Die Untersuchung soll bis 2011 abgeschlossen sein.
46 Personen, die über in Einrichtungen des Landes Oberösterreich erlittene Gewalt berichten, haben sich bisher bei der Unabhängigen Opferschutzstelle gemeldet. Das gaben Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) und der zuständige Landesrat Hermann Kepplinger (SPÖ) Montagnachmittag in einer Pressekonferenz in Linz bekannt. Die Untersuchung der Fälle soll bis Mitte 2011 abgeschlossen sein.
Vor allem Jugendwohnheim in Linz-Wegscheid betroffen
Im Juni dieses Jahres hat das Land die Opferschutzstelle eingerichtet. Der Großteil der Meldungen, von denen sich vier auf sexuelle und der Rest auf psychische oder physische Gewalt beziehen, betrifft das Jugendwohnheim in Linz-Wegscheid, gefolgt vom Kinderheim Schloss Leonstein in Grünburg (Bezirk Kirchdorf) und vom Kinderheim Schloss Neuhaus in Geinberg (Bezirk Ried im Innkreis). Weitere Gewaltvorwürfe beziehen sich auf zwei andere Landeseinrichtungen und fünf Schulen. Die mutmaßlichen Übergriffe auf Jugendliche von zehn bis 18 Jahren sollen sich zwischen 1948 und 1993 ereignet haben.
Opfer heute 40 bis 50 Jahre alt
Der Großteil der Personen sei heute etwa 40 bis 50 Jahre alt, viele von ihnen hätten Frühpension beantragt, berichtete Kinder- und Jugendanwältin Christine Winkler-Kirchberger. Sie geht davon aus, dass sich die meisten Betroffenen gemeldet haben. Die zuständigen Staatsanwaltschaften seien eingeschaltet worden, zahlreiche Fälle dürften aber bereits strafrechtlich verjährt sein, so Landespräsidialdirektorin Antonia Licka.
Pühringer: "Historische Verantwortung wahrnehmen"
"Das Land Oberösterreich nimmt seine historische Verantwortung für die Fehler und Versäumnisse, die in der Vergangenheit passiert sind, selbstverständlich wahr", betonte Pühringer, der eine ordentliche und umfassende Aufklärung ankündigte. Das Leid der Betroffenen könne nicht ungeschehen gemacht werden, er bat aber um Verzeihung für das erlittene Unrecht. Die Kommission aus internen und externen Experten werde die Fälle genau untersuchen und der Landesregierung eine entsprechende Summe für therapeutische Maßnahmen und Entschädigungen vorschlagen, so Pühringer.
Regelmäßige Kontrollen
Heute würden andere Grundsätze gelebt, zudem gebe es regelmäßige Überprüfungen, erklärte Kepplinger, der die betroffenen Heime "schon mehrfach besucht" hat. Es gebe Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen, dem Personal und den Erziehungsberechtigten. "Wir haben jetzt wirklich ein gutes Gefühl", sagte der Landesrat. Dass das Land Verantwortung für die Geschehnisse übernehme, sei ein "wichtiger Schritt zur Entstigmatisierung". Pühringer und Kepplinger kündigten zudem eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Heim-und Fürsorgewesens in Oberösterreich an.
Grüne: Entschuldigung "nötig und überfällig"
Die Familiensprecherin der oberösterreichischen Grünen, Maria Wageneder, ist am Nachmittag dafür eingetreten, dass die angekündigte Aufarbeitung und die Entschädigungszahlungen sichergestellt werden. Dass sich das Land nun endlich entschuldige, sei "längst nötig und überfällig" gewesen, betonte sie in einer Presseaussendung. "Die Missbrauchsopfer haben lange auf diesen Schritt gewartet."