Prozess nach Mama-Mord

Angeklagter verantwortete sich mit Totschlag

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Gerhard P. schlug 43 Mal mit einem Eisenrohr auf sein Opfer ein.

Der 43-jährige Gerhard P., der am 7. April 2010 seine ehemalige Geliebte in ihrer Wohnung am Julius-Tandler-Platz in Wien-Alsergrund mit 14 wuchtigen Hieben mit einem Eisenrohr erschlagen hatte, hat am Dienstag in seinem Prozess im Straflandesgericht die Mordanklage zurückgewiesen: "Ich bekenne mich schuldig des Totschlags. Ich war in einem Ausnahmezustand. Ich konnte nicht mehr anders." Wie der Gerichtsmediziner Christian Reiter feststellte, hatte der Täter nach den Schlägen der Sterbenden noch mit einem Stanleymesser die Pulsadern aufgeschnitten.

Die 38-jährige Bettina G. und der aus dem Bezirk Tulln stammende Angeklagte lernten einander 2007 kennen, als der Schwager des Mannes ihm diese als seine neue Freundin vorstellte. Alsbald bemerkten die in der Versicherungsbranche tätige Frau und Gerhard P., dass sie einander anziehend fanden. Sie gingen eine Beziehung ein, zumal die Ehe des 43-Jährigen längst am Tiefpunkt angelangt war. "Wir haben uns nicht gehasst, aber meine Frau war im Dachgeschoss und ich im Keller, wenn ich zu Hause war", beschrieb der Mann seine Ehe.

Bettina G. sei "ganz anders" gewesen, er habe ihr "nicht widerstehen" können: "Ich habe mich bei ihr ausschütten können. Das hat mir sehr gut getan. Ich hab' mich bei ihr sehr wohl gefühlt. Es hat mir Kraft gegeben."

Dämpfer durch Schwangerschaft
Nach einem Kroatien-Urlaub im Sommer 2008 und einem gemeinsamen Silvester-Abend eröffnete ihm seine Freundin, dass sie schwanger war. Das versetzte dem 43-Jährigen, der sich aus tristen Verhältnissen zum gut verdienenden Prokuristen einer Baufirma emporgearbeitet hatte, einen Dämpfer. Er versuchte die Frau zu einer Abtreibung zu überreden, da er sich nicht von seiner Frau trennen wollte, Schwierigkeiten und wohl auch Forderungen der werdenden Mutter befürchtete. Er ging auf Distanz zu seiner Freundin, die sich erhofft hatte, er werde sich für sie und eine gemeinsame Zukunft entscheiden: "Ich hab' die Zweigleisigkeit nicht mehr z'sammbracht."

Brieflich forderte er von seiner Ex-Geliebten die anteiligen Kosten der gemeinsamen Urlaube sowie alle Geschenke zurück, wobei er ihr eine Frist bis zum 30. Mai 2009 setzte. Auf der anderen Seite passte er die Frau regelmäßig vor ihrer Wohnung ab, beobachtete sie und brachte sie so weit, dass sie nur mehr mit einer Trillerpfeife und einem Pfefferspray außer Haus ging, weil sie sich vor ihm fürchtete. Ihre Wohnungstür sicherte sie mit drei Schlössern.

Fast perfekter Mord
Für den 14. April 2010 war die erste Verhandlung um die Alimentationszahlungen für den sieben Monate alten Felix angesetzt. Eine Woche vorher kam es jedoch zu dem, was Staatsanwältin Sabine Rudas-Tschinkel als minuziös geplanten, fast perfekten Mord skizzierte und der Angeklagte als Versuch darstellte, in die Wohnung seiner Ex-Freundin einzubrechen, um in den Besitz eines Laptops zu gelangen.

