33-jähriger Mann schwor auf den Koran, kein Schlepper zu sein.
Am Landesgericht Salzburg ist am Donnerstagnachmittag ein 33-jähriger Afghane wegen Schlepperei zu einer unbedingten Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Der Mann soll von Anfang bis Mitte März 2016 zumindest 23 Flüchtlinge unterschiedlicher Nationalität quer durch die EU geschleust haben. Die mehr als viermonatige U-Haft wird dem Mann angerechnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Laut Anklage hat der fünffache Vater - seine Frau und Kinder leben offenbar in der Nähe von Berlin - im Rahmen einer kriminellen Vereinigung agiert. Der 33-Jährige soll zunächst von einem Flüchtlingscamp in Athen aus die Fäden gezogen haben. Die Flüchtlingstransporte führten von der Türkei über Griechenland bis nach Deutschland. "Er war als eine Art Reiseführer quer durch Europa unterwegs", erklärte Staatsanwalt Alexander Winkler. Personen mussten rund 1.600 Euro pro Person zahlen, um ins Zielland Deutschland zu kommen.
Mann hatte drei Handys
Der Mann wurde am 26. März 2016 im Zug von Wien nach München in Salzburg verhaftet. Bei seiner Festnahme hatte er drei Mobiltelefone bei sich. Die Polizei hat unzählige WhatsApp-Nachrichten und SMS ausgewertet. "Es ist normal, dass man von Freunden und Familie viele Nachrichten bekommt", verteidigte sich der Mann im Prozess. "95 Prozent der Inhalte haben aber mit dem Schleppen zu tun. Es geht um Löhne, Personen, Passagiere, Wege und Rückführungen", warf ihm der Richter vor. Er sei eben gefragt worden, welche Schlepper er empfehlen könne, weil schon etliche Familienmitglieder nach Deutschland gebracht worden sind, konterte der Angeklagte.
Der Richter hielt dem Afghanen auszugsweise Inhalte der auf den Handys sichergestellten Nachrichten vor. Auf eine Anfrage, ob er Menschen nach Deutschland bringen könne, antwortete der Angeklagte etwa: "Ich bin nicht erst seit gestern Schlepper. Das ist seit 15 Jahren mein Job. Ich verspreche, Sie werden heute die Grenze passieren." Und als eine Familie mit zwei Kindern um einen Rabatt ersuchte und bat, die Kinder nicht stundenlang zu Fuß marschieren zu lassen, antworte er. "Ein Elfjähriger ist kein Kind mehr. Aber weil sie so ein guter Kunde sind, verlange ich 100 Euro weniger pro Kind."
Inhalte, die der bisher unbescholtene Mann nie getextet haben will. Er sei zu diesem Zeitpunkt erst seit acht Monaten in dem griechischen Flüchtlings-Camp gewesen. "Wie soll ich da seit 15 Jahren Schlepper gewesen sein." Sein Verfahrenshelfer versuchte, dem 33-Jährigen beizuspringen: "Kann es sein, dass jemand anderer Zugriff auf ihr Handy gehabt hat", fragte er. "Nein, im Camp sicher nicht", antwortete der Afghane.
Kein Schlepper, sondern Flüchtling?
Der Mann zeigte sich heute nicht geständig. "Ich schwöre auf den Koran, dass ich kein Schlepper bin", sagte er zum Richter und zu den Schöffen. "Er ist kein Schlepper, sondern Flüchtling", betonte auch sein Anwalt. Sein Mandant sei vor 13 Jahren auf Afghanistan in den Iran geflohen. Weil er dort bedroht und verfolgt wurde, sei er vor mehr als einem Jahr weiter nach Griechenland geflüchtet. Zwei geschleppte Flüchtlinge, die den Afghanen schwer belasten, hätten sich am ersten Verhandlungstag mehrfach widersprochen und würden seinen Mandanten zu Unrecht beschuldigen. "Jeder x-beliebige kann der Urheber dieser Nachrichten sein."
Der Richter sah am Donnerstag allerdings die Schlepperei einer größeren Anzahl von Personen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft verzichtete nach dem Urteil auf Rechtsmittel, der Angeklagte erbat sich Bedenkzeit.