ÖSTERREICH im Lager

Arigonas Geschwister wollten zu Fuß zur Mutter

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15 Monate Trennung von der Mutter war für die vier Geschwister von Arigona genug: Sie flüchteten zu Fuß aus dem Kosovo und sitzen jetzt in einem Lager in Ungarn fest.

Das Flüchtlingslager von Bekescsaba hat man sich als noch trost­losere Ausgabe von Traiskirchen vorzustellen. Wachposten patrouillieren hier mit Schlagstöcken. ÖSTERREICH-Reporter Andreas Lexer und Photographin Lisi Niesner gelingt es dennoch, in den ­abweisenden Bau vorzudringen. Alban Zogaj (19), der ­Älteste, empfängt uns mit seinen Geschwistern Alfred (17), Albin (9) und Albona (7). Das Zimmer müssen sie mit ­einem fünften Albaner teilen, den sie auf ihrer irrwitzigen Flucht durch die Wälder kennengelernt haben. Der Flucht, die sie in der Nacht auf vergangenen Sonntag an diesen ungast­lichen Ort geführt hat.

Sechs Stunden Fußmarsch
"Es geht uns ganz gut, wir haben es warm und was zu essen“, sagt Alban. Und dann erzählt er von seiner abenteuerlichen Flucht. Alban Zogaj: "Im Kosovo konnten wir nicht mehr bleiben, mussten das Haus verlassen, weil das Geld für die Miete ausgegangen ist.“ Die österreichischen Betreuer der Zogajs sprechen davon, dass Schlepper im Spiel gewesen wären. Dem widerspricht Alban Zogaj: Im Bus wären die vier Geschwister am Donnerstag zur serbisch-ungarischen Grenze aufgebrochen. Dort ging’s zu Fuß über die grüne Grenze und dann sechs Stunden lang im eiskalten Regen durch die Wälder.

ÖSTERREICH sprach im Asylantenheim in Ungarn mit Alban Zogaj, dem Ältesten der Geschwister. Er beschreibt die Zustände dort.

ÖSTERREICH: Wie geht es euch? Seid ihr ausreichend versorgt?
Alban Zogaj: Es geht uns eigentlich ganz gut. Wir sind seit dem Wochenende hier. Die Polizei hat uns in einem Lokal am Waldrand aufgegriffen. Im Lager fühlen wir uns halb wie im Gefängnis, halb wie im Heim. Aber wir haben genug zu essen und warme Kleidung. Albin und Albona geht es auch gut. Aber sie sind so wie ich sehr traurig, dass sie die Tage hier verbringen müssen, statt in Österreich bei ihrer Mutter sein zu können.

Habt ihr schon mit Arigona und eurer Mutter telefonieren können?
Ja. Wir möchten die beiden unbedingt wiedersehen und hoffen so sehr, dass wir wieder nach Österreich kommen und unsere Familie wieder beisammen ist. Wir vermissen ­unsere Mutter und unsere Schwester sehr.

Als die Kleinen völlig entkräftet und durchnässt waren, stießen sie auf ein Lokal am Waldrand – eine Art Disco. Wie sie später erfuhren, waren sie in der Nähe der südungarischen Stadt Szeged. In der Disco verlangte Alban ein Taxi, doch der Lokalbesitzer holte die Polizei, die sie schließlich nach Bekescsaba brachte, das große Flüchtlingslager an der rumänischen Grenze.

Flucht angekündigt Betreuer und Verwandte hatten in den Wochen zuvor versucht, ihnen die „Flucht“ zurück nach Österreich auszureden, die von den Zogaj-Kindern angekündigt worden war. Die Verzweiflung der vier im Kosovo war kurz vor Weihnachten einfach zu groß. In Österreich hatten sie vor ihrer Abschiebung im September 2007 fünf Jahre im oberösterreichischen Frankenburg gelebt. Seitdem waren sie von ihrer Mutter und ihrer Schwester Arigona getrennt. Anträge auf Schülervisa für Albin (9) und Albona (7) wurden bisher ab­gelehnt.

Asylantrag
Ob die Kinder bald ihre Mutter in die Arme schließen können, ist ungewiss. Zumindest konnte mittlerweile der Telefonkontakt wiederhergestellt und ihnen ein Anwalt zur Seite gestellt werden. Ein Asylantrag wurde gestellt, Ungarn entscheidet in den kommenden 14 Tagen über die Abschiebung.

Indes werden auch in der Politik Stimmen laut, das Drama um die Familie endlich zu beenden. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) appellierte gestern an Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), gerade zu Weihnachten ein Herz zu zeigen und zumindest den Kleinen endlich die Schülervisa zu erteilen.

(c) Foto: Lisi Niesner

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