Amnesty International fordert eine bessere Wahrnehmung rassistischer Probleme sowie die genauere Untersuchung von Rassismus-Vorwürfen. "Rassismus ist ein Krebsübel. Wenn es nicht bekämpft wird, dann wird es sich weiter und weiter ausbreiten".
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht Migranten und Angehörige ethnischer Minderheiten in Österreich systematisch von den Behörden diskriminiert. Der aktuelle Bericht zum "institutionellen Rassismus", der am Donnerstag präsentiert wurde, zeigt Fälle derartiger Ungleichbehandlung bei Polizei und Justiz auf. Heinz Patzelt, Amnesty-Generalsekretär in Österreich, forderte bei einer Pressekonferenz den Staat auf, Diskriminierungsvorwürfe besser wahrzunehmen und diesen effektiv zu begegnen.
Das Innenministerium weist den Vorwurf von AI "vehement zurück". Es gebe Einzelfälle, sagte ein Sprecher von Ministerin Maria Fekter (V). Diese würden auch disziplinarrechtlich verfolgt und zur Anzeige gebracht. Zudem arbeite man bei Aus- und Fortbildung der Polizisten eng mit Menschenrechtsorganisationen zusammen.
Problem wahrnehmen
Amnesty velangt in erster Linie, dass das
Vorhandensein und das Ausmaß von Diskriminierung im österreichischen Justiz-
und Polizeisystem von den Verantwortlichen überhaupt einmal wahrgenommen
wird. "Das Problem besteht nicht nur aus einer Reihe aus einzelnem
Fehlverhalten, das Problem ist ein strukturelles Versagen", so
Amnesty-Mitarbeiter John Dalhuisen. Erst dann könne man überhaupt erst jene
Maßnahmen setzen, um Diskriminierung zu bekämpfen.
Genauere Untersuchung von Rassismusvorwürfen
Konkret
fordert die Menschenrechtsorganisation, Vorwürfe rassistischen Verhaltens
durch Exekutivbeamte genauer zu untersuchen und im Fall einer Bestätigung
auch entsprechend zu ahnden. Patzelt kritisierte etwa "völlig
unzureichende Disziplinarverfahren". Dalhuisen sprach zudem von einem "Schutzreflex
des Staates": Ohne den Abschluss von Ermittlungen überhaupt abzuwarten,
würden Vorwürfe gegen Beamte als unglaubwürdig dargestellt. Selten würde es
außerdem zu angemessenen Strafen kommen. Amnesty fordert in diesem
Zusammenhang eine Art internes Polizeistrafrecht.
Bewusstsein verbessern
Einen statistischen Hinweis, dass in
Österreich rassistisch motivierte Diskriminierung bei Behörden ansteigt,
gibt es laut Patzelt zwar nicht, allerdings werde das Problem konsequent
ignoriert: "Rassismus ist ein Krebsübel. Wenn es nicht bekämpft wird,
dann wird es sich weiter und weiter ausbreiten." Amnesty könne auch
nicht auf konkreten Zahlen zurückgreifen, da derartige Vorfälle nicht
statistisch erfasst würden - ebenfalls ein Umstand, den Patzelt kritisiert.
Zudem müsse bei Exekutivbeamten das Bewusstsein für diskriminierendes
Verhalten verbessert werden.
Noch schwerer zu fassen als rassistische Übergriffe oder unterlassene Hilfeleistung durch die Exekutive sei Diskriminierung im Justizsystem, meint Patzelt: "Die blauen Flecken, die die Polizei macht, sind sichtbar." Delikte, die aber die Staatsanwaltschaft nicht anklagt, sehe man hingegen nicht.