Der einstige Lebemann und Fußballpräsident muss fünf Jahre hinter Gitter.
Der einstige Lebemann und Fußballpräsident Hannes Kartnig muss wegen Steuerhinterziehung und Betrug fünf Jahre hinter Gitter. Er geht nun in Berufung.
Graz. Am Freitag um kurz nach 15 Uhr muss Ex-Fußball-Präsident Hannes Kartnig (60) seine größte Niederlage hinnehmen. Der Große Schwurgerichtssaal im Grazer Straflandesgericht ist gerammelt voll, als Richter Karl Buchgraber nach einstündiger Verlesung der Anklagepunkte das niederschmetternde Urteil verkündet: 5 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 6,637 Millionen Euro wegen Steuerhinterziehung. Kartnig schweigt. Er ist gefasst, seine Miene ist versteinert.
ABSTIMMEN: Finden Sie das Urteil gerecht?
Hannes Kartnig geschockt: „Ich gehe in Berufung“
Auch seine Frau Claudia, die zur Urteilsverkündung erstmals ihren Mann ins Gericht begleitet, sitzt mit verschränkten Armen da und zeigt keine Reaktion.
Kartnig sagt nach dem Prozess zu ÖSTERREICH: „Damit habe ich nicht gerechnet, wir gehen in Berufung.“ Sein Anwalt Michael Pacher: „Dieses Urteil ist eine Frechheit, hier wurde ein Exempel statuiert.“
Kartnigs Anwälte werden Nichtigkeitsbeschwerde und Beschwerde gegen das Fußfesselverbot einlegen. Stinksauer verlässt Kartnig mit seiner Claudia das Gericht.
Fünf Stunden vorher: Der 43. Verhandlungstag in diesem Monsterprozess über 11 Monate beginnt wie viele andere. Dutzende Reporter und Fotografen drängen sich um den einst schillernden Sturm-Präsidenten, der auffallend dezent in dunkelblauem Blazer erscheint. Man merkt ihm aber an: Er ist sehr nervös, wirkt angespannt und zeigt sich wortkarg.
Erst beim Schlusswort erkennt man den früher so wortgewaltigen Kartnig. Mit klarer Stimme versucht er noch einmal, das Unabwendbare zu verhindern. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass die Steuerhinterziehung passiert ist, aber dass ich mit Betrug nichts zu tun habe. Es sind viele Fehler passiert, aber wir haben auch dem Volk viel Freude bereitet. Ich bitte um ein mildes Urteil.“
Neben dem Hauptangeklagten Kartnig muss der ehemalige Sturm-Sportdirektor Heinz Schilcher 1,9 Millionen Euro zahlen, der Ex-Sekretär kam mit einer bedingten Geld- und Haftstrafe davon.
Das verrückte Leben des Hannes Kartnig >>>
Frau Claudia ist seine größte Stütze
Die Szene hatte Symbolkraft: An der Hand seiner Ehefrau Claudia betrat Hannes Kartnig gestern in Graz den Gerichtssaal zur Urteilsverkündung. „Sie ist meine größte Stütze“, sagt Kartnig. „Eine starke Frau mit Rückgrat, die immer hinter mir gestanden ist.“
Unterstützung braucht der ehemalige Sturm-Präsident jetzt genug. Als das Urteil verkündet wurde, stand Claudia mit stoischer Miene und verschränkten Armen im Gerichtssaal. Im Jahr 2003 hatte die Lehrerin Kartnig geheiratet. Im Schloss Obermayerhofen in der Steiermark. Kartnig und die geborene Claudia Pendl gaben sich damals vor nur 35 Freunden das Ja-Wort. Als Trauzeuge von Kartnig fungierte Magna-Milliardär Frank Stronach. Er war es auch, der dem frisch vermählten Ehepaar seinen Privatjet für die exklusive Weltreise zur Verfügung stellte.
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Strafen für sieben Sturm-Manager
Neben Kartnig werden Ex-Sportdirektor Schilcher und weitere Funktionäre bestraft.