Auf dem Laptop soll Bettina G. Preisabsprachen und Schwarzgeldzahlungen des mit Computern nicht sehr sattelfesten Prokuristen abgespeichert haben. Damit habe sie ihn unter Druck gesetzt und angekündigt, sie werde ihn "fertig machen", wenn er nicht "zur Vernunft komme" und mit ihr zusammenziehe, behauptete der Angeklagte. Er habe "Angst um meinen Beruf gehabt" und daher sicherheitshalber den Laptop stehlen wollen.

Einbruch gescheitert
Der geplante Einbruch sei jedoch gescheitert, weil Bettina G. vorzeitig nach Hause kam. Er habe sie daraufhin um ein Gespräch gebeten, worauf sie ihn in die Wohnung ließ. Dort habe sie sich jedoch über ihn lustig gemacht, seine Ehefrau als "hysterischen Trampel" bezeichnet, ihn "Versager" genannt, den sie "fertig machen" werde. Da habe er "wie in einem Reflex das Eisenröhrl rausg'holt", das er in einem Loch auf der Innenseite seines Parkas mitgebracht hatte, sagte Gerhard P.: "Ich bin kein Versager, bitte!"

Nach dem ersten Schlag habe die 38-Jährige plötzlich ein Stanleymesser in der Hand gehabt und damit "herumgefuchtelt". Sie habe einen Schnitt gegen die Baby-Tragetasche angedeutete, in der der kleine Felix saß: "Ich habe das Gefühl gehabt, dass sie beim Buben was macht. Ich hab' fest gedacht, dass sie den Buben schneidet. Da hab' ich ihr auf den Kopf g'haut. Ich hab' nie einen Mord geplant. Ich wollte das nicht."

Die Staatsanwältin zeigte sich demgegenüber überzeugt, dass der 43-Jährige ursprünglich auch seinen eigenen Sohn töten wollte, "das aber dann nicht zusammengebracht hat". Als die Leiche der 38-jährigen Bettina G. entdeckt wurde, saß der knapp sieben Monate alte Felix wenige Meter daneben in einer Baby-Tragetasche und wies drei Schnittverletzungen am Hals auf. Der Angeklagte bestritt wortreich, dafür verantwortlich zu sein. Er habe dem Kind "nichts gemacht".

Nicht vom Tisch wischen konnte er allerdings, dass er einer seiner Schwestern aufgetragen hatte, mit seinem mit einem GPRS-Sender ausgestatten Firmenfahrzeug mehrere Baustellen in Niederösterreich abzufahren und Dachstühle zu fotografieren. Sie musste auch Einkäufe erledigen, unter anderem eine Wurstsemmel kaufen und die Rechnung ins Auto legen. Die entsprechenden Anweisungen hatte ihr Bruder ihr am Morgen des 7. April 2010 in einer Plastikfolie übergeben, um später vorgeben zu können, an jenem Tag nicht in der Wohnung von Bettina G., sondern außerhalb der Bundeshauptstadt gewesen zu sein.

Er trug dieser Schwester weiters auf, im Verlauf des 7. April am Mobiltelefon von Bettina G. anzurufen, nachdem er ihr von einem anonymen Wertkartenhandy das entsprechende Signal dazu gegeben hatte. Das tat die Schwester wirklich, nachdem sie vom Bruder aus der Wohnung seiner Ex-Geliebten kontaktiert worden war. Mit diesem Anruf konnte die Polizei dem 43-Jährigen den Aufenthalt am Tatort nachweisen. Der Schwester glaubte die Anklagebehörde, dass sie keine Ahnung von den mörderischen Absichten des Mannes hatte, sodass sie nicht wegen Beitragstäterschaft zum Mord mitangeklagt wurde, sondern ein eigenes Verfahren wegen Begünstigung erhält.

Dem Mann war am Tatort ein gravierender Fehler unterlaufen: Er vergaß einen Einweghandschuh, den er sich übergestülpt hatte, bevor er zuschlug. Darauf konnten seine DNA-Spuren sowie das Blut der ums Leben Gekommenen nachgewiesen werden.
 

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