Urteil gefällt
Acht Monate bedingt für den Todes-Cop
12.03.2010
Prozess im Fall Krems: Der Polizist, der Flo erschoss, legte im Sinne der Anklage ein Geständnis ab. Das Urteil: Acht Monate bedingt.
Der Polizist, der in der Nacht auf den 5. August 2009 in einem Kremser Supermarkt einen 14-jährigen Einbrecher erschossen hat, ist am Freitagnachmittag im Landesgericht Korneuburg wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen schuldig erkannt worden. Richter Manfred Hohenecker verhängte dafür acht Monate Haft, die dem Beamten zur Gänze bedingt nachgesehen wurden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Verteidiger Rainer Rienmüller erbat drei Tage Bedenkzeit, Staatsanwältin Magdalena Eichinger gab vorerst keine Erklärung ab. Ex lege hat die verhängte Strafe - sollte sie in Rechtskraft erwachsen - keine Auswirkungen auf die weitere berufliche Laufbahn des Polizisten: Ein automatischer Amtsverlust tritt kraft Gesetzes erst bei einer über einjährigen Freiheitsstrafe ein. Allfällige berufliche bzw. dienstrechtliche Konsequenzen liegen somit ausschließlich bei den Disziplinarbehörden der Polizei.
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"Nicht mehr im Außendienst"
Richter Manfred Hohenecker ging "im Zweifel davon aus, dass der Angeklagte den Tod des Florian P. nicht ernsthaft für möglich gehalten hat", wie er in der Urteilsbegründung feststellte. Zugleich betonte er: "Bei professionellerer Verhaltensweise, die von Ihnen als Polizist zu erwarten ist, wäre Florian noch am Leben." Hohenecker bemerkte außerdem: "Ich hoffe, dass Sie nicht mehr Außendienst ausüben."
Waffe an Landespolizeikommando
Daher werde er die beschlagnahmte Dienstwaffe des Polizisten nicht diesem, sondern dem Landespolizeikommando NÖ übermitteln, kündigte der Richter an: "Ich hoffe, dass Sie Ihnen nicht mehr ausgefolgt wird."
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Für Hohenecker stand fest, dass der Angeklagte und seine Kollegin einen Angriff befürchten mussten, als sie in dem Supermarkt den vermummten Einbrechern begegneten. Dem Beamten wäre es darum gegangen, "einen Verbrecher auf frischer Tat festzunehmen". Er wäre Florian P. "in der Absicht, die Festnahme zu erzwingen" in den Verkaufsraum gefolgt. Dort habe er von der Dienstwaffe Gebrauch gemacht, "um einen vermeintlichen Angriff auf seine Person abzuwehren".
Dabei habe der 43-Jährige "einfach abgedrückt und nicht auf die Beine gezielt", und das in dem Moment, in dem sich der Jugendliche umdrehen wollte. Wie Hohenecker betonte, konnte das vom Polizisten behauptete "Erschrecken" über die angeblich erneute Gefahrensituation "eindeutig nicht widerlegt werden".
Verstöße gegen die Sorgfalt
Der Polizist sei "im Zweifel einem Unzuständigkeitsurteil entgangen" (das der Richter fällen hätte müssen, hätte er ein Vorsatzdelikt für möglich gehalten, Anm.). Der Beamte wäre verpflichtet gewesen, "seinen Job ordentlich und sorgsam zu erledigen und dabei maßhaltend vorzugehen", hielt der Richter fest. Der 43-Jährige habe aber "mehrere Sorgfaltsverstöße" gesetzt.
Strafmildernde Umstände
Bei der Strafbemessung mildernd waren demgegenüber der bisherige untadelige Wandel des Polizisten, sein "reumütiges Geständnis, von dem ich den Eindruck hatte, dass er es ernst meint" sowie "das massive Mitverschulden des Opfers", so Hohenecker.
Schuldig bekannt
Der 43-Jährige hatte sich zuvor zu Beginn des dritten Verhandlungstags im Landesgericht Korneuburg schuldig im Sinn der Anklage bekannt.
"Es war wahrscheinlich so, dass ich in der Situation überreagiert habe. In der Situation, wo ich ihm gegenübergestanden bin. Es wäre vielleicht eine andere Möglichkeit gewesen. Dass ich zurückgegangen wäre", sagte der Beamte. "Oder nicht geschossen hätte", wie Richter Manfred Hohenecker hinzufügte.
Furcht
Er habe "aus Furcht" geschossen, weil er bei Florian P. zuvor im dunklen Verbindungsgang zum Verkaufsraum eine Gartenharke wahrgenommen hätte, betonte der Angeklagte. In den Rücken habe er den Burschen getroffen, weil dieser im Moment eine Drehbewegung eingeleitet hatte.
Der Richter quittierte das späte Geständnis mit Wohlwollen: "Das ist ein guter Zug von Ihnen."
In der Mittagspause nahm Verteidiger Hans-Rainer Rienmüller zur Frage Stellung, weshalb sich der Polizist sich erst am dritten Verhandlung zu einem Geständnis in Richtung fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen entschließen konnte.
"Ein Tatsachengeständnis hat er von Anfang an gemacht", erklärte Rienmüller Freitagmittag im Landesgericht Korneuburg den Medienvertretern. Sein Mandant stehe auf dem Standpunkt, "dass er aus seiner Sicht einen Fehler durchaus zugesteht".
Info-Box: Die Chronologie der Ereignisse
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