Schwerer Betrug, Steuerhinterziehung, grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen, schwarz verkaufte Eintrittskarten: Die Liste der Vorwürfe gegen Kartnig ist lang. Ihm wird vorgeworfen, Bundesliga, steirischen Fußballverband und Landesregierung betrogen zu haben, oder es versucht zu haben. Es geht um 1,5 Mio. Euro. Zudem soll er den Gläubigern 400.000 Euro, die auf Sparbüchern lagen, vorenthalten haben – für alle Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung. Schuldsprüche gab es auch für diese Manager:
- Ex-Manager Heinz Schilcher: Er erhält 1,9 Millionen Euro Geldstrafe.
- Ex-Sekretär Gerhard S.: 8 Monate und 2,3 Millionen Euro, jeweils bedingt.
- Ex-Vorstand Gert P.: 3,1 Mio. Euro bedingte Geldstrafe.
- Ex-Vorstand Fritz P.: 2,1 Mio. Euro bedingte Geldstrafe.
- Ex-Vorstand Robert B.: 6 Monate Haft, 3,8 Millionen Euro Geldstrafe.
- Ex-Vorstand Adolf K.: 1,4 Millionen Euro Geldstrafe.
- Ex-Vize Peter I.: 1,7 Millionen Euro Geldstrafe.
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17:24 Uhr: Der Richter beendet seine Ausführungen.
17:09 Uhr: Der Richter erläutert das Strafausmaß - allerdings für die restlichen Verurteilten.
17:03 Uhr: Aber nur kurz: Jetzt ist der Ex-Sturm-Präsident wieder im Gerichtssaal.
17:01 Uhr: Hannes Kartnig verlässt den Saal.
16:59 Uhr: Wegen der Schwere der Verbrechen hat Kartnig keine Chance auf eine Fußfesel, so der Richter.
16:52 Uhr: Claudia Kartnig ist wieder zurück im Gerichtssaal.
16:43 Uhr: Kartnigs Ehefrau Claudia verlässt in diesem Moment wortlos den Gerichtsaal.
16:27 Uhr: Richter Buchgraber geht nochmal ausführlich auf die Anklagepunkte ein. "Irgendwo muss Geld her, sonst gehen wir Pleite!" habe man sich gedacht. Und für Kartnig zählten nur Erfolge, in der "Erdäpfel-Liga" wollte er nicht spielen.
16.07 Uhr: Kartnig ist nach wie vor fassungslos, nimmt das Urteil und die Begründung wortlos zur Kenntnis. Ganz anders die restlichen Verurteilten, die während er Urteilsbegründung immer wieder den Kopf schütteln und versuchen, dem Richter ins Wort zu fallen.
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15.55 Uhr: Nächstes Detail: Bei Sturm gab es für Spieler auch eigene Pensionsmodelle. Da soll ein Ex-Vorstand auch ordentlich Provisionen kassiert haben.
15.52 Uhr: Die Urteilsverkündung läuft weiterhin. Jetzt zitiert der Richter Hannes Kartnig: "Ohne Schwarzzahlungen hätten wir uns Spieler nicht leisten können [...] Natürlich war mir klar, dass da ein Finanzvergehen begangen wird.
15.44 Uhr: Vorwurf an Ex-Sportdirektor Schilcher: Dieser wusste, dass das Geld für gute Spieler fehlte. Was macht man da? Steuerhinterziehung!
15.41 Uhr: Weiterer Vorwurf an den Ex-Vorstand: "Wenn Sie von Schwarzgeldzahlungen gehört haben, haben Sie den Raum verlassen und gesagt, dass Sie 'nix davon wissen' wollen."
15.40 Uhr: "Für die Beitragstäter genügt es, dass sie die Tat des Haupttäters kennen, was von den Vorstandsmitgliedern angenommen werden muss", begründete Richter Karl Buchgraber die Verurteilungen weiter. Kartnig habe "einen Personalaufwand getrieben, der in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage des Vereins gestanden ist", führte der Richter weiter aus.
15.37 Uhr: Dem Ex-Vorstand wird weiters vorgeworfen, die Taten von Kartnig "intellektuell gefördert" zu haben. Dabei geht es vor allem um die Unterschriften bei Spielerverträgen, als die subjektive Zahlungsunfähigkeit des Clubs bereits hätte klar sein müssen.
