Auf die Polizei-Soko-Natascha wartet ein Berg Arbeit. Denn in Österreichs größtem Entführungsfall gibt es Spuren, denen bisher niemand nachging.
Seit die Kommission unter der Leitung von Ludwig Adamovich der Staatsanwaltschaft in einem Zwischenbericht zum Fall Kampusch weitere Ermittlungen nahelegt, weil Kidnapper Wolfgang Priklopil vermutlich mehrere Mitwisser hatte, brodelt die Gerüchteküche. Und der öffentliche Druck, Österreichs größten Entführungsfall endlich ohne Restzweifel aufzuklären, spielt der Polizei-Soko Natascha in die Hände. Denn die Elite-Cops warten nur auf grünes Licht von oben, um „eine Reihe von Merkwürdigkeiten aufzuarbeiten“, wie ein Insider im vertraulichen Gespräch mit ÖSTERREICH anmerkt.
Nackt und gefesselt
Zu den Seltsamkeiten zählt die Geschichte von
zwei Mini-DVDs. Die Datenträger wurden von der Polizei im Haus Priklopils in
Strasshof sichergestellt, nachdem sich dieser wegen der gelungenen Flucht
seines Opfers vor einen Zug geworfen hatte.
Auf den Speichermedien fanden sich „Hunderte Fotos einer jungen Frau, die aussieht wie Natascha Kampusch“, heißt es im entsprechenden Protokoll, in das ÖSTERREICH Einsicht bekommen konnte. Das abgebildete Mädchen ist fast immer nackt, auf vielen Bildern zudem mit Handschellen oder Ketten gefesselt.
Versiegelt
Für die beiden DVDs gab es nie einen
Ermittlungsauftrag. Sie verschwanden im versiegelten Gerichtsakt. Offen
daher bis heute Fragen wie: Hat Priklopil Kinderpornos gesammelt oder war er
sogar Teil eines Pornoringes?
Pervers
Nataschas Peiniger war psychisch krank und sexuell
pervers. Aktenkundig ist jedenfalls, dass er einer Prostituierten gegen
deren Willen eine Praxis „angedeihen“ ließ, worauf diese kollabierte. Diese
Tat spielte sich in einer Wohnung ab, die Priklopil restauriert und dann
weiterverkauft hat. Es gab mehrere solche Objekte. Die Polizei bekam – zu
deren großem Frust – nie den Ermittlungsauftrag, sich für das Geschehen dort
genauer zu interessieren.
Zeugen
Auch den Verdacht, dass Wolfgang Priklopil Mitwisser
hatte, gibt es nicht nur dank der Adamovich-Kommission. Allein bei Nataschas
Vater, Ludwig Koch, meldeten sich mehrere Informanten, die ihm Erstaunliches
anvertrauten: So will eine Zeugin beobachtet haben, dass Natascha mehrfach
bei einem Priklopil-Freund ganz offen als Schankkraft ausgeholfen hat.
Einem anderen Kumpel soll der Entführer gar die Hochzeit mit Natascha angekündigt haben. Als Papa Koch ihn zur Rede stellen wollte, wurde er wegen Nötigung angezeigt: „Ich bin der Einzige, der vor Gericht steht. Verrückt – oder?“
Adamovic: "Fordere Offenlegung" Ludwig Adamovich: Natürlich. Es ist ein Blödsinn, dass der Bericht nicht bekannt ist, vieles wäre klarer. Ich fordere die Offenlegung. ÖSTERREICH: Was hat es mit dem Kreis der ominösen fünf Personen auf sich? Adamovich: Es gibt mehrere Personen, die im Zusammenhang mit der Causa Kampusch immer wieder vorgekommen sind und offenbar in einem Kontakt untereinander stehen – jetzt und auch zurzeit der Entführung. ÖSTERREICH: Ist im Bericht der Polizei-Soko wörtlich von Mitwissern die Rede? Adamovich: Nein, aber es ist eine Spekulation, die man anstellen kann. Wesentlich ist, dass unsere Kommission eine begleitende Rolle für die Polizei-Soko spielt. Das wird oft verwechselt. ÖSTERREICH: Wie soll es jetzt weitergehen? Adamovich: Die Staatsanwaltschaft wäre gefragt, sich damit zu beschäftigen, was ihr die Polizei-Soko des Bundeskriminalamts vorgelegt hat. |