Equal Pay Day
Branchenunterschiede bei Lohnschere enorm
10.03.2016
Bisher gab es knapp zwei Millionen Zugriffe auf den Gehaltsrechner.
Am heutigen Donnerstag begeht das Frauennetzwerk Business and Professional Women (BPW) den Equal Pay Day, um auf den Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern aufmerksam zu machen. Österreich hat in der EU mit knapp 23 Prozent einen der höchsten. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Gender Pay Gap je nach Branche extrem unterschiedlich ist, hieß es bei einer Pressekonferenz.
Der Equal Pay Day markiert jenes Datum, bis zu dem Frauen theoretisch arbeiten müssen, um auf das gleiche Jahresgehalt wie ihre männlichen Kollegen im Vorjahr zu kommen. Die L&R Sozialforschung hat im Rahmen eines EU-Projektes Ursachen und Lösungen für den Gender Pay Gap analysiert und laut Nadja Bergmann festgestellt: "Es gibt enorme Unterschiede."
Höchste Unterschiede im Finanzwesen
Zwei Sektoren wurden näher beleuchtet: Während die Einkommensunterschiede im Finanz- und Versicherungssektor mit über 30 Prozent zu den höchsten zählen, sind jene im Gesundheitssektor im Vergleich dazu mit zwölf Prozent "relativ moderat", so Bergmann. Im Finanzwesen gibt es insgesamt enorme Differenzen zwischen den einzelnen Berufen. So sind Frauen häufig in der Privatkundenberatung oder im Sekretariat tätig, Männer hingegen im Investmentbanking. Ein Grund für die großen Unterschiede ist auch der hohe Anteil an "leistungsorientierter" Bezahlung und Boni.
Der Gesundheitsbereich wiederum sei durch eine generelle Unterbewertung der Care-Tätigkeiten geprägt, so Bergmann. Ergänzend zu den allgemeinen Strategien wie den verpflichtenden Einkommensbericht fordert sie daher branchenspezifische Ansätze und vor allem eine Aufwertung der Care-Tätigkeiten.
48 Prozent weniger Alterspension
Frauen bekommen aber nicht nur weniger Lohn, sondern auch um 48 Prozent weniger Alterspension als Männer, gab Hannah Steiner vom Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen zu bedenken. Das Netzwerk ist Teil eines internationalen Projekts zur Auswirkung des Gender Pay Gaps auf die Alterssicherung. Steiner erklärte die Zusammenhänge: Ein Jahr, in dem eine Frau in Teilzeit arbeitet, verringere ihre Alterspension um ein Prozent. Ein Jahr, in dem sie das Erwerbsleben komplett unterbricht, senke die Alterspension um zwei Prozent.
Steiner erklärte auch, dass sich die 2004 beschlossene Reform zur Berechnung der Pensionshöhe, die sich auf die gesamte Lebenserwerbszeit bezieht - davor waren es die 15 Jahre mit dem höchsten Einkommen - Frauen benachteiligt. Mit einer Kampagne macht das Netzwerk aktuell in Wien auf Einkommens- und Pensionsunterschiede aufmerksam.
Mehr Einkommenstransparenz
Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sprach sich bei der Pressekonferenz für mehr Einkommenstransparenz und Verschärfungen bei den Einkommensberichten aus. Diese sollten etwa detaillierter und einheitlicher werden. Einmal jährlich soll im Betrieb auch verpflichtend über die Ergebnisse gesprochen werden, forderte die Ministerin. Demnächst will sie mit den Sozialpartnern wieder über ihre Vorschläge diskutieren. Außerdem verwies sie auf den erneut aktualisierten Gehaltsrechner. "Bisher haben knapp zwei Millionen Userinnen nachgerechnet, ob ihre Gehälter fair sind", so Heinisch-Hosek. Lohngerechtigkeit werde ein Schwerpunkt in diesem Jahr, betonte die Ministerin.
In Österreich werden seit Jahren zwei Tage der Lohngerechtigkeit begangen, was auf die Berechnungsmethode zurückzuführen ist. Neben dem Frühjahrstermin gibt es auch einen Tag im Herbst - in diesem Fall wird vom Jahresende "zurückgerechnet".