15.30 Uhr: Weiter mit der Urteilsbegründung. Den ehemaligen Vorstandsmitgliedern wird "Zuwiderhandeln ihrer Amtspflichten" vorgeworfen. Sie seien "bei den Schwarzgeldzahlungen Mitwisser" gewesen.
15.25 Uhr: Und so begründet der Richter die Strafe für Hannes Kartnig: "Hannes Kartnig hat ein hohes Maß an objektiver Sorgfaltswidrigkeit an den Tag gelegt."
15.23 Uhr: Der Gerichtssaal hat sich mittlerweile etwas geleert, die Schaulustigkeit der Zuschauer ist nach dem Sensationsurteil vorerst gestillt.
15.22 Uhr: Alle Urteile sind nicht rechtskräftig!
15.21 Uhr: Auch interessant: Heinz Schilcher, zu Sturms Glanzzeiten Ende der 90er Jahre Sportdirektor, erhielt wegen Steuerhinterziehung eine unbedingte Geldstrafe in Höhe von 1,895 Millionene Euro.
15.21 Uhr: Die Schuldsprüche werden nun vom Gericht begründet.
15.19 Uhr: Die anderen Gläubiger gehen leer aus. Ihnen bleibt nun nur der Weg vor ein Zivilgericht.
15.18 Uhr: Die Haftstrafen für die restlichen Angeklagten fallen durch die Bank bedingt aus, sie müssen also nichts ins Gefängnis. Dem SK Sturm werden außerdem 800.000 Euro zugesprochen.
15.14 Uhr: Die bereits abgesessene U-Haft wird Kartnig angerechnet. Seine Frau Claudia steht mit verschränkten Armen und versteinerter Miene da.
15.13 Uhr: Jetzt werden noch die Urteile für die restlichen sieben Angeklagten verlesen: Auch hier gibt es teilweise Geld- und Haftstrafen.
15.12 Uhr: Kartnig hat das Urteil gefasst hingenommen.
15.10 Uhr: Sollte das Urteil rechtskräftig werden (also Kartnig keinen Einspruch erheben) bedeutet das Urteil, dass Kartnig die Haftstrafe antreten MUSS.
15.09 Uhr: Das Urteil im Detail: 2 Jahre Haft für Finanzvergehen, 3 Jahre für Betrug. Und das Ganze UNBEDINGT! Die Geldstrafe beträgt außerdem exakt 6,6 Millionen Euro.
15.06 Uhr: Nach dem harten Urteil ist ein kräftiges Raunen durch den gefüllten Gerichtssaal gegangen. Mit so einer harten Strafe hat wohl kaum jemand gerechnet.
15.03 Uhr: Damit aber noch nicht genug: Kartnig fasst auch 5 Jahre Haft aus!
15.01 Uhr: URTEIL: 6 Millionen Euro Geldstrafe für Kartnig!
14.59 Uhr: Jetzt ist nochmals Kartnig-Anwalt Richard Soyer am Zug. Er verlangt "die Kirche im Dorf und Gerechtigkeit walten zu lassen." Letzte Bitte des Anwalts: "Blind machende Fußballleidenschaft gehört nicht vor ein Strafgericht."
14.58 Uhr: Das Gericht macht es spannend, lässt Kartnig ordentlich zappeln. Gut, nach 42 Prozesstagen kommt es auf die paar Minuten wahrscheinlich auch nicht mehr an...
14.54 Uhr: Hannes Kartnig gibt sich sehr zahm: er steht vor dem Richter und wartet auf das Ende der Urteilsverkündung. Haft? Bedingt? Unbedingt? Oder gibt es einen Freispruch?
14.52 Uhr: Die Urteilsverkündung ist im Laufen!
14:49 Uhr: Ursprünglich war das Urteil für 14 Uhr angekündigt. Nun liegt man schon über 45 Minuten über der Zeit. Die Stimmung ist angespannt. Das Gericht ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Unzählige Journalisten und Fotografen warten.
14.37 Uhr: Große Geheimniskrämerei, schon langsam wird es im Verhandlungssaal unruhig, weil es nach wie vor keine Urteilsverkündung gibt.
