstseinsbildung und drittens, Sanktionen, sagte Thann.
Videoüberwachung von Risiko-Übergängen
Das KfV sieht in videoüberwachten Bahnübergängen ein geeignetes Mittel. Derzeit laufen zwei Pilotprojekte der ÖBB an einer Kamera überwachten Eisenbahnkreuzung in Eisenstadt und in Allentsteig in Niederösterreich. Die Projekte sind laut Matthä für mindestens ein Jahr angesetzt. Das KfV erwartet sich daraus Erkenntnisse über die Lenker. "Was wir nicht wissen ist, um welche Altersgruppe es sich handelt. Sind es Jugendliche oder Ältere?", so Thann.
Kameras sollten nach Ansicht des KfV nach der Pilotphase an bekannt unfallträchtigen Kreuzungen angebracht werden. Sie seien günstiger als technische Absicherungen und wirken abschreckender als Schranken, meinte Thann. Die Idee sei ähnlich wie bei einem Radar, das Autofahrer vom Schnellfahren abhalten soll.
Vorbild Deutschland und Tschechien
Eine Überwachung von Bahnübergängen durch Kameras gibt es unter anderem bereits in Deutschland und Tschechien. Auch in Tschechien - das Land hat das dichteste Bahnnetz Europas - sterben jedes Jahr Dutzende Menschen auf Bahnübergängen. Im Vorjahr waren es beinahe 50. Die staatliche Schienennetz-Verwaltung und die Bahninspektion setzen nun verstärkt auf Kameraüberwachung von besonders gefährlichen Übergängen.
(c) Drazni Inspekce CR / Tschechische Bahninspektion
Dennoch ist es erst am Mittwoch wieder zu einem spektakulären Unfall gekommen: Auf der Nordbahn zwischen Breclav / Lundenburg und Ostrava / Ostrau krachte ein Schnellzug mit Tempo 140 in einen polnischen Sattelzug, dessen Lenker die Schranken durchbrochen hatte. Der Zug entgleiste, der Lkw wurde total zerstört. Durch die Wucht des Aufpralls ist sogar ein Teil des Bahnhofsgebäudes von Spytihnev eingestürzt. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt, der Schaden geht in die Millionen Euro. Die Bahnstrecke musste gesperrt werden, Hunderte Fahrgäste mussten auf Busse umsteigen. Betroffen waren auch die Eurocityzüge von Wien nach Warschau. Inzwischen ist an der Unfallstelle wieder ein Gleis frei, die Züge haben Verspätung.
(c) Drazni Inspekce CR / Tschechische Bahninspektion
In Österreich 1700 zusätzliche Absicherungen in 10 Jahren
Verkehrsministerin Bures hat Mitte Mai die neue Eisenbahnkreuzungsverordnung in Begutachtung geschickt, welche klare Kriterien für die Sicherungsart von Kreuzungen vorgibt. Diese soll vom Verkehrsaufkommen der Straße, dem geltenden Tempolimit auf der Schiene und den Sichtverhältnissen abhängen. 1.700 Kreuzungen sollen in den nächsten zehn Jahren technisch aufgerüstet werden. Die Verordnung dürfte nach Wunsch der Ministerin im Herbst in Kraft treten.