Umfrage zeigt
55 Prozent misstrauen dem Papst
26.03.2010
Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche haben dramatische Folgen: Das Vertrauen in die Kirche und ihre Anführer ist niedrig wie nie.
Das Urteil der Österreicher zur aktuellen Lage der katholischen Kirche ist vernichtend. Das zeigt eine brandaktuelle Gallup-Umfrage für ÖSTERREICH. 400 Bürgerinnen und Bürger wurden zu ihrem Vertrauen in die Kirche, dem Papst und dem Umgang der Kirche mit Missbrauchsfällen befragt. Die Ergebnisse im Detail:
- Papst in Krise. Nur 21 Prozent der Österreicher haben Vertrauen in Papst Benedikt XVI., 55 Prozent stehen dem Kirchenoberhaupt skeptisch gegenüber. Hauptgründe für den Popularitätsabsturz Benedikts dürfte sein jüngster Hirtenbrief sein, der nur an Irland gerichtet war. Zudem gibt es immer neue Vertuschungsvorwürfe auch gegen den Pontifex selbst (siehe dazu Story rechts).
- Kein Vertrauen in Kirche. Ähnlich schlecht schneidet die Kirche insgesamt ab. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) hat das Vertrauen verloren, nur 23 Prozent glauben noch an das, was die Kirche sagt. Am kritischsten sind die 30- bis 50-Jährigen: Von ihnen haben nur noch 14 Prozent Vertrauen.
- Schönborn besser. Etwas besser schneidet Kardinal Christoph Schönborn ab. Seine Vertrauens-Bilanz ist fast ausgeglichen: 41 Prozent haben Vertrauen, 43 Prozent haben keines.
Und: Die Österreicher glauben nicht daran, dass die Kirche genug tut, um Missbrauchsfälle aufzuarbeiten oder zu verhindern.
- „Papst tut zu wenig.“ Massiv sind die Bedenken gegenüber Papst Benedikt. Nur zehn Prozent (!) glauben daran, dass er genug tut, um künftige Vergehen zu verhindern. Die überwältigende Mehrheit von 74 Prozent ist der Meinung, dass zu wenig getan wird.
- Etwas besser schneidet die heimische Kirche ab. 63 Prozent sagen, es wird zu wenig gegen Missbrauch getan, ein Fünftel (22 Prozent) findet, die bisherigen Maßnahmen reichen aus.
„Wir sind Kirche“-Chef: „Papst soll zurücktreten“
Die
Umfragewerte sind der neueste Beweis für die tiefe Krise der Kirche. Eine
Befragung vor einer Woche hatte ergeben, dass derzeit eine Million Gläubige
überlegen, aus der Kirche auszutreten. Der Negativ-Rekord von 53.000
Austritten im Vorjahr wackelt.
Die Plattform „Wir sind Kirche“ greift den Papst jetzt frontal an. Der Vorsitzende Hans Peter Hurka forderte Benedikt XVI. gestern zum Rücktritt auf. Der Papst habe als Kardinal von mindestens 1.000 Missbrauchsfällen gewusst. Es müsse die Frage gestellt werden, ob er sich als Mittäter schuldig gemacht habe.