Sie gaben Bedürftigkeit vor und legten falsche Mietverträge vor.
Auf Wiener Pfarrämter war eine Betrüger-Bande spezialisiert, die mit der Behauptung, in einer finanziellen Notlage zu sein, Kapital schlug. Zwischen April 2010 und Juli 2014 wurden die Schwindler in zahlreichen Pfarreien, aber auch bei der Caritas und der Volkshilfe vorstellig und appellierten an die Nächstenliebe - oft mit Erfolg, wie sich am Mittwoch im Straflandesgericht zeigte.
Masche
Kopf der Bande war ein 58-jähriger gebürtiger Ungar, der bei der Rolle, die er mimte, offenbar ein besonderes Geschick an den Tag legte. Seine Masche ging so: Er marschierte in Kirchen oder in Pfarrämter und legte einen Mietvertrag über eine Wohnung vor, die - ganz bewusst gewählt - im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Pfarre lag. Dann erklärte er, dass er die Kaution schon bezahlt hätte, der Mietvertrag aber erst zustande komme, wenn er die erste Monatsmiete bezahle. Dafür fehle es ihm derzeit an Geld, da er unverschuldet in Not geraten sei. Ob man ihm nicht aus der Patsche helfen könne?
Oftmals nahm er eine 44-jährige Frau mit, die er im Zug Wien-Budapest kennengelernt hatte und als seine Ehefrau vorstellte. In Wahrheit hatte er ihr laut Anklage erklärt, wie gut seine "Mitleidsmasche" funktioniert, und die Frau, die als Zimmermädchen kaum etwas verdiente, damit zum Mitmachen überredet. Da die Pfarren in aller Regel kein Bargeld an Bedürftige vergeben, sondern bei besonders drastischen Fällen aus karitativen Motiven Überweisungen vornehmen, richtete der 58-Jährige ein eigenes Konto ein, das seine Freundin verwaltete.
Ansehnliche Summen
Im Lauf der Zeit kamen dort ansehnliche Summen von mehreren 1.000 Euro jährlich zusammen. "Er hat glaubwürdig seine Situation geschildert. Da habe ich mich dazu hinreißen lassen, ihn zu unterstützen", schilderte einer von Dutzenden Pfarr-Mitarbeitern, die auf den Schwindel hineinfielen, nun einem Schöffensenat (Vorsitz: Martina Krainz). Überall dort, wo er erfolgreich war, erschien der Mann nach einigen Monaten neuerlich und bettelte wieder um Hilfe. Bis zu drei Mal wurden darauf hin erneut jeweils mehrere 100 Euro überwiesen. Weil es wie am Schnürchen lief, stellte er am Ende sogar eine 33-jährige Landsfrau ein, die mit derselben Methode unterwegs war und ihm bei jedem gelungenem Coup 100 Euro abliefern musste. Sie saß nun als dritte im Bunde auf der Anklagebank.
Alarmglocken
Schließlich bekam die Wiener Landespolizeidirektion von der Sache Wind, die doch einigen Pfarreien spanisch vorkam. Eine Pfarre in Liesing hielt zum Beispiel an der Adresse Nachschau, wo die angeblich angemietete Wohnung liegen sollte. Dort stieß man auf eine Gstettn. "Da haben bei mir die Alarmglocken geschrillt, dass die Geschichte hinten und vorn nicht stimmen kann", erklärte der betreffende Zeuge dem Gericht. Die Polizei konnte nach langwierigen Erhebungen die Verdächtigen ausforschen und dingfest machen. Die Verhandlung wurde zu ergänzenden Zeugenbefragungen auf Mitte Mai vertagt.