14.25 Uhr: Weiter warten auf das Urteil...
14.19 Uhr: Insgesamt 42 Verhandlungstage gab es in diesem Prozess, jetzt stehen wir unmittelbar vor dem vorläufigen Urteil.
14.15 Uhr: Die Spannung im Grazer Straflandesgericht steigt - noch immer warten wir auf die Urteilsverkündung.
14.04 Uhr: Hannes Kartnig ist schon im Gerichtssaal. Er wird von seiner Ehefrau begleitet.
14 Uhr: In Kürze wird das Urteil verkündet.
10.00 Uhr: Wir melden uns rechtzeitig vor der geplanten Urteilsverkündung (14 Uhr) wieder.
9.55 Uhr: Urteil um 14 Uhr
Die Schlussworte und die Plädoyers sind nun vorbei. Das Gericht zieht sich nun zu den Beratungen über das Urteil zurück. Die Urteilsverkündung wird für 14 Uhr angekündigt.
9.52 Uhr: Nach Kartnig sind auch die sieben Mitangeklagten am Wort.
9.48 Uhr: Hannes Kartnig selbst am Wort: Er gibt zwar Fehler zu, aber andererseits hätten sich mit Sturm Graz auch viele Menschen - laut Kartnig gleich "Millionen" - gefreut. Er gibt die Steuerhinterziehung zu: "Dazu stehe ich." Sie seien aber nicht nur Hinterzieher, sondern auch große Steuerzahler gewesen.
9.37 Uhr: Kartnigs Verteidiger stellt in seinem Plädoyer dar, dass sich der Ex-Sturm-Boss hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Abgabenhinterziehung keiner Unrechtshandlung bewusst gewesen sein will.
9.28 Uhr: Bei den Befragungen der Zeugen hatte niemand ein Hehl daraus gemacht, dass Zahlungen abseits des ausgehandelten Vertrages - auch in Form von Wohn- oder Autozuschüssen - im Profifußball absolut üblich seien.
9.11 Uhr: Die Verteidigung von Hannes Kartnig beginnt wie geplant mit dem Plädoyer. Der Anwalt zeichnet ein Bild, nach dem der ehemalige Sturm-Boss von Schwarzgeld-Zahlungen nichts gewusst habe.
9.04 Uhr: Mit einem minutenlangen Blitzlichtgewitter rund um Hannes Kartnig beginnt im Straflandesgericht der Prozesstag. Richter Buchgraber schickt die Fotografen aus dem Saal.
8.51 Uhr: Richter Karl Buchgraber zeigte sich vor dem Finale zuversichtlich: "Ich habe nicht vor, das Beweisverfahren wieder aufzunehmen."
8.40 Uhr: Der Prozess beginnt um 9 Uhr im Grazer Straflandesgericht.
8.30 Uhr: Wenn der Fahrplan eingehalten wird, dann gibt es heute ein Urteil in erster Instanz. Das ist freilich nicht der Schlusspfiff. Nachgespielt wird dann mit Sicherheit im Oberlandesgericht bzw. am Obersten Gerichtshof.
Hauptvorwürfe: Schwerer Betrug und Hinterziehung Kartnig wird schwerer Betrug, grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie Steuerhinterziehung in der Höhe von zehn Millionen vorgeworfen. Die Hauptschuld sah der Ankläger beim Ex-Präsidenten: „Er hat den Verein geführt, wie er Roulette gespielt hat, wo man am Spieltisch das Geld verschnalzt.“
Für das System mit den nicht verrechneten Eintrittskarten hatten sich Kartnig und der angeklagte Ex-Sekretär des Vereins gegenseitig die Verantwortung zugeschoben. Von Betrug wollte Kartnig nichts wissen, schuldig fühlte er sich nur der Steuerhinterziehung.
Nach Urteil: Verlängerung bei Oberlandesgericht In keinem anderen Prozess in Graz wurde jemals das Urteil so oft verschoben wie im Verfahren gegen Sturms Ex-Präsident. Nach dem Beginn am 10. März 2011 gab es immer wieder Verzögerungen. Falls es heute tatsächlich das längst erwartete Urteil gibt, wird das noch nicht ganz der Schlusspfiff sein. Eine Verlängerung vor dem Oberlandesgericht und dem Obersten Gerichtshof wird wohl folgen.
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