Polizisten niedergefahren
Amok-Biker bittet um Vergebung
24.09.2016
Ein Häftling fuhr einen Polizisten fast zu Tode. „Ich wollte ihn nicht umbringen“, schwört er.
Sechs Jahre Haft hatte Erdinc A. wegen Betrugs, Diebstahls und Drogenkonsums ausgefasst. Ein Jahr hätte er noch im Gefängnis Hirtenberg absitzen müssen. Weil er bislang unauffällig war, durfte der 29-Jährige den Rest im gelockerten Strafvollzug verbringen: Er bekam Ausgang. Sein letzter wurde zur Katastrophe.
Mit der nicht zugelassenen Yamaha RN 12 seines Bruders Erkan war er Donnerstagnachmittag auf Spritztour unterwegs. Mit einer Nummerntafel aus Pappendeckel, dem Ausweis eines jüngeren Bruders in der Tasche und ohne Führerschein für die 170-PS-Maschine – das alles sollen die Gründe dafür gewesen sein, dass der Freigänger vor einer Polizeistreife, der er aufgefallen war, flüchtete. Wie berichtet, ging die Verfolgungsjagd bis nach Strebersdorf, wo ein Polizist (52) zur Schulwegsicherung eingeteilt war.
Erkan A., der später mit seinem Bruder im Spital über die Ereignisse sprach, zu ÖSTERREICH: „In Strebersdorf ist er stehen geblieben. Als wieder Blaulicht zu sehen war, bekam er Panik, als er in der Rußbergstraße einen schwarzen Mann wahrnahm. Er wollte ihm links ausweichen, da ist ihm der Mann in den Weg gesprungen. Dann versuchte er rechts vorbeizukommen. Doch wieder folgte ihm der Mann. Also probierte er es in der Mitte. Aber der Mann blieb stehen. Mein Bruder hat noch versucht zu bremsen, aber es ging sich nicht mehr aus.“ Ob diese Schilderungen glaubhaft sind, ist noch unklar.
Anwalt spricht von ›Fahrlässigkeitsdelikt‹
Die Familie des Bikers, gegen den wegen Mordversuchs ermittelt wird, betont: „Es tut dem Erdinc so leid. Wir hoffen, dass der Polizist das alles übersteht. Erdinc wollte ihn nicht absichtlich überfahren und töten.“
Das sagt auch das Anwaltsbüro von Farid Rifaat, der den Fall übernommen hat und der weder einen Mordversuch noch absichtliche schwere Körperverletzung erkennen kann – sondern ein höchst unglückliches Fahrlässigkeitsdelikt. Im Zentrum steht auch für den Juristen die Frage: Warum ist der Cop dem Bike nicht ausgewichen?
Die Polizei will das nicht kommentieren und verweist auf die Ermittlungen. Der Zustand des Polizisten ist weiter kritisch, aber stabil. Der Beamte musste zweimal mit dem Defibrillator behandelt werden, er erlitt schwere Kopfverletzungen, außerdem musste der Fuß mit einer Spezialverschraubung versehen werden.
Erdinc A. kam mit einer Rippenverletzung ins Krankenhaus nach Krems. Derzeit sieht alles danach aus, dass noch im Spitalsbett demnächst die U-Haft über ihn verhängt wird. (kor)